Die Erzeugerpreise in Deutschland fielen im Dezember im Vergleich zum Vormonat – vor allem, weil Energie günstiger wurde.
(Foto: Imago, dpa (2))
Berlin Die deutschen Produzenten verlangen immer weniger Geld für ihre Waren. Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte sind den dritten Monat infolge zurückgegangen. Im Dezember sind sie um 0,4 Prozent im Vergleich zum Vormonat gesunken, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte.
In Relation zum Vorjahresmonat sind die Produzentenpreise im Dezember zwar um 21,6 Prozent gestiegen. Doch der Vergleich mit dem Niveau von vor dem russischen Angriff auf die Ukraine ist inzwischen weniger aussagekräftig, weil es seit Kriegsausbruch enorme Preisverschiebungen gegeben hat.
Schon im Oktober und im November zeigten sich merkliche Rückgänge. Zuvor waren die Erzeugerpreise lange Zeit gestiegen, seit Mai 2020.
„Jetzt ist das ein weiterer spektakulärer Rückgang“, sagt der Düsseldorfer Ökonom Jens Südekum. „Für die Entwicklung der Inflation ist das ein sehr gutes Zeichen.“
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Die Produzentenpreise sind der wohl wichtigste Vorläufer für die Inflation. In der Statistik werden die Preise für Rohstoffe und Industrieerzeugnisse ab Fabriktor geführt – noch bevor die Produkte weiterverarbeitet werden oder in den Handel kommen.
Die Entwicklung der Erzeugerpreise legt nahe, dass die jüngste Entwicklung bei der Inflation weitergehen dürfte. Im Oktober hatte die Steigerung der Verbraucherpreise mit 10,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat ihren Höchstwert im wiedervereinigten Deutschland erreicht. Seitdem geht die Inflationsrate zurück, zuletzt im Dezember auf 8,6 Prozent.
Wichtigster Faktor sind erneut Energiepreise
Wichtigster Faktor für den Rückgang bei den Erzeugerpreisen war im Dezember erneut die langsame Entspannung an den Energiemärkten. Die Energiepreise sind laut den Zahlen des Statistischen Bundesamts im Dezember um ein Prozent im Vergleich zum Vormonat gesunken.
Der Gaspreis am Großhandelsplatz TTF ist seit Mitte Dezember um 70 Euro je Megawattstunde gefallen. Beim Strom lag das Monatsmittel je Megawattstunde an der Leipziger Strombörse im Juli 2022 bei fast 500 Euro, im Januar bislang bei nicht einmal 100.
Davon profitieren insbesondere große Industrieunternehmen, die sich direkt mit Gas und Strom eindecken. So kommt es zu einer doppelten Erleichterung: Die Wirtschaft steht weniger unter Druck, und manche Unternehmen werden ihre Preise senken, wodurch auch die Endkunden profitieren.
Rechnet man Energie heraus, sind die Erzeugerpreise im Dezember im Vormonatsvergleich gleich geblieben. Besonders die Preise für Lebensmittel haben weiter angezogen, Zucker etwa kostete 11,6 Prozent mehr als im Monat zuvor.
Die im Sommer und Herbst stark gestiegenen Energiepreise werden zum Teil erst jetzt von den Produzenten weitergegeben. Am Getreidemarkt treibt besonders der vielfache Ausfall von Lieferungen aus der Ukraine die Preise. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) forderte zuletzt erneut Erleichterungen bei der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel.
Preisentspannung macht Hoffnungen für Konjunktur
Frühindikatoren, allen voran die Erzeugerpreise, lassen auch die Bundesregierung auf eine weitere Entspannung bei der Inflation hoffen. In ihrer neuesten Konjunkturprognose wird sie voraussichtlich ihre Inflationsprognose für 2023 auf sechs Prozent zurücknehmen. In der Herbstprojektion war sie noch von sieben Prozent ausgegangen. Für 2024 wird demnach nun ein Rückgang der Inflation auf 2,8 Prozent erwartet.
Die Entspannung bei den Preisen könnte zu einer insgesamt besseren konjunkturellen Entwicklung führen. So geht die Bundesregierung für das laufende Jahr nicht mehr von einer Rezession in Deutschland aus.
>> Lesen Sie hier: „Wir befinden uns am Wendepunkt der Weltwirtschaft“ – Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff im Interview
In der neuen Konjunkturprognose, die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nächsten Mittwoch mit dem Jahreswirtschaftsbericht vorstellt, hat die Regierung nicht nur ihre Inflationsprognose angepasst.
Sie gehe für 2023 auch von einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,2 Prozent aus. Das erfuhr das Handelsblatt aus informierten Kreisen, zuerst hatte die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Im Oktober hatte die Regierung noch einen Rückgang um 0,4 Prozent erwartet.
Die Zahlen aus der neuen Prognose sind allerdings noch vorläufig. Sie können sich bis zur Veröffentlichung des Jahreswirtschaftsberichts noch ändern.
Pessimistischer hingegen ist der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV). Der DSGV erwartet keinen allzu schnellen Rückgang der Inflation und rechnet 2023 mit einer Rate von acht Prozent. Entsprechend schlechter ist der Ausblick für das BIP. Hier rechnet die Interessensvertretung mit einem Minus von 0,8 Prozent.
Mehr: Fünf Gründe, die gegen eine Rezession in Deutschland sprechen
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