Feb 2, 2023
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Technologiekampf: Ohne Rücksicht auf Verluste: Biden verschärft den Konfrontationskurs gegenüber China

Written by pinmin


Brüssel, Washington Als der Eisenbahntunnel auf der Strecke zwischen Philadelphia und Washington in Betrieb ging, regierte ein Ex-Offizier namens Ulysses Grant die USA, das Land bewältigte das Trauma des Bürgerkriegs.

150 Jahre sind seither vergangen und unzählige Züge durch den Tunnel gerattert, das Gemäuer leckt, an einigen Stellen gibt der Boden nach. „Man fragt sich, wie er um alles in der Welt noch steht“, sagte Joe Biden diese Woche.

Der US-Präsident, selbst schon 80 Jahre alt, war angereist, um sein Programm zur Modernisierung der amerikanischen Infrastruktur anzupreisen. Und er nutzte seinen Auftritt für eine Warnung: „Wir riskieren, unseren Vorsprung als Nation zu verlieren“, sagte er. „China und der Rest der Welt holen auf.“ Nichts verdeutlicht das mehr als Amerikas bröckelnde Infrastruktur.

Im Bahnverkehr ist China, das Land der Hightech-Züge, längst an den USA vorbeigezogen. Umso mehr wollen die Amerikaner ihre Stellung dort verteidigen, wo sie noch in Führung liegen. Es dürfe „nie wieder passieren“, dass Amerika abgehängt werde, rief Biden.

Nie wieder abgehängt werden: Dieses Versprechen will Biden einlösen – und wie kein Präsident vor ihm geht er dabei gegen China vor, härter noch als sein Vorgänger Donald Trump, der zwar Strafzölle auf Hunderte chinesische Exportwaren verhängte, aber die technologische Entkopplung eher erratisch betrieb.

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Biden will konsequent die heimische Produktion stärken und den Transfer von kritischen Technologien nach China stoppen. Dahinter steckt die Befürchtung Washingtons, dass China mithilfe von Hochtechnologie aus den USA die eigene Rüstungsindustrie weiterentwickelt. Unter Staats- und Parteichef Xi Jinping verschmelzen Militär und zivile Unternehmen zunehmend.

Seit Biden im Amt ist, vergeht keine Woche, in der nicht neue Restriktionen verkündet werden. Dass darunter auch US-Firmen leiden, nimmt die Regierung in Kauf. Den Schaden im bilateralen Verhältnis ebenfalls.

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Wenn US-Außenminister Antony Blinken, einer von Bidens engsten politischen Vertrauten, am Wochenende zu Gesprächen in China eintrifft, dürften die Sanktionen zu den wichtigsten Themen zählen.

In Europa weckt die Konfrontation der Supermächte Ängste. Einerseits betrachtet auch die EU China als strategischen Rivalen. Andererseits fürchten die Europäer, von Amerika in einen Wirtschaftskrieg verwickelt zu werden.

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China ist nach den USA der zweitwichtigste Handelspartner der EU. Gerade deutsche Konzerne haben viel zu verlieren, Unternehmen wie VW, BASF und Bosch haben Milliardensummen in China investiert. Es sind Wetten auf die Zukunft, die aufgehen müssen.

Doch Biden lässt nicht locker. Am Montag berichteten US-Medien, dass die USA ihre Sanktionen gegen den chinesischen Netzausrüster Huawei ausweiten wollen. Ausnahmegenehmigungen, die bislang trotz strenger Sanktionen gewährt wurden, soll es künftig nicht mehr geben.

Huawei

Am Montag berichteten US-Medien, dass die USA ihre Sanktionen gegen den chinesischen Netzausrüster Huawei ausweiten wollen.


(Foto: Bloomberg)

Der US-Präsident hat zudem eine Reihe von Blockaden veranlasst, unter anderem wegen Menschenrechtsverletzungen in der Region Xinjiang. Dutzende chinesische Unternehmen, etwa aus der Solar- und Halbleiterbranche, stehen auf einer schwarzen Liste, die ihnen den Zugang zum US-Markt erschwert.

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Im vergangenen Jahr verabschiedete die Biden-Regierung neue Exportkontrollen, die Pekings technologischen und militärischen Fortschritt bremsen sollen. Washington versetzte die Chipbranche in Aufruhr, als es amerikanischen Unternehmen und Bürgern im Oktober verbat, sich an chinesischer Halbleiterherstellung zu beteiligen. „Wir müssen das amerikanische Volk vor China schützen. Punkt“, verkündete Handelsministerin Gina Raimondo damals.

Allerdings betreffen die neuen Regeln nicht nur die USA, sondern auch andere Länder, EU-Staaten wie Deutschland und die Niederlande etwa. Mit einer neuartigen Verordnung namens Foreign Direct Product Rule verbot die Biden-Regierung generell Unternehmen, die amerikanische Technologie verwenden, bestimmte moderne Halbleiter nach China zu verkaufen. 

