Washington Der Rivalität zwischen dem Ex-US-Präsidenten Donald Trump und dem Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, im frühen US-Präsidentschaftswahlkampf verschärft sich weiter. Zwar ist Trump bislang der einzige Republikaner, der seine Kandidatur für das Rennen um das Weiße Haus im Jahr 2024 verkündet hat. „Ich bin wütender und entschlossener als je zuvor“, sagte er bei seinem Wahlkampfauftakt am Wochenende.
Doch DeSantis, dessen Kandidatur im Sommer erwartet wird, gilt zunehmend als Alternative. Trump verliert an Rückhalt, das wurde bei seinen jüngsten Auftritten deutlich. Seinen Besuch im Bundesstaat New Hampshire boykottierte der republikanische Gouverneur Chris Sununu. Trump sei nicht mehr der Mächtige, „für den er sich hält“, sagte er. Und der Verein „Ron to the Rescue“ platzierte Papp-Aufsteller von DeSantis in Sichtweite des Ex-Präsidenten.
Parteistrategen warnen allerdings davor, Trump abzuschreiben. „Trump ist noch immer die dominierende Kraft in der Republikanischen Partei“, sagt Jon Seaton, der einst George W. Bush und John McCain beriet und heute Wählerdaten für die Republikaner analysiert.
Wahlforscherin Amy Walter vom Portal Cook Report meint: „Trump ist ein 300-Kilo-Gorilla.“ Er habe einen stabilen Einfluss auf etwa 40 Prozent der republikanischen Stimmen. „In einem überfüllten Feld von Kandidaten reicht das, um die Nominierung zu gewinnen.“
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Die einhellige Meinung vieler Strategen ist, dass niemand ausgeschlossen ist. In einem Jahr halten die ersten Bundesstaaten die wichtigen Vorwahlen ab, bis dahin dürften ein Dutzend Republikaner ihre Kandidatur erklären.
Eine Frau als Kandidatin?
Als recht sicher gilt, dass Nikki Haley, Trumps frühere UN-Botschafterin und ehemalige Gouverneurin von South Carolina, dabei ist. „Ich denke, ich kann die Anführerin unserer Partei sein“, sagte sie dem Sender Fox News, der Start ihrer Kampagne wird im Februar erwartet.
Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos wurde über ihre Chancen spekuliert: Laut dem Portal Semafor sprach sich James Gorman, CEO von Morgan Stanley, für Haley als Präsidentschaftskandidatin aus. Allerdings rangiert sie in Umfragen weit hinter Trump und DeSantis.
2016 war das Kandidatenfeld so überlaufen, dass die republikanischen Bewerber auf mehrere TV-Debatten aufgeteilt werden mussten. 2024 könnte es eine ähnliche Situation geben, ein weiteres Signal dafür, dass führende Republikaner Trump für besiegbar halten. „Trump versucht, die zweite Staffel einer Serie zu verkaufen, die vor ein paar Jahren abgesetzt wurde“, sagt Wahlforscherin Walter. Jemand wie DeSantis „verspricht eine neuere, jüngere und aufregende Zukunft“.
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Tatsächlich spricht auf dem Papier mehr gegen eine erneute Nominierung Trumps als dafür. Zwar reaktivierte der Social-Media-Konzern Meta Trumps Konten auf Facebook und Instagram, die für das Fundraising seiner Kampagne extrem wichtig sind. Auch lenkt die Dokumentenaffäre des US-Präsidenten Joe Biden den Fokus weg von Trumps eigenem Geheimpapier-Skandal.
Schlechte Chancen für Trump
Doch auf den Überraschungseffekt von 2016, der den selbst ernannten Anti-Establishment-Kandidaten ins Amt hob, kann Trump sieben Jahre später nicht mehr zählen. Seine Kampagne läuft schleppend an, Großspender wenden sich ab. Auch sein Abendessen mit dem Rapper Ye und Nick Fuentes, die beide für antisemitische Ansichten bekannt sind, sorgte für Kritik.
Mehrere Anklagen gegen ihn drohen seitens des US-Justizministeriums und des Bundesstaats Georgia, der Trumps Versuche der Wahlmanipulation untersucht. Erst vor wenigen Wochen wurde Allen Weisselberg, früherer Finanzchef des Trump-Konzerns, wegen Steuerbetrugs verurteilt.
Und selbst wenn Trump noch einmal aufgestellt werden würde: Unter ihm haben die Republikaner drei Wahlen, darunter für das Weiße Haus und den Kongress, verloren. Bei den Midterms im November schnitten die von Trump finanzierten Kandidaten überwiegend schlecht ab.
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Der 80-jährige Biden hat seine Kandidatur für 2024 nicht offiziell angekündigt, aber in Washington wird erwartet, dass er eine zweite Amtszeit anstrebt. Gegen ihn verlor Trump 2020, auch wenn er das bis heute nicht einräumt.
