Medeiros markiert sie einen Kulturwandel in der Bank im Verhältnis zur Politik.
Salvador Begonnen hat Tarciana Medeiros ihre berufliche Karriere als Verkäuferin auf dem Wochenmarkt in ihrer Heimatstadt Campina Grande. Die liegt im kargen Inland des brasilianischen Nordostens Brasiliens. Von dort flüchten die Menschen seit Jahrhunderten wegen Armut und Dürre – so wie das der brasilianische Präsident Luíz Inácio Lula da Silva als Kind erlebte.
Jetzt hat er die 44-jährige Medeiros zur Präsidentin der Banco do Brasil gemacht, der mit Abstand größten Staatsbank Lateinamerikas. Lula erklärte bei Medeiros Ernennung, dass die Bank älter als 200 Jahre alt sei – und nie auch „nur im Entferntesten“ daran gedacht wurde, eine Frau zur Präsidentin zu machen. „Und wir werden beweisen, dass eine Frau besser sein kann als viele Männer, die die Bank geleitet haben.“
Immer wieder wurden Schlüsselpositionen der Banco do Brasil mit Männern besetzt, die dort wegen ihrer guten Beziehungen in die Politik landeten – aber nicht unbedingt viel vom Tagesgeschäft einer Großbank verstanden. Die Bank war seit ihrer Gründung noch in der brasilianischen Kolonie immer wieder in Korruptionsskandale verstrickt.
Bei Medeiros stehen die Chancen trotz ihrer politischen Ernennung gut, dass sie die Stelle kompetent ausfüllen kann: Denn sie hat sich in 22 Jahren in der Banco do Brasil von einer Provinzfiliale hochgearbeitet bis an die Spitze.
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Sie kennt das Kredit- und Kundengeschäft von der Pike auf. Zuletzt war sie im Bereich Versicherungen leitend tätig und konnte dort den Umsatz bedeutend steigern. Die ehemalige Lehrerin hat parallel zu ihrer Arbeit in der Bank Betriebswirtschaft studiert und ein Nachdiplomstudium in Marketing, Führung und Management gemacht.
Kulturwandel in der Bank im Verhältnis zur Politik
Sie sei den 85.000 Kolleginnen und Kollegen der Bank für die herzliche Aufnahme etwas schuldig, sagte sie jetzt. „Ich verpflichte mich den Aktionären, weiterhin relevante Ergebnisse zu liefern und zur Entwicklung des Landes beizutragen“, sagte sie. „Dieser Wandel Brasiliens wird zu weniger Ungleichheit und mehr Chancen für alle führen.“
Iin den sozialen Netzwerken wird Lula seit Wochen für die niedrige Frauenquote im Kabinett kritisiert.
Medeiros ist nicht nur aus dem Nordosten, sondern auch Afrobrasilianerin und unterstützt LGBT-Anliegen, setzt sich also offen für gleiche Rechte für Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transmenschen ein.
Damit markiert sie einen Kulturwandel in der Bank im Verhältnis zur Politik: Jair Bolsonaro, der rechtsautoritäre Präsident und Lula-Vorgänger, stoppte noch einen Werbespot der Staatsbank und feuerte den zuständigen Direktor. Die Bank hatte eine Werbung für ein diverses Publikum veröffentlicht.
Lula versucht, Wahlversprechen zu halten
Lula hat mit Rita Serrano eine weitere Frau als Präsidentin der ebenfalls staatlichen Sparkasse (Caixa Economica Federal, CEF) ernannt. Serrano ist nach 33 Jahren Karriere in der CEF an der Spitze angekommen. Die Bank ist wichtig für die Auszahlungen der Sozialhilfen und bei der Finanzierung von Sozialwohnungsbauten.
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Mit den Ernennungen ist es Lula gerade noch gelungen, weitere Enttäuschungen seiner Wählerinnen zu vermeiden: Denn im Wahlkampf hatte er immer wieder davon gesprochen, dass er sein Kabinett mit möglichst vielen Frauen besetzen wolle.
Lula hat die 44-jährige Medeiros zur Präsidentin der Banco do Brasil gemacht, der mit Abstand größten Staatsbank Lateinamerikas.
Doch dann wählte er nur elf Ministerinnen unter den 37 Ministern aus. Dazu gehören etwa die Regenwaldschützerin Marina Silva im Ministerium für Umwelt, die konservative Präsidentschaftskandidatin Simone Tebet im Ressort Planung und die Indigenen-Politikerin Sônia Guajajara im Ministerium für originäre Völker.
Doch in den sozialen Netzwerken wird Lula seit Wochen für die niedrige Frauenquote im Kabinett kritisiert. Mit der Ernennung von Medeiros und Serrano an die Spitze der entscheidenden Banken hat Lula nun nachgebessert. Es sind mit die begehrtesten Posten, die beim in Brasilien üblichen Geschacher in den Koalitionsgesprächen vergeben werden können.
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Dennoch kommen auf Lula weitere Forderungen nach mehr Genderparität zu. Anfang der Woche haben Diplomatinnen in Brasília ihren eigenen Interessenverband gegründet.
Zwar hat Lula mit Maria Laura da Rocha erstmals eine Generalsekretärin für das Ministerium ernannt. Doch das reicht den Diplomatinnen nicht, die schon viele Jahre für mehr Gleichheit protestieren.
Sie wollen nun in spätestens sechs Monaten ein Gesetz für eine Quote. Die Diplomatin und Verbandsvorsitzende Irene Vida Gala sagt: „Wir wollen mindestens so viele Führungsstellen haben, die dem Frauenanteil im Ministerium entsprechen – besser mehr.“
Mehr: Was die Gehaltslücke zwischen Frauen und Männern verstärkt
<< Den vollständigen Artikel: Tarciana Medeiros: Erstmals in 200 Jahren: Brasiliens größte Staatsbank bekommt eine Chefin >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.