Feb 1, 2023
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Betrugsvorwürfe: Affäre um Milliardär Adani überschattet Indiens Wachstumspläne

Written by Mathias Peer


Bangkok Indien stemmt sich mit Rekordinvestitionen gegen den globalen Abschwung – doch die Affäre um Betrugsvorwürfe gegen Gautam Adani, den bis vor Kurzem reichsten Mann Asiens, überschattet die Präsentation der ambitionierten Regierungspläne. Rund 122 Milliarden US-Dollar will Premierminister Narendra Modi im nächsten Fiskaljahr in Investitionsprojekte stecken. Das ist ein Drittel mehr als im Vorjahr und so viel wie noch nie in der Geschichte des Schwellenlandes.

Finanzministerin Nirmala Sitharaman versprach am Mittwoch in ihrer Haushaltsrede vor dem Parlament, die Pläne würden zu einem „positiven Kreislauf von Investitionen und Arbeitsplätzen“ führen.

Viel Geld in den Ausbau von Straßen, Flughäfen und Wohnungen zu stecken ist in Indien normalerweise ein populäres Thema. Sitharaman betonte, dass die Regierung nun bereits zum dritten Mal in Folge das Budget dafür kräftig erhöhe. Unter anderem kündigte sie neue Flughäfen und Helikopterlandeplätze an.

Doch die Vorbehalte gegenüber der Investitionsoffensive, mit der Premier Modi seine Heimat bis zum Ende des Jahrzehnts zur drittgrößten Volkswirtschaft der Welt machen möchte, wachsen. Hauptgrund für die Skepsis ist der Mann, der zuletzt besonders stark von den Infrastrukturprojekten profitierte: Multimilliardär Adani.

Der Unternehmer stand in den vergangenen Jahrzehnten eng an der Seite Modis und setzte dessen Infrastrukturvisionen um: Sein Konglomerat betreibt unter anderem Häfen, Flughäfen, Autobahnen sowie Kraftwerke und baut in dem Land mit 1,4 Milliarden Einwohner auch Wohnungen im großen Stil.

Gautam Adani

Finanzaktivisten aus den USA werfen seinem Konzern umfangreichen Betrug vor.



(Foto: Reuters)

Finanzaktivisten aus den USA warfen dem Konzern jedoch in der vergangenen Woche vor, umfangreichen Betrug begangen zu haben. Der Leerverkäufer Hindenburg Research, der sich auf die Enthüllung mutmaßlicher unternehmerischer Vergehen spezialisiert hat, behauptete, die Adani-Gruppe habe Indien „systematisch ausgeplündert“. Das Unternehmen wies die Vorwürfe zurück und sprach von einer „kalkulierten Attacke“ auf Indien.

Adani-Aktien sind im freien Fall

Die Opposition ließ es sich bei der traditionell vielbeachteten Haushaltsrede der Finanzministerin nicht nehmen, die Affäre mit der Regierungspolitik in Verbindung zu bringen. „Adani, Adani“, skandierten Abgeordnete, während die Ministerin die Infrastrukturpläne der Regierung vortrug. Kodikunnil Suresh, ein Abgeordneter der oppositionellen Kongresspartei, warf der Regierung nach der Haushaltsrede vor, im Interesse Adanis zu arbeiten und die normalen Bürger zu ignorieren.

An der Mumbaier Börse halfen die Infrastrukturankündigungen der Regierung dem Konglomerat allerdings nicht: Aktien mehrerer Adani-Unternehmen stürzten abermals ab. Die Hauptfirma, Adani Enterprises, verlor zeitweise 30 Prozent ihres Werts. Noch am Vortag hatte sie neue Aktien im Wert von 2,5 Milliarden Dollar platzieren können – primär bei institutionellen Investoren.

Doch die Verunsicherung blieb: Der jüngste Kursrutsch wurde offenbar durch einen Bericht ausgelöst, wonach die Schweizer Bank Credit Suisse Adani-Anleihen offenbar mit Blick auf die gestiegenen Risiken nicht mehr als Sicherheiten für Wertpapierkredite akzeptiere.

