Bangkok Internationale Konzerne wie Apple sehen Vietnam als eine der vielversprechendsten Alternativen zur Produktion in China. Doch die ausländischen Investoren werden in dem südostasiatischen Land, dessen Wirtschaft im vergangenen Jahr um acht Prozent zulegte, mit einer immer größer werdenden politischen Krise konfrontiert.
Am Dienstag erreichten die Turbulenzen die Staatsspitze: Präsident Nguyen Xuan Phuc erklärte den Rücktritt von allen Ämtern – er scheidet damit auch aus dem Politbüro aus, das in dem kommunistisch regierten Land zentrale Entscheidungen trifft.
Das Karriereende des 68-Jährigen, der als Staatsoberhaupt weniger als zwei Jahre im Amt war, ist Folge eines Machtkampfs in der Kommunistischen Partei (KP), den Phuc nun offensichtlich verloren hat.
Sein Gegenspieler, KP-Generalsekretär Nguyen Phu Trong, gilt als der mächtigste Mann des Landes und geht derzeit rigoros gegen in Ungnade gefallene Parteifreunde vor. Vor wenigen Wochen verloren bereits zwei stellvertretende Ministerpräsidenten ihre Posten.
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Hintergrund der Umwälzungen in dem Einparteienstaat ist eine von Trong angestoßene umfassende Antikorruptionskampagne, die in den vergangenen Jahren nicht nur ranghohe Politiker und Beamte, sondern auch eine Reihe von Managern vor Gericht brachte. Ein für die Verfolgung zuständiges Komitee berichtete von mehreren Hundert Fällen in den Jahren 2022 und 2021.
Skandal um Covid-19-Tests
Skandale im Rahmen von Vietnams Reaktion auf die Coronapandemie brachten zuletzt die Korruptionsbekämpfung mitten in die Regierungszentrale in Hanoi. Es geht dabei um Vorwürfe rund um mutmaßliche Mauscheleien bei der Beschaffung von Covid-19-Tests und Bestechung bei der Vergabe von Plätzen in Rückführungsflügen zu Beginn der Pandemie.
Der nun zurückgetretene Präsident Phuc übernimmt laut Staatsmedien die politische Verantwortung für das Fehlverhalten von Untergebenen. Er war bis April 2021 Vietnams Premierminister – und damit für die Regierungsgeschäfte im ersten Coronajahr verantwortlich.
Ausländische Beobachter sehen die Korruptionsbekämpfung als durchaus ernst gemeint: Ähnlich wie in China fürchtet auch die KP in Vietnam, aufgrund der grassierenden Korruption die Legitimität in der Bevölkerung zu verlieren.
Doch gleichzeitig wirkt sich die Kampagne auch auf die parteiinternen Kräfteverhältnisse aus: Der Rücktritt von Präsident Phuc sei beispiellos und ermögliche Parteichef Trong, seine politische Macht weiter auszubauen, kommentierte der Politologe Arnaud Leveau. Trong hatte sich im vergangenen Jahr entgegen den Gepflogenheiten eine dritte Amtszeit gesichert. Er gilt als prochinesisch, während Phuc sich als Regierungschef vor allem um engere Beziehungen zu den USA bemühte.
Offen ist, ob sich der Machtkampf auch auf die Reputation bei ausländischen Unternehmen auswirkt, die Vietnam in den vergangenen Jahren immer stärker in ihre Lieferketten integriert haben. Die umfangreichen personellen Veränderungen an der Parteispitze könnten Sorgen über die politische Stabilität und damit auch über Vietnams wirtschaftliche Entwicklung auslösen, kommentierte Le Hong Hiep, der am Institute of Southeast Asian Studies in Singapur forscht.
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Aus seiner Sicht ist aber nicht zu erwarten, dass die Tumulte Vietnams Erfolgsgeschichte – das Land war zuletzt eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften Asiens – ausbremsen werden. „Trong hat weiterhin klar das Sagen.“ Anzeichen dafür, dass Vietnams politisches System ins Wanken gerate, gebe es derzeit nicht.
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