Washington Der 75-jährige Joe Manchin ist einer der prominentesten Senatoren im Kongress. Denn schlagzeilenträchtig bereitet er seiner Partei, den Demokraten, regelmäßig Kopfschmerzen. Ende 2021 blockierte er eines der wichtigsten Gesetze von US-Präsident Joe Biden, das Infrastrukturprogramm „Build Back Better“-Act.
Auf seinem Hausboot „Almost Heaven“, das auf dem Potomac in Washington ankert, empfängt er Politiker beider Parteien – und droht damit, zu den Republikanern zu wechseln. Zuletzt schloss der Senator aus dem Bergbaustaat West Virginia nicht aus, im Präsidentschaftswahlkampf 2024 gegen Biden antreten zu wollen.
Dass ein einzelner Senator so viel Macht hat, liegt an der knappen Mehrheit in der Kongresskammer. Aktuell haben die Demokraten im hundertköpfigen Senat nur eine Stimme mehr als die Republikaner, Manchin nutzt diesen Hebel. Aktuell demonstriert er seinen Einfluss im transatlantischen Streit um E-Auto-Batterien.
Vergangene Woche warf der Senator dem US-Finanzministerium von Janet Yellen vor, ausländischen Autobauern zu sehr entgegenzukommen. Der Hintergrund: Vor Kurzem trat der „Inflation Reduction Act“ (IRA), eine beispiellose Subventionsoffensive für grüne Energien, in Kraft. EU-Länder sehen das Paket als Frontalangriff auf die europäische Industrie.
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Eine Passage sieht Steuervorteile für Käuferinnen und Käufer von E-Autos vor, allerdings nur dann, wenn ein bestimmter Anteil der Batterieteile aus amerikanischer Produktion stammt. Bislang werden kritische Mineralien hauptsächlich in China, Russland, Indonesien oder dem Kongo gewonnen. Die Gesetzespassage war federführend von Manchins Büro verfasst worden, er sitzt dem mächtigen Energie-Ausschuss des Senats vor.
Habeck will im Subventionsstreit vermitteln
Die USA wollen sich mit den strengen Anforderungen unabhängiger von ausländischen Lieferketten machen, doch EU-Hersteller fürchten massive Benachteiligungen auf dem amerikanischen Markt. „Sie schaden meinem Land“, hatte der französische Präsident Emmanuel Macron gegenüber Manchin beklagt, erzählte der Senator in einem Interview mit dem Magazin „Politico“.
Und auch Bundeskanzler Olaf Scholz habe auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos seinen Unmut gegenüber Manchin ausgedrückt. In Davos beteuerte Manchin, ihm seien die Nachteile für befreundete Staaten nicht klar gewesen – so habe er zum Beispiel „nicht gewusst“, dass die EU kein Freihandelsabkommen mit den USA habe. Doch in der Sache bleibt er hart.
Das US-Finanzministerium hat die vollständige Umsetzung des Gesetzes auf März verschoben. Bis dahin wird zwischen Washington und Brüssel weiterverhandelt. Kommende Woche sollen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire gemeinsam in die USA reisen, in der Hoffnung auf weitere Zugeständnisse.
Manchin ist über diese Kulanz empört und versucht nun, mit einer Gesetzesverschärfung gegenzusteuern, was den Spielraum für Ausnahmen enorm einschränken würde. Die USA seien „die Supermacht der Welt“, sagte Manchin im Kongress. „Was kaum jemand versteht: Es geht hier nicht in erster Linie um Klimaschutz, sondern um Energiesicherheit“, um die Unabhängigkeit von Ländern, „die nicht unsere Werte teilen“.
Sein Heimatstaat West Virginia ist zweitgrößter Kohleproduzent der USA. Bergbauverbände wollen schon lange, dass kritische Rohstoffe überwiegend in den USA gefördert werden. Die Industrie dringt darauf, dass die US-Regierung hart bleibt. In Manchin hat sie ihren mächtigsten Fürsprecher. Jede Aufweichung der „Made in America“-Regeln, so die Argumentation, schaffe neue Schlupflöcher, durch die Autohersteller doch noch Mineralien aus China oder Russland verarbeiten könnten. Genau das, so der Senator, passiere gerade in der Umsetzung des IRA.
Grün und fossil: Die USA fahren zweigleisig
Seine Person steht für den Richtungskampf der USA um die Energiegewinnung der Zukunft, das sich auch im IRA widerspiegelt: Das Paket ist zweigleisig angelegt, auch wenn öffentlich der Fokus auf den gigantischen Subventionen für Solar-, Wind- und andere kohlenstofffreie Stromquellen liegt.
Gleichzeitig schränkt das Gesetz fossile Brennstoffe kaum ein. Jeder US-Präsident weiß, dass Kohle-Staaten wie West Virginia, Ohio und Pennsylvania über Wahlen entscheiden. Andererseits verspricht Bidens grüne Industriepolitik lukrative und nachhaltige Geschäftsmodelle.
Im Grunde muss auch Manchin diese unterschiedlichen Interessen austarieren. Er beherbergt nicht nur Kohleminen in seinem Staat, sondern auch den Autobauer Toyota, der zunehmend auf Elektromobilität setzt. Der Senator empfängt Spenden von fossilen Energieproduzenten – ist aber zugleich mit Bill Gates befreundet, der massiv in grüne Projekte investiert.
Sein Gesetz hat kaum Chancen im Senat, jede Änderung des IRA würde als Rückschlag für Biden wahrgenommen werden. Das wollen die meisten demokratischen Senatoren vermeiden. Doch Manchins Vorstoß sendet ein klares Signal: Kommt das Finanzministerium der EU noch mehr entgegen, wird er alles daransetzen, dass der Kongress eingreift.
Mehr: Bidens grüne Revolution – Amerikas Batteriegürtel boomt
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