Washington, Paris Wenn Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire Washington besuchen, muss jedes Argument sitzen. Denn im Schnitt sind nur 30 Minuten für jeden Gesprächspartner angesetzt.
Doch Habeck und Le Maire sind entschlossen, die Zeit zu nutzen: So wollen Deutschland und Frankreich die USA im Schulterschluss von einer stärkeren Klima-Kooperation überzeugen. Notwendig wird das angesichts der massiven Subventionen für grüne Technologien, die die USA im Rahmen des umstrittenen „Inflation Reduction Act“ in ihre Industrie pumpen. Habeck und Le Maire wollen nun erreichen, dass sich Washington und Brüssel beim Ausbau klimafreundlicher Technologien künftig besser absprechen.
Ziel sei die Einführung eines „Transparenzmechanismus“, um die tatsächlichen Auswirkungen der Subventionen für grüne Technologien und Produkte auf beiden Seiten des Atlantiks vergleichen zu können, hieß es aus französischen Regierungskreisen. Dabei gehe es auch darum, die CO2-Preise im Blick zu behalten und zu schauen, zu welchem Preis grüner Wasserstoff in den USA und in Europa verfügbar sein wird.
Schließlich wolle man für einen „kooperativen Ansatz“ unter Verbündeten werben, hieß es weiter. Habeck begrüßte vor dem Abflug nach Washington, dass die USA „nun mit dem Klimaschutz Ernst machen. Das ist lange erwünscht gewesen, und nun passiert es auch endlich“, sagte der Minister.
In eineinhalb Tagen werden die Minister eine Balance zwischen Forderungen und konstruktiver Zusammenarbeit einhalten müssen. Denn im Mittelpunkt der Reise stehen die Sorgen der Europäer über Amerikas Protektionismus und die Bevorzugung von in Amerika produzierenden Unternehmen.
Habeck und Le Maire werden mit Bidens Topministern zusammentreffen. So wird Habeck am Montag mit Energieministerin Jennifer Granholm sprechen, einer großen Gewinnerin hinsichtlich der Milliardensubventionen in Green Tech. Am Dienstag stehen Gespräche mit Finanzministerin Janet Yellen auf dem Programm, ihre Behörde ist für die Umsetzung des „Inflation Reduction Act“ verantwortlich. Dazu ist ein Treffen mit Wirtschaftsministerin Gina Raimondo geplant, die die Blockaden gegen chinesische Tech-Firmen umsetzt.
Noch offen war ein Termin mit der Handelsbeauftragten Katherine Tai, die als eine Architektin von Bidens „Buy American“-Strategie gilt. Im Weißen Haus sollen Habeck und Le Maire mit Bidens Nationalem Sicherheitsberater Jake Sullivan zusammentreffen, der Protektionismus für zwingend notwendig hält, um Amerikas Mittelklasse zu stärken.
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Zudem wollen sie sich mit Außenminister Antony Blinken austauschen, einem der wichtigsten Vermittler im transatlantischen Verhältnis. Auf dem Programm der Franzosen stand auch ein Treffen mit Joe Manchin, mächtiger demokratischer US-Senator, der die umstrittenen Passagen zur E-Auto-Förderung in den „Inflation Reduction Act“ schreiben ließ.
Dass die Minister der beiden größten EU-Volkswirtschaften gemeinsam anreisen, ist ein Signal für den Ernst der Lage. Besonders umstritten sind die geplanten Anreize der USA zum Kauf von E-Autos. 7500 Dollar pro Fahrzeug gibt es nur dann, wenn die Modelle und Komponenten überwiegend in den USA gefertigt wurden, EU-Hersteller fürchten Benachteiligungen auf dem amerikanischen Markt.
Eine Überarbeitung des Gesetzes durch den US-Kongress gilt als ausgeschlossen, daher setzt die EU ihre größte Hoffnung in die Umsetzung durch Yellens Finanzministerium. Die Behörde hat erste Leitlinien zum „Inflation Reduction Act“ veröffentlicht, bis März sollen sie finalisiert werden.
Eine Kehrtwende wird es laut Biden nicht geben
Doch wie viel können Habeck und Le Maire überhaupt ausrichten? Eine Kehrtwende wird es nicht geben, das machte Biden erst vor wenigen Tagen klar: „Sehen Sie, ich werde international dafür kritisiert, dass ich mich vielleicht zu sehr auf Amerika konzentriere. Zum Teufel damit!“, sagte der Präsident vor Gewerkschaftlern in Virginia. Biden ist im Wahlkampfmodus. Am Dienstag wird er seine jährliche Rede zur Lage der Nation im Kongress halten und auf seine industriepolitischen Erfolge verweisen.
Rund 750.000 Jobs in der Fertigung entstanden seit seinem Amtsantritt. Die US-Regierung will das Land schnell aus der Abhängigkeit von chinesischen Lieferketten und Rohstoffen lösen, gerade im Green-Tech-Bereich. Das Eindringen eines chinesischen Spionageballons in den US-Luftraum hat die Beziehungen zu dem Land weiter verschlechtert.
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Bekommt die EU trotzdem die gewünschten Ausnahmen, werde das Gesetz „fahrlässig interpretiert“, warnt Senator Manchin, und drohe, seine gewünschte Wirkung zu verlieren, nämlich: dass vor allem US-Unternehmen und -Produktion von den Anreizen profitieren.
Die USA waren der EU in einem wichtigen Punkt entgegengekommen. So werden auch elektrische Leasing-Fahrzeuge mit Steuergutschriften subventioniert, was vor allem deutschen Autoherstellern Erleichterung verschafft. Doch die Inhaltsanforderungen für Batterien stehen weiter im Raum.
40 Prozent der kritischen Mineralien einer Batterie sollen in den USA oder in einem Land, mit dem die USA ein Freihandelsabkommen haben, extrahiert, verarbeitet oder recycelt werden, ab 2027 sogar 80 Prozent. Die Hürde „Freihandelsabkommen“ schließt die EU aus – auch wenn das US-Finanzministerium andeutete, die Regierung strebe eine „weitreichende Definition“ an.
In sämtlichen Punkten, so viel zeichnet sich ab, dürfte Washington den Europäern aber nicht entgegenkommen. Im Umfeld von Le Maire wurde darauf verwiesen, dass der Wortlaut des Gesetzes „wenig Spielraum“ für Zugeständnisse lasse.
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