Viele Deutsche machen sich über ihre Einkommensverluste Gedanken, zeigt eine aktuelle Studie.
Berlin Die Deutschen sorgen sich um ihren materiellen Status. Zu diesem Schluss kommt das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) im neuen „Sicherheitsreport 2023“, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.
„Materielle Ängste haben in der Bevölkerung deutlich zugenommen“, konstatiert Renate Köcher, Geschäftsführerin des IfD. 86 Prozent der Deutschen machen sich demnach Sorgen aufgrund der anhaltend hohen Inflation. Knapp mehr als die Hälfte der Bevölkerung fürchtet, dass die Energieversorgung in Deutschland nicht ausreichend gesichert sein könnte.
Die vierzehnte Auflage der Bevölkerungsumfrage, durchgeführt in der Zeit vom 5. bis 18. Januar 2023, zeigt: Die Risikowahrnehmung der Deutschen verlagert sich, und zwar weit weg von der Coronapandemie hin zu außenpolitischen Konflikten und ihren Folgen. 63 Prozent der Bevölkerung fürchten, Deutschland könne in militärische Konflikte hineingezogen werden.
Doch bleibt die größte wahrgenommene Gefahr die Inflation: 67 Prozent der Bevölkerung empfinden sie als persönliche Bedrohung.
Vergangene Krisen hingegen nehmen einen geringeren Stellenwert ein: Naturkatastrophen wie das Ahrtal-Hochwasser im Jahr 2021 nehmen nur 34 Prozent der Befragten als Bedrohung war. Die Sorge, „dass wir die Coronapandemie nicht in den Griff bekommen“, treibt nur 16 Prozent der Bevölkerung um. Rund ein Fünftel fürchtet eine neue Pandemie.
Von einer „Ballung von Krisen“ spricht IfD-Chefin Köcher. Ein Blick in die Zahlen zeigt, wie schnell und bestimmt sich Einstellungen innerhalb der Bevölkerung wandeln können.
Nato und USA: Überraschend große Zustimmung unter Grünen-Wählern
„Was Deutschlands Partner beunruhigen dürfte, sind die Meinungen zur Nato“, sagt Klaus Schweinsberg, Gründer des Centrums für Strategie und Höhere Führung am IfD, das für die Studie verantwortlich ist. 60 Prozent der Bevölkerung lehnen einen potenziellen Nato-Einsatz zur Verteidigung der baltischen Staaten ab oder sind sich unsicher. 40 Prozent der Befragten sprechen sich für eine etwaige Beteiligung Deutschlands aus, vor einem Jahr waren es noch fünf Prozentpunkte weniger.
Abgefragt wurde auch die Parteipräferenz der Teilnehmenden. Dabei sei überraschend, so Schweinsberger, dass sich die Verschiebung in der Nato-Frage „einzig und allein bei den Grünen-Wählern“ zeige. Während beispielsweise bei CDU– und SPD-Anhängern die Zustimmung zum Nato-Einsatz eher nachgelassen habe, sei die Bereitschaft unter den Grünen-Anhängern „deutlich gestiegen“.
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Das Nato-Land USA nehmen Anhänger von Union, SPD, FDP und Grünen geschlossen als verlässlichen Partner wahr. Die meisten Wähler der AfD sehen das anders: 60 Prozent heißen das Bündnis mit den USA nicht gut. Bei den Linken-Anhängern sind es 51 Prozent.
Das bedrohlichste Land ist aus Sicht der meisten Deutschen Russland. 82 Prozent der Bevölkerung nehmen den Staat als „Friedensgefährder“ wahr. Es folgen China und Nordkorea, die die Liste vor Beginn des Ukrainekriegs noch angeführt haben.
Deutsche fordern mehr Geld für Bundeswehr: „Entwicklung, die wir so lange nicht gemessen haben“
Die Deutschen nehmen dem IfD zufolge großen Anteil am Krieg in der Ukraine. „Die große Mehrheit der Deutschen hat das Gefühl, dass der Krieg Deutschland unmittelbar berührt“, sagt Köcher.
Inzwischen fordern 67 Prozent, also zwei Drittel der Bevölkerung, mehr staatliche Investitionen in die Ausstattung der Bundeswehr. Im Jahr 2017 waren es nur 44 Prozent. „Das ist eine Entwicklung, die wir so lange nicht gemessen haben“, erklärt Schweinsberger.
Ein Thema, das kaum als Risiko wahrgenommen wird – und das trotz zunehmender wirtschaftlicher Sorgen rund um Inflation, Einkommensverluste und Altersarmut –, ist die Arbeitslosigkeit: Nur 14 Prozent der Deutschen fühlen sich von ihr bedroht. „Der robuste Arbeitsmarkt ist der Bevölkerung sehr bewusst“, erklärt Köcher. Der Arbeits- und Fachkräftemangel wirke dämpfend auf die Arbeitsplatzsorgen der Deutschen.
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