USA wollen militärische Aufrüstung Chinas bremsen

Hinter dem radikalen Schritt steckt die Annahme, dass China hochentwickelte Chips aus den USA auch für militärische Zwecke einsetzt, etwa für Waffen und für Militärlogistik. Die US-Regierung forderte rasch Verbündete auf, diesem Beispiel zu folgen – offenbar mit Erfolg: Japan und die Niederlande sind bereit, sich den US-Restriktionen anzuschließen. Dies würde China den Zugang zu Produktionsanlagen und den Aufbau seiner Chipindustrie weiter erschweren.

Denn ASML aus den Niederlanden und Japans Tokyo Electron gehören nach dem US-Hersteller Applied Materials zu den weltweit führenden Lieferanten in diesem Bereich. Deutsche Unternehmen wie Trumpf und Carl Zeiss sind wiederum wichtige Zulieferer für ASML. Die niederländische Regierung hat die Ausfuhr der modernsten Maschinen schon weitgehend eingeschränkt, nun könnte es weitere Restriktionen für die Ausfuhr der nächstbesten Maschinen geben.

Der Nationale Sicherheitsrat des Weißen Hauses bestätigte am Montag, dass sich die US-Regierung mit den Verbündeten „auf ein gemeinsames Vorgehen in einer wichtigen strategischen Frage“ geeinigt habe. Brüssel sicherte den USA seine Unterstützung zu, pocht zugleich jedoch auf Europas Eigenständigkeit.

Hafen Hamburg

In Europa wächst die Sorge, in einen Wirtschaftskrieg verwickelt zu werden.


(Foto: IMAGO/Chris Emil Janßen)

„Wir können China nicht erlauben, Zugang zu den fortschrittlichsten Technologien zu erhalten“, sagte EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton. Allerdings betonte er: „Wir werden uns auf das beschränken, was unter Sicherheitsaspekten notwendig ist.“

Wer mit Diplomaten in Brüssel spricht, hört immer wieder den Satz: „Wir Europäer brauchen unsere eigene Chinapolitik. Unsere Interessen sind nicht deckungsgleich mit denen der USA.“

Nach Einschätzung des Chinaexperten Scott Kennedy üben die USA mit ihrem rigorosen Vorgehen Druck auf Verbündete aus – auch auf Europa. Der Forscher an der Denkfabrik Center for Strategic and International Studies glaubt zwar nicht, dass die USA Deutschland „explizit auffordern werden, sich von China zu entkoppeln“.

Doch im Hightech-Bereich schaffen die USA schnell Fakten und ziehen „hohe Zäune hoch“. Es herrsche ein Druck, „sich einzureihen“. Klar ist: Auch in Berlin bringen die Amerikaner zum Ausdruck, dass sie sich Unterstützung wünschen.

„Wir wären gut beraten, wenn wir unsere eigenen Maßnahmen für die Exportkontrolle von kritischen Technologien weiterentwickeln“, rät Mikko Huotari, Direktor des Berliner China-Thinktanks Merics. Auch Deutschland stehe vor der Frage, inwieweit es Innovationen in China befördern will – ähnlich wie die USA. „Wir müssen unsere eigenen roten Linien ziehen und dürfen nicht Getriebene sein, aber wir haben auch Nachholbedarf in diesem Feld.“

Halbherzige Entspannungsversuche

Eigentlich hatte Biden zu Beginn seiner Amtszeit gelobt, den Dialog mit Peking aufrechterhalten zu wollen. Um Fortschritte beim Klimaschutz zu erzielen etwa. Im Oktober trafen sich Biden und Chinas Staatsoberhaupt Xi am Rande des G20-Gipfels.

Das US-Außenministerium gründete kürzlich symbolträchtig ein „China-Haus“, um eine gemeinsame „Vision eines offenen, integrativen internationalen Systems voranzutreiben“. 

Doch der Hegemonialkonflikt lässt sich durch Entspannungsversuche kaum überwinden. Der Präsidentschaftswahlkampf könnte zum Überbietungswettbewerb zwischen Demokraten und Republikanern um die härteste Chinapolitik werden.

Der Chef des Außenausschusses, der Republikaner Michael McCaul, spricht schon von einer „US-Investitionsblockade für ganze Sektoren der chinesischen Technologiewirtschaft“ und nennt unter anderem Quantencomputer und Künstliche Intelligenz als Beispiel.

In Deutschland ist die Bundesregierung mit dem Machtwechsel zur Ampel und spätestens mit dem Ukrainekrieg deutlich kritischer beim Blick auf autoritäre Mächte geworden, insbesondere auf China. Doch die Härte, die Washington an den Tag legt, trifft in Berlin auf Vorhalte.

Am Vorgehen der USA könne man sich wenig abschauen, heißt es in Regierungskreisen. Deutschland müsse gegenüber China dort Härte zeigen, wo es um den Abbau wirtschaftlicher Abhängigkeiten gehe und wo Menschenrechte verletzt würden. An einem machtpolitischen Gebaren, wie es die USA vollführten, habe man aber kein Interesse.

Mehr: Wie abhängig ist die deutsche Wirtschaft tatsächlich von China?



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