Washington Nach Wochen des Zögerns haben die USA Panzerlieferungen in die Ukraine beschlossen. Geplant ist ein Bataillon von 31 Panzern vom Typ M1-Abrams, das die Ukraine künftig auf dem Schlachtfeld unterstützen soll. Das teilte das Weiße Haus am Mittwoch mit. Die Ankündigung kam kurz nach Deutschlands Entscheidung, Leopard-2-Panzer in die Ukraine zu entsenden.
Außerdem stellen die USA acht M88 Recovery Vehicles, sogenannte Bergepanzer, bereit, die die komplizierte Wartung der Abrams sicherstellen sollen. Die Lieferungen haben einen Wert von 400 Millionen Dollar. Bereits am Dienstag hatten US-Medien über die Entscheidung berichtet, eine Bestätigung und Details standen noch aus.
Am Mittwochmorgen telefonierte US-Präsident Joe Biden mit den Regierungen in Paris, London, Rom und Berlin, um die „starke Allianz des Westens“ im Ukrainekrieg zu unterstreichen. Zeitnah will er die Panzerlieferungen der amerikanischen Öffentlichkeit in einer Rede erklären.
Allerdings stehen die amerikanischen Panzer den Ukrainern nicht sofort zur Verfügung. Eine ranghohe US-Regierungsbeamtin räumte ein, der tatsächliche Einsatz sei „eher Monate als Wochen“ entfernt. Die 70-Tonner verbrauchen wegen ihrer Turbinentriebwerke viel Kerosin, der Einsatz bedarf aufwendiger Schulungen.
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Wo die Trainings stattfinden sollen, ließ das Weiße Haus offen. Zuletzt hatten die Amerikaner US-Militärbasen oder Standorte in Deutschland für Schulungen von Verteidigungsgerät genutzt. Fest stehe nur: „Trainiert wird außerhalb der Ukraine“, so die Regierungsbeamtin.
Die USA kamen Deutschland weit entgegen
Mit eigenen Panzerlieferungen hat Washington eine Blockade in der deutschen Haltung zum Einsatz westlicher Panzer gelöst. Die Entscheidung habe „Deutschlands Leoparden freigesetzt und den Ukrainern eine Chance für eine kämpferische Gegenoffensive gegeben“, sagte Peter Rough, Direktor des Europa-Centers an der Washingtoner Denkfabrik Hudson Institut, dem Handelsblatt.
„Es ist ein gutes Ergebnis nach einem schlechten Prozess“, so der frühere Berater von Ex-Präsident George W. Bush. Denn die Bundesregierung, das hatten US-Regierungsbeamte nahegelegt, wollte deutsche Panzer nur im Schulterschluss mit den USA liefern. Das Ringen um eine gemeinsame Strategie belastete das transatlantische Verhältnis.
In Washington wird zunehmend die Furcht geäußert, dass sich Russland gestärkt fühlen könne, sollte sich der Westen an der Panzerfrage entzweien. Auch deshalb, hieß es aus Diplomatenkreisen, bemühte man sich um eine Lösung, die Berlin zufriedenstelle.
Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan habe „intensiv und wiederholt“ mit Berlin verhandelt. „Die transatlantische Einheit ist unsere größte Stärke“, verlautete aus dem Weißen Haus. Man erkenne an, dass auch Deutschland einen erheblichen Beitrag im Ukrainekrieg leiste. „Die Wende in der deutschen Sicherheitspolitik ist wirklich bemerkenswert“, hieß es weiter, „wir arbeiten Hand in Hand“.
Um Deutschland entgegenzukommen, setzte sich Biden offenbar gegen die Einschätzung seiner Ministerien durch. Denn US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und General Mark Milley hatten bis zuletzt vom Abrams-Einsatz abgeraten – die Panzer seien zu komplex, zu schwer, zu treibstoffintensiv, erklärten sie. Amerikanische Panzer in der Ukraine „ergeben zu diesem Zeitpunkt einfach keinen Sinn“, hatte das Verteidigungsministerium noch am Freitag betont.
Amerikanische und deutsche Panzer auf der Krim?
Da die USA gerade ein 2,5 Milliarden Dollar schweres Waffenpaket geschnürt haben, werden die Panzer nicht aus Haushaltsmitteln finanziert. Stattdessen kommt ein Fonds namens Ukraine Security Assistance Initiative (USAI) ins Spiel. Er ermöglicht es der US-Regierung, Waffen aus der Privatindustrie und von verbündeten Ländern zu beziehen, statt aus bestehenden Waffenbeständen.
Mit der Fonds-Lösung kommen die USA nicht in die Verlegenheit, sofort Panzer auf das Schlachtfeld entsenden zu müssen. Gleichzeitig gibt die US-Regierung Deutschland politische Deckung, eigene Panzer zu liefern. Die Abrams-Panzer, so die Regierungsbeamten am Mittwoch, seien eher als „langfristige Investition in die Verteidigung der Ukraine“ angelegt, im Gegensatz zu den deutschen Leoparden.
Wie ein Beamter weiter erklärte, könnten die Panzer der Ukraine dabei helfen, „ukrainisches Territorium zurückzuerobern“. Dazu gehöre auch die Krim, betonte er auf Nachfrage. Die Krim ist von Russland besetzt, international wird sie aber weiterhin als ukrainisches Gebiet anerkannt. Sicherheitsexperten diskutieren sei einigen Wochen über das Szenario, dass die Ukrainer mit amerikanischen und europäischen Panzern auf der Krim einrücken könnten – was eine unberechenbare Reaktion der Russen nach sich ziehen könnte.
Die Biden-Regierung sieht deshalb jede neue militärische Lieferung als Balanceakt. Zum Beispiel will Washington keine Langstreckenraketen mit größerer Reichweite, die tief nach Russland eindringen können, in das Kriegsland schicken. Denn das könnte die USA und ihre Verbündeten in einen unmittelbaren Konflikt mit Wladimir Putin verwickeln, warnte der US-Präsident.
Biden steht auch innenpolitisch unter Druck, denn viel Spielraum für zusätzliches Militärgerät gibt es nicht mehr. Teile der Republikaner, die seit Januar das Repräsentantenhaus im US-Kongress dominieren, wollen die Ukrainehilfen blockieren.
Die Korruptionsvorwürfe gegen die ukrainische Regierung verkomplizieren die Lage noch. Bislang unterstützt eine Mehrheit der US-Bürger die Gelder für die Ukraine, doch laut Umfragen sinkt der Rückhalt. Das US-Außenministerium betonte am Dienstag, man habe keine Hinweise darauf, dass im ukrainischen Korruptionsskandal US-Hilfen veruntreut wurden.
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