Der US-Präsident und der Bundeskanzler haben Panzerlieferungen angekündigt.
Washington Seine Achtung für den deutschen Bundeskanzler hebt der US-Präsident in diesen Tagen besonders hervor. Kurz nachdem Joe Biden amerikanische Panzerlieferungen für die Ukraine verkündete, dankte er Olaf Scholz für „seine Führung und sein unerschütterliches Engagement“. Deutschland sei „ein enger Freund“, so Biden. Beide Partner haben erstmals Panzerlieferungen in das Kriegsgebiet genehmigt – ein bemerkenswerter Kurswechsel.
Doch die Lobeshymnen bedeuten nicht, dass das Arbeitsverhältnis zwischen Deutschland und den USA im Reinen ist. Das Ringen um Unterstützung für die Ukraine hat Spuren hinterlassen und die zögerliche Haltung Deutschlands stellt die künftige Kooperation auf die Probe. Keiner der westlichen Partner geht derzeit davon aus, dass der Ukrainekrieg schnell beendet sein wird. Das heißt im Klartext: neue Entscheidungen über weitere Militärhilfen, mehr Panzer, schwereres Gerät, Raketen mit größerer Reichweite oder gar Kampfflugzeuge sind nur eine Frage der Zeit.
Wie reagiert Deutschland, wenn die Ukraine tatsächlich Luftangriffe gegen russische Großstädte fliegen würde? Oder wenn eine Rückeroberung der Krim zur Debatte steht? Das sind Fragen, die Berlin im Zweifel schnell beantworten muss.
Dieses Mal hat die US-Regierung Deutschland gerettet, Washington ist Berlin im Panzerstreit enorm entgegen gekommen. Denn die Bundesregierung, deuteten US-Regierungsbeamte an, wollte deutsche Panzer nur im Schulterschluss mit den USA liefern. Davon rieten Bidens Top-Kriegsberater bis zuletzt ab.
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Doch um die Blockade zu beenden, handelte Biden gegen den Rat seiner eigenen Leute – und entschied sich für gemeinsame Panzerlieferungen mit Deutschland. Indem die Bundesregierung in dieser Frage nicht souverän vorangehen wollte, hat sie Biden in eine unbequeme Lage gebracht. Schlimmer noch: Berlin hat riskiert, dass die westliche Koalition Risse bekommt und Wladimir Putin so bestärkt.
Nochmal die Kurve gekriegt
Die amerikanische Lösung ist nun allenfalls gesichtswahrend. So stehen die US-Panzer den Ukrainern frühestens in einigen Monaten zur Verfügung, das Pentagon entsendet eine verhältnismäßig kleine Anzahl. Dass es diesen Akt brauchte, damit Deutschland handelt, spricht Bände über die verteidigungspolitische Eigenständigkeit Deutschlands und Europas.
Dank Biden haben beide Partner nochmal die Kurve gekriegt und das Bild der starken Allianz ist vorerst wiederhergestellt. Doch Deutschland sollte sich nicht in Sicherheit wiegen, denn die Führungsrolle der USA ist keinesfalls garantiert. Teile der US-Republikaner, die seit Januar die Mehrheit im Repräsentantenhaus halten, drohen mit einer Blockade der Ukraine-Gelder. Wer nach den Präsidentschaftswahlen 2024 die Geschicke der USA lenkt, ist ebenfalls offen.
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Beide Partner hatten nicht zuletzt gute Gründe für und gegen Panzerlieferungen. Aber das zähe Hin und Her, die chaotische Kommunikation und die abrupten Kehrtwenden haben den Eindruck geschürt: Argumente, die an einem Tag gelten, zählen am nächsten vielleicht schon nicht mehr.
Dabei ist das Vertrauen der Öffentlichkeit gerade in Kriegszeiten fundamental wichtig. Bislang unterstützt eine Mehrheit der US-Bürger die Gelder für die Ukraine, doch laut Umfragen sinkt der Rückhalt. Der Korruptionsskandal in der Ukraine könnte mehr Skeptiker auf den Plan rufen.
Die Strategie des Westens im Umgang mit der Ukraine wird bei jedem Schritt, jeder Entscheidung neu verhandelt. Dieses Mal ist das Kalkül Deutschland aufgegangen, nächstes Mal kann es ganz anders sein.
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