Feb 7, 2023
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Sicherheit: Möglicher Spähversuch: Wie funktionieren Spionage-Ballons?

Written by Larissa Holzki


Düsseldorf Zwei weiße Ballons aus China haben eine internationale diplomatische Krise ausgelöst. Zwar sind bisher wenig Details bekannt, aber neben dem Ballon über den USA ist inzwischen über Mittelamerika ein zweiter gesichtet worden. Nach dem Abschuss des ersten Ballons vor der Atlantikküste der USA sehen Experten Indizien für einen chinesischen Spionageversuch.

Vor der Bergung steht allerdings weiter Aussage gegen Aussage: Washington wirft Peking vor, US-Militäreinrichtungen ausspionieren zu wollen. Die chinesische Botschaft stellt den Vorfall als verunglücktes Wetter-Forschungsprojekt dar.

Die ersten Daten widersprechen dieser These. 61 Meter hoch soll der erste Ballon gewesen sein, so schwer wie ein kleines Linienflugzeug und unterwegs auf einer Höhe von 60.000 Fuß, also etwa 18.000 Metern.

Ein Sprecher des deutschen Sensorspezialisten und Radarherstellers Hensoldt sagte dem Handelsblatt, Wetterballons bewegten sich auf einer Höhe von 30.000 Metern. Also deutlich höher.

Über die Fähigkeiten des Ballons lässt sich derweil nur mutmaßen. Wonach die USA bei der Bergung suchen dürften, weiß Michael Lauster. Der Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen INT ist Experte für Raumfahrt und den Verteidigungssektor.

„Interessant ist sicher die Energieversorgung“, sagt er. Auf Fotos von dem Ballon sind Solarpanels zu erkennen, die ihn mit Energie versorgt haben könnten.

Lauster hält auch eine Art Steuerung, mit der geeignete Winde ausgenutzt werden können, für denkbar. Zudem gehe es um die „primäre Nutzlast“: Findet die Bergungsmannschaft meteorologische Messtechnik – wie die Chinesen behaupten – oder Radar, Optik und Funkempfänger, die für Spionagezwecke genutzt werden könnten?

Radar, Optik, Funkempfänger: Wonach bei der Bergung des Ballons gesucht wird

US-Darstellungen, nach denen es keineswegs um „ausgeklügelte“ Nutzlast gehe, werden in deutschen Sicherheitskreisen zurückgewiesen. Das seien zum jetzigen Zeitpunkt Spekulationen.

Der Hensoldt-Sprecher geht jedenfalls davon aus, dass ein solcher Ballon „nicht sehr gut zu steuern“ sei, selbst wenn er angetrieben war. Er sei also nicht „zielgenau“.

Fest steht: China hat sich keine größere Mühe gegeben, den Ballon zu verstecken. Laut dem Hensoldt-Sprecher wurden wohl keinerlei Versuche unternommen, das Objekt „stealthy“ zu machen. So werden in der Luft- und Raumfahrt Flugkörper genannt, die von Radaren nicht oder nur schwer zu erkennen sind.

Für umso mehr Verwunderung sorgen Äußerungen des US-Verteidigungsministeriums: Demnach sollen solche Ballons schon mehrfach die USA überquert haben. Allerdings sollen diese Überflüge erst jetzt durch die Nutzung weiterer Quellen festgestellt worden sein, hieß es.

Der Hensoldt-Sprecher hat eine mögliche Erklärung dafür: Zwar sollte der Ballon aufgrund seiner Flughöhe bereits in großer Entfernung auf dem Radarschirm eines Langreichweitenradars auftauchen, sagt er. Einen solchen Radar betreibe das Nordamerikanische Luftverteidigungskommando, NORAD, beispielsweise in Alaska.

Zugleich werde die „Entdeckungswahrscheinlichkeit“ möglicherweise durch die geringe Geschwindigkeit des Ballons eingeschränkt. Um nicht zu viele Falschmeldungen angezeigt zu bekommen, könne in der Software des Radars eine Mindestgeschwindigkeit eingestellt werden, ab der Flugobjekte angezeigt werden. Demnach könnten sich die chinesischen Ballons unbemerkt besonders langsam durch den Luftraum bewegt haben.

Laut dem US-Verteidigungsministerium sollen auch über anderen Kontinenten in den vergangenen Jahren Ballons gesichtet worden sein, darunter in Europa. Ein Sprecher der Luftwaffe sagte gegenüber dem Handelsblatt allerdings: „Natürlich würden wir einen solchen Ballon erkennen, wenn er über Westeuropa fliegen würde.“ In einem gering beflogenen Luftraum über den USA könne das anders sein.

Bilder, Daten, Gespräche – das hätte der Ballon aufnehmen können

Den Spähverdacht nährt, dass Ballons zwar ein unbekanntes, aber keineswegs neues Spionagemittel sind. Bereits im Ersten Weltkrieg seien Ballons genutzt worden, um die feindlichen Kräfte aufzuklären, sagt Michael Lauster. „Meine Vermutung ist, dass fast jede große Kriegsnation schon einmal solche Spionageballons zu unterschiedlichsten Zwecken eingesetzt hat.“

Und für Spionagevorhaben bieten sie durchaus Vorteile: „Ballons fliegen tiefer als Satelliten und langsamer als Flugzeuge. Man kann also Teile der Erdoberfläche länger und intensiver beobachten als mit Flugzeug und Satellit“, sagt Lauster.

>> Lesen Sie jetzt auch: China bemüht sich in der Ballon-Affäre um Deeskalation

Denkbar wäre auch, dass die Chinesen daran interessiert waren, Kommunikation abzuhören. Das wäre technisch ebenfalls möglich. „Im Prinzip benötigen Sie nur einen hinreichend empfindlichen Empfänger, der die richtigen Frequenzen überwacht“, sagt Luftfahrtexperte Lauster. Damit könne alles, was in Form elektromagnetischer Wellen abgestrahlt werde – also Bilder, Daten und Gespräche – aufgenommen werden.

Lauster vermutet, dass das US-Militär den Ballon auch deshalb vor der Küste von South Carolina abgeschossen hat, um möglichst viel Klarheit in der Angelegenheit zu schaffen. Der Abschuss über dem relativ flachen Küstengewässer würde nicht nur Gefahren für Menschen deutlich reduzieren, sondern „gleichzeitig die Chance eröffnen, Trümmerteile zu bergen“.

Er hält es allerdings auch für plausibel, dass sich die Sache im Wortsinne als Testballon herausstellen würde, mit der die Chinesen eine Reaktion der Amerikaner produzieren wollten. Dann würden die Amerikaner nur „Dummies“ aus dem Wasser fischen – also einfache Geräte, die nichts über die technologischen Fähigkeiten der Chinesen verraten.

Ein solcher Fund könnte auch die Gemüter in Lateinamerika beruhigen. Dort schwebte der Ballon über Kolumbien, Venezuela und Costa Rica.

Mehr: „Sie sollen verstehen, was wir erlebt haben“ – USA arbeiten an Bündnis gegen China-Spionage



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