Berlin Der Fortschritt der Energiewende in Deutschland bleibt weit hinter den Zielen zurück. Das belegt das aktuelle Energiewende-Monitoring des Beratungsunternehmens Prognos für die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). „Die Ergebnisse des Monitorings sind alles andere als zufriedenstellend“, sagte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt am Freitag.
In vielen Kategorien seien die Ergebnisse schlechter als beim Monitoring aus dem vergangenen Jahr. „Das muss ein Weckruf sein. Wenn die Energiekrise als Mutter aller Krisen gilt, ist die Energiewende die Mutter aller Krisenlösungen“, sagte Brossardt. Er forderte, den Zubau erneuerbarer Energien und den Ausbau der Stromnetze deutlich zu forcieren.
Als besonders belastend stellt sich aus Sicht Brossardts die Energiepreisentwicklung dar. „Beim Industriestrom belegen wir innerhalb der EU den vorletzten Platz, nur Zypern ist teurer“, sagte er. Brossardt forderte politische Lösungen: Dringend erforderlich sei „ein einheitlicher Industriestrompreis, am besten auf europäischer Ebene“.
Das Thema steht mittlerweile auf der Prioritätenliste von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) weit oben: „Wir brauchen einen europäischen Industriestrompreis“, hatte Habeck am Montag auf dem Energie-Gipfel des Handelsblatts gesagt. Ohne eine länderübergreifende Lösung könne die Energiepreiskrise nicht gelöst werden. „Das muss so kommen, und ich halte das auch für realistisch“, hatte Habeck betont.
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Das Energiewende-Monitoring von Prognos für die vbw ist seit Jahren ein Indikator für den Fortgang der Energiewende. Das am Freitag vorgestellte Monitoring stellt die elfte Auflage dar.
Bewertungs-Ampel in acht von zehn Fällen auf „Rot“
Mit dem Monitoring werden zehn Punkte – von der Stromausfallzeit bis zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen – aus den Bereichen Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit, Effizienz und Erneuerbare sowie Treibhausgas-Emissionen bewertet. In acht von zehn Fällen steht die Bewertungs-Ampel diesmal auf „Rot“.
Nach Brossardts Überzeugung ist die Energieversorgungskrise zum erheblichen Teil eine Angebotskrise. Er fordert daher, das Verbot, Erdgas in Deutschland mit der umstrittenen Fracking-Methode zu fördern, zu überprüfen. Außerdem plädiert er dafür, die Kernkraftwerke über den 15. April hinaus im Dauerbetrieb bis ins Jahr 2024 weiterlaufen zu lassen.
Wasserstoff misst er im künftigen Energieträgermix große Bedeutung bei. Er spiele als Ersatz für Erdgas bei der Erzeugung von Prozesswärme in industriellen Anlagen, für die Stabilisierung der Stromerzeugung und auch für neue Antriebssysteme eine wichtige Rolle. Zudem sei Wasserstoff auch eine industriepolitische Chance. Innovative Technologien aus Deutschland rund um die Wasserstofftechnologie hätten das Potenzial, weltweit zum Wohl der Umwelt eingesetzt zu werden.
Die Bundesregierung für den Ausbau der erneuerbaren Energien einige Ziele gesetzt. Bis 2030 soll ihr Anteil am Stromverbrauch 80 Prozent betragen. Im vergangenen Jahr betrug der Anteil der Erneuerbaren am Stromverbrauch Schätzungen der Arbeitsgemeinschaft Energie-Bilanzen zufolge 46 Prozent. 2018 waren es noch 37,7 Prozent.
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Wenn man das Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000 als Startschuss betrachtet, hat es bis zum Wert von 46 Prozent 22 Jahre gedauert. Nun sollen also die fehlenden 34 Prozent innerhalb von acht Jahren erreicht werden. Viele Fachleute halten das für sehr ambitioniert.
Das Ziel, die Treibhausgasemissionen weiter zu reduzieren, hat die Bundesregierung zuletzt verfehlt. Nach Berechnungen des Thinktanks Agora Energiewende, die Anfang Januar veröffentlicht wurden, stagnierten die Emissionen im vergangenen Jahr.
Demnach lag die Emissionsminderung 2022 im Vergleich zum Referenzjahr 1990 bei knapp 39 Prozent und damit zum zweiten Mal hinter dem 2020 erreichten Klimaziel von 40 Prozent. Einer der Gründe dafür ist der verstärkte Einsatz von Kohle zur Stromerzeugung aufgrund der Gasversorgungskrise.
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