Logo der Adani-Gruppe

Die Vorwürfe eines Leerverkäufers setzen das Unternehmen unter Druck.



(Foto: Reuters)

Die Vertrauenskrise durch die Vorwürfe der Leerverkäufer, die unter anderem den Verdacht der Bilanzmanipulation in den Raum stellten, ließ den Wert von Adanis Firmenimperium seit vergangener Woche um mehr als 90 Milliarden Dollar einbrechen.

Mit dem weiteren Kursrutsch verlor Adani nun auch den Titel des reichsten Manns Asiens: Sein persönliches Vermögen sank laut dem Magazin „Forbes“ auf 75 Milliarden Dollar – 50 Milliarden Dollar weniger als vor einer Woche. Adanis Landsmann Mukesh Ambani liegt demnach nun mit 84 Milliarden Dollar deutlich vor ihm.

Indien verzeichnet sieben Prozent Wirtschaftswachstum

Der beispiellose Wertverfall des Konglomerats führt vor Augen, wie schnell Indiens Aufstieg zur wirtschaftlichen Großmacht ins Wanken geraten kann. Durch den Absturz des Adani-Imperiums flog Indien bereits am Montag aus der Liste der fünf größten Aktienmärkte der Welt. Sollten sich die Vorwürfe gegen den Konzern erhärten, dürfte dies auch das Vertrauen in die Fähigkeiten der indischen Behörden untergraben, die Adani wichtige Teile der Infrastruktur anvertraut haben.

Bisher ließ die Regierung die Adani-Affäre unkommentiert. Finanzministerin Sitharaman ignorierte auch die Zwischenrufe bei ihrem Auftritt im Parlament. Statt auf die Krise einzugehen, pries sie Indien als „hellen Stern“ der Weltwirtschaft. Das Wirtschaftswachstum für das laufende Fiskaljahr, das bis Ende März andauert, bezifferte sie auf sieben Prozent: „Es ist bemerkenswert, dass dies der höchste Wert unter allen großen Volkswirtschaften ist.“

Für das kommende Fiskaljahr rechnet ihr Ministerium mit einem Wachstum von 6,5 Prozent. „Die indische Wirtschaft ist auf dem richtigen Weg und steuert trotz einer Zeit der Herausforderungen auf eine glänzende Zukunft zu“, sagte die Ministerin.

>> Lesen Sie hier: Indien treibt die Weltkonjunktur – und könnte bald Deutschland abhängen

Bei ausländischen Unternehmen versucht die Regierung in Neu-Delhi Indien als alternativen Produktionsstandort zu bewerben. Erfolge erzielte sie dabei unter anderem bei dem US-Elektronikkonzern Apple, der Teile seiner iPhone-Produktion von China nach Indien verlegte. Der Wert der in Indien produzierten Handys hat sich laut Sitharaman in den vergangenen acht Jahren vervierzehnfacht. Mit niedrigeren Zöllen auf Smartphone-Komponenten will sie die Branche künftig weiter unterstützen. Ihre Steuerpolitik ziele darauf ab, „die Exporte zu steigern, die heimische Produktion zu fördern und die inländische Wertschöpfung zu erhöhen“, sagte sie.

Die internationale Aufmerksamkeit für Indien ist in diesem Jahr besonders groß: Das Land wird nach Prognosen der Vereinten Nationen 2023 China als das bevölkerungsreichste Land der Welt ablösen.

Zudem hat Indien erstmals den Vorsitz der Staatengruppe G20. Der Gipfel der größten Industrie- und Schwellenländer ist für September in Neu-Delhi geplant. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will laut Berichten indischer Medien bereits in diesem Februar zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt nach Indien reisen und dabei offenbar auch für engere Wirtschaftsbeziehungen werben.

Mehr: Leerverkäufer Hindenburg Research bekräftigt Betrugsvorwürfe gegen Adani-Gruppe



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