Ron DeSantis: Vom Trump-Fan zum größten Konkurrenten
Ist also die Antwort auf alle Zweifel der Republikaner DeSantis? Zumindest ist der 44-Jährige der einzige Politiker neben Trump, der unter Parteianhängern auf zweistellige Umfragewerte kommt. DeSantis gilt als smart, ehrgeizig – und populistisch: Im Oktober ließ er 50 venezolanische Asylsuchende in die Erholungsoase Martha’s Vineyard fliegen, um auf die Krise an der mexikanischen Grenze aufmerksam zu machen. „In Florida wird der Wokismus sterben“, ist ein berühmter Spruch, den er in der Schulpolitik nutzt, in der er Lehrstoff zu Transgender-Themen und Rassismus-Aufklärung einschränkt.
Einst gründete DeSantis als Abgeordneter im Repräsentantenhaus die rechte Gruppierung „Freedom Caucus“ mit. Damals war er ein Trump-Anhänger. Beide wohnen im selben Bundesstaat und traten früher Seite an Seite auf.
Schritt für Schritt aber löste sich DeSantis von Trump, auch von dessen Verschwörungstheorie der gestohlenen US-Wahl. Strategisch war das klug, denn mehrheitsfähig waren Wahlleugner bei den letzten Kongresswahlen nicht.
Der Gouverneur profilierte sich über Floridas Grenzen hinaus, als er sich während der Pandemie gegen Maskenpflicht und Lockdowns aussprach. Dazu ist er populär bei Hispanics, der am schnellsten wachsenden Wählergruppe, und bei gebildeten Frauen, um die die Republikaner bundesweit buhlen.
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„Die Wähler suchen jemanden wie Trump – nur ohne den ganzen Ballast und das Drama. Genau deshalb ist DeSantis so reizvoll“, schreibt Wahlforscherin Walter. Laut der Expertin gibt es aber „keine Garantie“ dafür, dass der Hype um DeSantis anhalten werde. „Der Druck auf ihn wird steigen, das Rennen wird brutaler, je mehr Kandidaten dazukommen.“
Wer noch als Kandidat gehandelt wird
Alles ist möglich, das zeigen die vergangenen Präsidentschaftswahlen. So galt der Republikaner Jeb Bush als früher Spitzenreiter, bis Trump auf der Bildfläche erschien. Und bei den Demokraten war Biden lange nicht der Favorit und bekam am Ende trotzdem die Nominierung. Auf die unberechenbare Dynamik von US-Wahlkämpfen setzen zahlreiche potenzielle Kandidaten, die gerade ihre Kampagnen ausloten.
Dazu gehören die Senatoren Ted Cruz und Tim Scott, die Gouverneure Larry Hogan, Brian Kemp und Kristi Noem, der frühere Außenminister Mike Pompeo, Ex-Vizepräsident Mike Pence, die ehemalige Abgeordnete Liz Cheney sowie John Bolton, Trumps ehemaliger Sicherheitsberater.
Über allem Personalgerangel steht die Überlebensfrage der Republikaner. Mit wem an der Spitze kann die Partei wieder Teile der Mitte überzeugen und mehrheitsfähig werden, ohne Trump-Anhänger an der Basis zu verlieren? Bislang führen die Republikaner einen chaotischen Richtungskampf, wie die tagelange Abstimmung bei der Wahl von Kevin McCarthy zum Sprecher im Repräsentantenhaus zeigte.
Bidens Wirtschaftspolitik ist immer weniger angreifbar, da sich die Inflation entspannt und die USA womöglich doch von einer Rezession verschont bleiben könnten. Auch von der grünen Energiewende der Demokraten profitieren vor allem republikanische Bundesstaaten. „Illegale Einwanderung wird aber sicherlich eines der Topthemen“, sagt der Stratege Seaton, dazu die gesellschaftlichen Kämpfe um Abtreibung, Transgender-Rechte, Rassismus und Bildung.
Der nächste große Test für die Republikaner steht in den kommenden Monaten an, beim Streit um die Anhebung der Schuldenobergrenze. Teile der Republikaner im Kongress wollen Kürzungen bei der Kranken- und Sozialversicherung erzwingen.
Präsident Biden versucht schon jetzt, aus der Orientierungslosigkeit der Republikaner Nutzen zu ziehen. „Warum, in Gottes Namen, sollten die Amerikaner unsere Fortschritte der letzten Jahre für das Chaos der Republikaner aufgeben?“, sagte er vor einigen Tagen im Weißen Haus, als aktuelle Wachstumszahlen der USA bekannt gegeben wurden. Seine Demokraten als verlässliche Macher, die Republikaner als konfuse Störer – das ist Bidens frühes Leitthema für den Wahlkampf 2024. Unabhängig davon, wen die Republikaner aufstellen.
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