Jan 19, 2023
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Frankreich: Gewerkschaftsführer Laurent Berger könnte Macrons Rentenreform verhindern

Written by Tanja Kuchenbecker


Laurent Berger

Der Gewerkschaftsführer will die Rentenreform unbedingt stoppen.



(Foto: Reuters)

Paris Die geplante Rentenreform ist das wohl schwierigste Projekt in der zweiten Amtszeit von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Gegen seine Pläne gibt es heftigen Widerstand.

Doch auf die Unterstützung einer Person hat Macron lange gehofft: Laurent Berger, Chef der gemäßigten Gewerkschaft CFDT. Der 54-jährige Berger gilt als ausgeglichen, er ist ein Mann der leisen Töne, mit einer sanften Stimme – kein krawalliger Gewerkschaftsführer, sondern kompromissbereit. Oft war Berger, dessen CFDT mit 600.000 Anhängerinnen und Anhängern der größte französische Gewerkschaftsbund ist, der Verbündete von Macron bei Reformen und hat zwischen Präsident und anderen Gewerkschaften vermittelt.

Doch diesmal stellt er sich gegen Macron. Vor der für den 6. Februar angesetzten Parlamentsdebatte über die Reform bildet Berger eine Front mit den anderen Arbeitnehmerverbänden. Kampfbereit sagte Berger: „Wir werden alles tun, um die Regierung zum Rückzug zu bewegen“.

Macrons Rentenreform hat aus Berger, dem Streitschlichter, Berger, den Rebellen, gemacht.

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Er nennt die geplante Erhöhung des Rentenalters eine „rote Linie“ und eine „brutale Maßnahme“. Wie die anderen Gewerkschaften ist auch Berger gegen eine Erhöhung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre und eine schnelle Verlängerung der Einzahlungszeit von 42 auf 43 Jahre.

Er spricht sich stattdessen dafür aus, die Rentenbeiträge der Arbeitgeber zu erhöhen und mehr ältere Menschen als Beitragszahler in ihren Jobs zu halten. Denn schon ab 55 Jahren nimmt die Zahl der Französinnen und Franzosen, die noch arbeiten, stark ab.

Berger warnte vor sozialen Unruhen, weil laut Umfragen rund 70 Prozent der Menschen in Frankreich die Reform ablehnen. Er fragte, ob die Regierung „Lust hat, das Land in Brand zu setzen und diese vor allem für einfachere Arbeiter zutiefst ungerechte Reform durchzuführen“.

Er schrieb einen offenen Brief an den Präsidenten

Dabei verbindet ihn laut der Wirtschaftszeitung „Les Echos“ mit Macron durchaus die „Ablehnung des Extremismus“. Beide träumen davon, das Land zu reformieren. Berger stehe für eine ökologische und soziale Demokratie, schreibt die Tageszeitung „Liberation“. Seine Gewerkschaft rief im April vergangenen Jahres auch zur Wiederwahl von Macron auf, um die rechtsextreme Marine Le Pen zu verhindern.

Danach aber appellierte er an Macron, ein Treffen mit den Sozialpartnern zu organisieren. Er schrieb sogar einen offenen Brief an den wiedergewählten Präsidenten, der in der Tageszeitung „Le Monde“ veröffentlicht wurde: „Monsieur Präsident, Sie können die Herausforderungen nicht allein stemmen.“, appellierte Berger an Macron.

>> Lesen Sie hier auch: Französische Gewerkschaften planen große Proteste und Streiks gegen Rentenreform

Zwar nahm er sich bislang eher ein Vorbild an deutschen Gewerkschaften, die mehr auf Dialog setzen und dabei stärker sind als die französischen Organisationen, die ihre Macht auf der Straße zur Schau stellen.

Doch im Fall der Rentenreform hat er sich sogar mit dem äußerst kämpferischen Philippe Martinez von der kommunistischen Gewerkschaft CGT abgesprochen. Man sei sich einig, dass es am Donnerstag zu einer massiven Mobilisierung kommen soll, so die Gewerkschaftsführer. Zum ersten Mal seit zwölf Jahren bilden die Arbeitnehmer-Vertreter nun eine gemeinsame Front gegen die Regierung.

Sein Vater war Werftarbeiter, er studierte Geschichte

Berger, Franzose aus Guérande an der Atlantikküste, kennt die Anliegen der Arbeiterinnen und Arbeiter aus langer Gewerkschaftserfahrung, aber auch persönlich bestens. Sein Vater arbeitete auf der Werft. Er selbst studierte Geschichte in Nantes bis zum Masterabschluss und arbeitete in einer Schule als Aufseher. Er engagierte sich schon früh in christlichen Arbeitnehmer-Vertretungen für junge Franzosen, war arbeitslos und jobbte als Vertretungslehrer für Geschichte.

Er stieg 1996 bei der CFDT ein und repräsentierte von 1996 bis 2003 die CFDT von Saint-Nazaire an der Atlantikküste, bevor er zur nationalen Organisation wechselte. Seit 2012 ist er Generalsekretär der Gewerkschaft, wurde 2014, 2018 und 2022 erneut gewählt. Seit Mai 2019 ist er auch Präsident des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB), der etwa 90 nationale Gewerkschaften vertritt.

>> Lesen Sie hier auch: Schluss mit Rente ab 62: Macron riskiert mit Reformplänen Aufstand der Franzosen

Bisher war es dem Schlichter Berger immer gelungen, Macron einige Versprechen abzuverlangen, doch diesmal gab der Präsident nicht nach, weil er die Reform nicht zu sehr abschwächen wollte und sein Ruf als Reformer auf dem Spiel steht.

Bei der Rentenreform im Jahr 2014 unter Ex-Präsident François Hollande, als die Einzahlungszeiten erhöht wurden, ließ Berger sich überzeugen. Auch bei dem ersten Anlauf einer Rentenreform von Macron im Jahr 2019, bei der es nicht um eine Erhöhung des Alters, sondern ein Punktesystem ging, hatte Berger verhandelt und nicht dagegen protestiert. Schon seit Langem plädiert seine Gewerkschaft für ein Punktesystem, das als gerechter empfunden wird als die rund 40 derzeitigen Rentensysteme.

Nun muss Macron allein die Herausforderung einer Rentenreform stemmen – ohne Unterstützung der Sozialpartner, wie von Berger erhofft.

Mehr: Die Franzosen haben einen neuen Lebensstil – und ganze Wirtschaftszweige leiden darunter



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Politik

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