Feb 9, 2023
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Betrugsvorwürfe: Wie Indiens Opposition die Adani-Affäre für sich nutzen will

Written by Mathias Peer

Bangkok Ganze 3570 Kilometer legte Indiens prominentester Oppositioneller Rahul Gandhi auf seinem Protestmarsch quer durch den Subkontinent zurück. Doch das Thema, mit dem er nun versucht, die Regierung von Premierminister Narendra Modi vor sich herzutreiben, fand der 52-Jährige erst bei seiner Rückkehr nach Delhi: die milliardenschwere Affäre um den ehemals reichsten Inder Gautam Adani, der laut Modis Kritikern über Jahre von seiner Nähe zur Regierung profitiert haben soll.

Adanis Konglomerat, das wichtige Teile von Indiens Infrastruktur kontrolliert, steht seit Ende Januar im Zentrum von Betrugsvorwürfen des amerikanischen Investors Hindenburg Research. Als Folge der Anschuldigungen, die Adani bestreitet, stürzte der Börsenwert der Unternehmensgruppe binnen weniger Tage um mehr als 100 Milliarden Dollar ab. Die Ankündigung des Indexanbieters MSCI, Adani-Papiere angesichts des Skandals neu zu bewerten, brachte am Donnerstag einen weiteren Kursrutsch.

Die Opposition um Gandhi, einer der führenden Abgeordneten der Kongresspartei, hofft nun, dass das Börsenbeben auch Indiens Innenpolitik durcheinanderrüttelt: Im Jahr vor der nächsten Parlamentswahl schien eine dritte Modi-Amtszeit noch vor Kurzem so gut wie sicher.

Jetzt glauben die Gegner des Premiers, eine Angriffsfläche gefunden zu haben. Im Parlament hielt Gandhi diese Woche Fotos in Richtung der Kameras, die Modis enge Verbindungen zu Adani belegen sollen. Unter anderem zeigten sie den Regierungschef und den Milliardär bei einer gemeinsamen Flugreise.

Auf seinem langen Marsch sei er immer wieder auf Adani angesprochen worden, sagte Gandhi. „Überall wurde ich gefragt, wie es sein könne, dass Adani in jedem Geschäft erfolgreich ist und wie es sein kann, dass er nie scheitert?“, sagte der Politiker mit Blick auf das Adani-Imperium, das unter anderem von Kohlebergwerken über Flughäfen, Zementhersteller und Rüstungsanbieter reicht. Die wichtigste Frage sei dabei: „Wie ist seine Beziehung zum Premierminister des Landes?“

Modi und Adani: Zwei alte Bekannte

Adani und Modi stammen beide aus dem Bundesstaat Gujarat, in dem Modi 13 Jahre lang die Lokalregierung anführte und Adani den größten Privathafen Indiens aufbaute. Als Modi 2014 mit seiner hindu-nationalistischen Partei BJP die landesweite Parlamentswahl gewann, flog er in einem Privatjet mit der Aufschrift „Adani“ nach Neu-Delhi. Spätestens seitdem gelten Modi und Adani in der Öffentlichkeit als mächtige Verbündete.

Sowohl Regierung als auch Adani bestritten stets, dass es zu irgendeiner Art von Vorzugsbehandlung gekommen sei. Gandhi sprach mit Blick darauf von einer „echten Magie“, die dazu geführt habe, dass es Adani von 2014 bis Anfang dieses Jahres vom 609. Rang in der globalen Reichenliste auf einen Platz unter den Top drei gebracht habe. Er beklagt unter anderem, dass die Regierung Regularien geändert habe, die es anschließend Adani erlaubt hätten, auch ohne einschlägige Erfahrung zu einem der größten Flughafenbetreiber des Landes zu werden.

Narendra Modi

Die Adani-Affäre bedroht die Wiederwahl des indischen Premierministers.



