Berlin Ob Themen politisch Gewicht gewinnen, lässt sich an der Tagesordnung des Deutschen Bundestags ablesen. An diesem Donnerstag werden die Abgeordneten zunächst die Fachkräftestrategie der Regierung beraten. Direkt danach diskutieren sie 70 Minuten lang über den Hafenstandort.
Auslöser ist ein Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. „Die deutschen Häfen fallen im internationalen Wettbewerb zurück“, sagte der CDU-Verkehrspolitiker Christoph Ploß dem Handelsblatt. Der Hamburger erwartet von der Regierung, „dass sie die Probleme wie den zunehmenden Schlick, den dringend notwendigen Ausbau der Hinterlandverbindungen oder die Funktionsfähigkeit des Nord-Ostsee-Kanals endlich angeht“.
Die Regierung soll aus Sicht der Opposition Tempo machen. Angesichts der geostrategischen Entwicklungen wachse die Bedeutung der Häfen als Energiedrehscheibe. Dies müsse der Bund fördern. Entsprechend verlangt die Unionsfraktion, mehr in den Ausbau der Hafeninfrastruktur zu investieren und die Planungs- und Genehmigungsverfahren wie bei den Flüssiggasterminals (LNG) angesichts der überragenden Bedeutung zu verkürzen.
Seehäfen könnten Energiedrehkreuze werden
Die Häfen hätten „das Potenzial, zu Europas führenden Energie- und Rohstoffdrehkreuzen zu werden“, sagte Verkehrspolitiker Ploß, der selbst aus Hamburg stammt. „Diese Chance muss die Ampelkoalition ergreifen und dafür sorgen, dass die benötigte Infrastruktur so schnell wie möglich gebaut werden kann.“ Es solle sichergestellt werden, dass LNG, aber auch Wasserstoff importiert werden kann.
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Die Ampelkoalition hat sich zum Ziel gesetzt, eine neue Hafenstrategie zu entwickeln und „den Schifffahrtsanteil im Güterverkehr“ zu steigern. Auch will die Koalition eigentlich die Infrastruktur ertüchtigen und etwa Schleusen ausbauen und sanieren. Allerdings fehlt dazu derzeit das Geld. Ursprünglich wollte die Regierung die Strategie im Sommer 2024 fertigstellen. Angesichts der globalen Entwicklungen sieht sie inzwischen aber auch Eile geboten, um die „Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz deutscher See- und Binnenhäfen und der Hafenbetriebe“ zu stärken, wie die Bundesregierung im Sommer in einem Bericht an den Verkehrsausschuss als Ziel mitgeteilt hat. Nötig seien „neue strategische Überlegungen und Lösungsansätze“.
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Dazu gehört auch die Rolle der Häfen für die Energieversorgung. Die Häfen hätten „ein riesiges Potenzial, neue saubere Energiezentren für integrierte Elektrizitätssysteme, Wasserstoff- und andere CO2-arme Kraftstoffe sowie Erprobungsstätten für die Wiederverwendung von Abfällen und die Kreislaufwirtschaft zu werden“, heißt es in dem Regierungsbericht zur geplanten nationalen Hafenstrategie, der dem Handelsblatt vorliegt. Eine von fünf Leitlinien soll daher lauten, die Häfen „zu nachhaltigen Knotenpunkten der Energiewende zu entwickeln“.
Zuletzt hatte die Regierung 2016 eine Hafenstrategie mit 155 Maßnahmen beschlossen, mit der sie die Infrastruktur ausbauen und die Wettbewerbsfähigkeit der Häfen verbessern wollte. Für eine Exportnation wie Deutschland sind die Seehäfen das „Tor zur Welt“, wie es immer wieder heißt.
Für die neue Strategie trafen sich im November erstmals fünf Arbeitsgruppen mit Experten der Branche und den Beamten des Verkehrsministeriums, um „Leitlinien“ zu diskutieren. Laut Plan sollen die Ergebnisse nun doch schon im Sommer vorliegen und Mitte September auf der nächsten maritimen Konferenz präsentiert werden. Teil der Strategie soll auch sein, geplante Infrastrukturprojekte zu überprüfen und wo möglich schneller umzusetzen.
Entsprechende Forderungen erhebt auch der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe. „Wenn die deutsche Industrie auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben soll, müssen wir schleunigst damit anfangen, gerade in den Häfen die nötigen Voraussetzungen zu schaffen“, sagte Hauptgeschäftsführer Daniel Hosseus. Dies sei „elementarer Bestandteil einer strategischen Energiepolitik und darf nicht länger aufgeschoben werden“. Angesichts der nationalen Bedeutung soll sich der Bund finanziell beteiligen, auch wenn die Länder für die Häfen zuständig sind.
Union: Kritische Infrastruktur braucht Schutz vor ausländischen Investoren
Über dies hinaus fordert die Unionsfraktion die Regierung mit ihrem Antrag dazu auf, kritische Hafeninfrastruktur vor dem Zugriff ausländischer Investoren zu schützen. Dazu soll sie das Außenwirtschaftsrecht anpassen und in Europa entsprechende Beschlüsse herbeiführen. Das sieht der Arbeitsplan für die nationale Hafenstrategie bislang nicht vor.
Erst im vergangenen Jahr hatte es heftige Debatten gegeben, als der staatliche chinesische Reeder Cosco Anteile an einem Terminal im Hamburger Hafen erwerben wollte. „China darf die europäischen Häfen nicht gegeneinander ausspielen“, warnte Ploß angesichts der regen Investitionstätigkeit des Staatsunternehmens in Europa.
Laut Bundesverkehrsministerium beschäftigen die Hafenwirtschaft und die davon abhängige Industrie direkt und indirekt 5,6 Millionen Menschen. Die Unternehmen der Hafenwirtschaft seien als Logistikdienstleister und Wachstumsmotoren „für die gesamte Volkswirtschaft von herausragender Bedeutung“.
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