Jan 17, 2023
246 Views
Comments Off on Weltwirtschaftsforum in Davos: EU-Kommissionschefin von der Leyen kündigt grünen Industrieplan an
0 0

Weltwirtschaftsforum in Davos: EU-Kommissionschefin von der Leyen kündigt grünen Industrieplan an

Written by Moritz Koch


Ursula von der Leyen

Die EU-Kommissionspräsidentin schlägt in Davos eine Antwort auf die milliardenschweren Subventionsprogramme Chinas und der USA vor.

Davos EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat sich für umfangreiche industriepolitische Eingriffe ausgesprochen. Damit solle Europa im globalen Rennen um klimafreundliche Technologien gestärkt werden, sagte sie beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Mit der richtigen Unterstützung für Unternehmen werde „die Geschichte der Wirtschaft der sauberen Technologien in Europa geschrieben“, bemerkte von der Leyen.

Konkret sprach sie sich für einen „Green-Deal-Industrieplan“ aus, der die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft verbessern soll. Die Initiative ist eine Reaktion auf die gewaltigen Subventionsprogramme, mit denen China und die USA grüne Wirtschaftszweige fördern. 

Lob dafür kam prompt aus dem Bundeswirtschaftsministerium. „Ich begrüße den Plan ausdrücklich. Das war ein sehr wichtiges Signal heute in Davos“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dem Handelsblatt.

Von der Leyens Idee besteht aus vier Teilen. Die Kommission will erstens den Bau neuer Windparks oder Batteriefabriken beschleunigen. „Wir müssen ein Regelungsumfeld schaffen, das es uns ermöglicht, rasch zu expandieren und günstige Bedingungen für entscheidende Branchen zu schaffen“, sagte von der Leyen.

Top-Jobs des Tages

Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.

Die Kommission werde dafür ein neues „Netto-Null-Industrie-Gesetz“ vorschlagen – nach dem Vorbild des EU-Chip-Acts, der die Halbleiterproduktion in Europa ankurbeln soll.

Von der Leyen: Förderung für umweltfreundliche Technologien erleichtern

Das Gesetz solle zudem Hand in Hand mit dem „Raw Materials Act“ gehen, der Europas Zugriff auf kritische Rohstoffe verbessern soll. „Bei Seltenen Erden ist Europa heute zu 98 Prozent von einem Land – China – abhängig“, mahnte von der Leyen. Dies habe die Preise in die Höhe getrieben und bedrohe Europas Wettbewerbsfähigkeit. Veredelung, Verarbeitung und Recycling von Rohstoffen müssten in Europa verbessert werden.

Robert Habeck

Der deutsche Wirtschaftsminister unterstützte von der Leyens Vorstoß in Davos.


(Foto: AP)

Der zweite Teil des Industrieplans soll die Förderung umweltfreundlicher Technologien erleichtern. „Damit die europäische Industrie attraktiv bleibt, ist es notwendig, mit den Angeboten und Anreizen außerhalb der EU mitzuhalten“, sagte von der Leyen in Anspielung auf den „Inflation Reduction Act“ (IRA), das Förderprogramm der USA. Von der Leyen will daher „vorübergehende“ Anpassungen des Wettbewerbsrechts, um Beihilfen schneller und leichter möglich zu machen. 

Dabei sollen anders als bisher nicht nur bahnbrechende technologische Entwicklungen gefördert werden, sondern auch Technologien, die schon am Markt sind und für die Europa mehr Produktionsanlagen schaffen will.

Der dritte Teil ist die Qualifikation von Arbeitnehmern. „Die beste Technologie ist nur so gut wie die Fachkräfte, die sie einbauen und betreiben können“, sagte von der Leyen. Wachstum bei Zukunftstechnologien sei allein mit einem enormen Zuwachs an qualifizierten Arbeitskräften möglich.

EU-Industriepolitik könnte manche Mitgliedstaaten überfordern

Als vierter Teil sollen neue Handelsverträge die Grundlage für „starke und krisenbeständige Lieferketten“ bilden. Abkommen mit Mexiko, Chile, Neuseeland und Australien seien in Arbeit, Fortschritte mit Indien und Indonesien möglich. 

>> Lesen Sie auch: EU-Kommission will sich mit neuen Schulden gegen die USA stemmen

Auch das Mercosur-Abkommen mit den wichtigsten Volkswirtschaften Lateinamerikas müsse wieder Thema werden, forderte von der Leyen. „Internationaler Handel ist der Schlüssel, um die Kosten für unsere Industrie zu senken, um Arbeitsplätze zu schaffen und neue Produkte zu entwickeln.“ 

Der Industrieplan dürfte den EU-Binnenmarkt vor große Herausforderungen stellen. Längst nicht alle Mitgliedstaaten können sich eine milliardenschwere Industriepolitik leisten. Wenn Deutschland und Frankreich ihre Industrien großzügig fördern, während andere sparen müssen, könnten sich die wirtschaftlichen Gegensätze in der EU verstärken.

Die EU-Kommission will daher einen Souveränitätsfonds vorschlagen. Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton hat schon Ideen dafür gesammelt.

Thierry Breton

Der Franzose sammelt bereits Ideen dafür, wie der Industrieplan auf EU-Ebene finanziert werden könnte.



(Foto: Reuters)

Beispielsweise könnte die Europäische Investitionsbank Kredite bereitstellen, bisher nicht abgerufene Mittel aus dem Corona-Wiederaufbaufonds könnten umgewidmet werden. Auch für gemeinsame Schulden zeigt Breton Sympathien. Als mögliches Vorbild nannte er die Gemeinschaftsanleihen, die die EU in der Pandemie ausgegeben hatte, um angeschlagenen Mitgliedstaaten zu helfen.

Wichtig sei, dass Europa ein „sehr starkes politisches Zeichen“ im Wettbewerb mit China und den USA sende.

Wirtschaftsminister Habeck stimmt zu: „Der Plan ist notwendig für ein starkes und klimaneutrales Europa und gerade jetzt wichtiger denn je, um neben akuter Krisenhilfe den Blick konsequent nach vorn zu richten.“ Die Vorschläge passten zu dem, was die Bundesregierung erarbeitet habe. „Europa wird den Wettbewerb nicht verlieren“, sagte Habeck.

Wirtschaftsexperten mahnen derweil. Stefan Schaible, Chef des Beratungsunternehmens Roland Berger, sagte dem Handelsblatt: „Eine Antwort auf den IRA zu finden ist die Schicksalsfrage der europäischen Wirtschaft.“ Die Förderung durch Subventionen und Steuervergünstigungen sei das eine. Ebenso wichtig sei eine kluge, auf Innovationen ausgerichtete Industriepolitik. „Hier könnte sich Europa erheblich verbessern.“

Mehr: Frankreich will Europas Industriepolitik revolutionieren – doch die Bundesregierung ist skeptisch



<< Den vollständigen Artikel: Weltwirtschaftsforum in Davos: EU-Kommissionschefin von der Leyen kündigt grünen Industrieplan an >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.

Article Categories:
Politik

Comments are closed.