(Foto: Reuters)

Modis Regierungspartei weist die Anschuldigungen vehement zurück. Justizminister Kiren Rijiju warf Gandhi vor, „wilde Behauptungen“ aufzustellen, ohne Belege vorzulegen. Finanzministerin Nirmala Sitharaman sprach von „Unterstellungen“ der Opposition und bekräftigte, dass alle Ausschreibungen ordnungsgemäß verlaufen seien.

Am Mittwoch meldete sich auch Modi selbst im Parlament zu Wort. Die Adani-Affäre sprach er zwar nicht direkt an. Er sagte jedoch, die Millionen von Bauern, Armen und Frauen, die von den Sozialleistungen der Regierung profitiert hätten, würden den „falschen Behauptungen“ der Opposition keinen Glauben schenken.

>> Lesen Sie hier: Die Parallelen der indischen Adani-Affäre zu Wirecard sind verblüffend – ein Kommentar

Tatsächlich dürfte es für die Opposition schwer werden, mit der komplexen Adani-Affäre auf Stimmenfang zu gehen. Die Vorwürfe gegen den Konzern, die sich auf angebliche Kursmanipulation und Bilanzfälschung beziehen, sind weit entfernt von der Lebensrealität vieler Inder. Protestaktionen etwa vor den Büros des staatlichen Versicherungskonzerns LIC, der Milliardensummen in die Adani-Gruppe investiert hat, stießen nur auf verhaltenes Interesse.

MSCI nimmt Adani-Aktien ins Visier

Ändern dürfte sich das höchstens, wenn sich die Krise des Konzerns weiter zuspitzt. Dass die Affäre für Adani bei Weitem noch nicht ausgestanden ist, zeigte am Donnerstag der globale Indexanbieter MSCI: Das Unternehmen kündigte eine Neubewertung der Adani-Papiere in seinen Indizes hinsichtlich des Streubesitzes an. Man habe festgestellt, dass es mit Blick auf bestimmte Anteilseigner Unsicherheiten gebe und diese „nach unserer Methodik nicht mehr als Streubesitz eingestuft werden sollten“, teilte MSCI mit.

Das Unternehmen bezieht sich damit offenbar auf den von Hindenburg Research geäußerten Verdacht, dass Offshore-Gesellschaften genutzt wurden, um den wahren Umfang der Anteile, die sich in Adanis Familienbesitz befinden, zu verschleiern. Dies wurde von Adani dementiert.

Hindenburg-Research-Gründer Nate Anderson schrieb als Reaktion auf die MSCI-Mitteilung auf Twitter: „Wir betrachten dies als Bestätigung unserer Erkenntnisse über das Offshore-Parken von Aktien durch Adani.“

Die MSCI-Entscheidung kann nun dazu führen, dass das Gewicht von Adani-Wertpapieren in MSCI-Indizes verringert wird oder die Papiere komplett herausfallen. Die genauen Auswirkungen will MSCI am späten Donnerstagabend bekannt geben. Änderungen würden sich auch auf Indexfonds auswirken, die womöglich als Konsequenz Adani-Aktien verkaufen müssen.

Nach mehreren Tagen, an denen die Adani-Papiere einen Teil der Verluste wettmachen konnten, sorgte die MSCI-Ankündigung wieder für einen Kurssturz. Die Hauptgesellschaft der Gruppe, Adani Enterprises, verlor um elf Prozent an Wert.

Für schlechte Stimmung unter Adani-Anlegern sorgte auch der französische Energiekonzern Total Energies, der einen milliardenschweren Plan zur Produktion von grünem Wasserstoff mit der Adani-Gruppe auf Eis legte. Die von den beiden Unternehmen im vergangenen Jahr angekündigte Kooperation werde vorerst nicht unterzeichnet, sagte Total-Energies-Chef Patrick Pouyanné. Er wolle erst eine Prüfung der Vorgänge bei dem indischen Partner abwarten.

Mehr: Der 110-Milliarden-Dollar-Crash wird ein Stresstest für Indien





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