Die japanische Wirtschaftskraft liegt weiter unter dem Niveau vor der Corona-Pandemie.
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Tokio Die japanische Wirtschaft hat sich weiterhin nicht vollständig von der Coronapandemie erholt. Im vergangenen Jahr verlangsamte sich das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf 1,1 Prozent, wie die Regierung am Dienstag mitteilte. Im Vorjahr war die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt noch um 2,1 Prozent gewachsen.
Auch das Schlussquartal 2022 verlief unerwartet verhalten. Zwar wuchs das BIP nach einem Minusquartal dank eines besseren Konsums wieder, allerdings nur mit einem Plus von 0,6 Prozent. Ökonomen hatten allgemein mit einem besseren Ergebnis gerechnet. Im Gegensatz zu den USA und anderen Ländern liegt Japans Wirtschaftskraft damit immer noch unter dem Niveau vor der Coronapandemie.
Die Zahlen kommen zu einem wirtschaftspolitisch kritischen Zeitpunkt: Am Dienstag hat Japans Regierungschef Fumio Kishida den Ökonomen Kazuo Ueda offiziell zum neuen Notenbankchef ernannt. Von ihm erwarten die Märkte eine Reform der aggressiven geldpolitischen Lockerung des Amtsinhabers Haruhiko Kuroda, der im April nach zehn Jahren aus dem Amt scheiden wird. Doch Japans langsame Erholung von der Coronakrise schränkt Uedas Handlungsspielraum ein.
Kurodas Geldpolitik war an ihre Grenzen gestoßen. Zu Beginn seiner Amtszeit 2013 weitete er die Käufe japanischer Staatsanleihen drastisch aus. Mit der Geldschwemme wollte er eine Inflation von zwei Prozent erreichen.
2016 senkte Kuroda dann den Leitzins auf minus 0,1 Prozent und führte zudem eine Kontrolle der weiteren Zinskurve ein. So durften zehnjährige japanische Staatsanleihen (JGB) nur noch um 0,25 Prozent um den Nullpunkt schwanken. Doch seit Zentralbanken weltweit im Kampf gegen die Inflation die Zinsen anheben, fiel es der Bank von Japan schwerer, diesen Zinskorridor zu verteidigen.
Inflation von hohen Rohstoffpreisen getrieben
Ende Dezember 2022 gab Kuroda nach und verdoppelte den Zinskorridor auf 0,5 Prozent. Seitdem wetten die Märkte auf zwei Leitzinserhöhungen in diesem Jahr. Doch der neue Notenbankchef Ueda scheint keine drastische Wende zu wollen. Am Freitag bezeichnete der theoretische Vordenker der japanischen Nullzinspolitik Japans lockere Geldpolitik angesichts der wirtschaftlichen Lage als „angemessen“.
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Das Problem für Japans Geldpolitiker ist, dass die Inflation von derzeit rund vier Prozent von höheren Preisen für meist importierte Rohstoffe getrieben wird und nicht wie in anderen Ländern von der Binnennachfrage. Nach Einschätzung von Stefan Angrick, Ökonom bei Moody’s Analytics, ist der nachfragebedingte Preisdruck nach wie vor „extrem gering“.
Für ihn ist es daher schwer vorstellbar, „dass die Bank von Japan unter ihrem neuen Gouverneur eine Straffung der Geldpolitik überstürzt“. Höhere Zinsen könnten die schwache binnenwirtschaftliche Dynamik weiter bremsen.
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Angrick geht aber davon aus, dass die Zentralbank unter neuer Führung Kurodas größte geldpolitische Neuerung, die Kontrolle der Zinskurve, zurückfahren oder ganz aufgeben wird. „Letzteres scheint uns das wahrscheinlichere Szenario zu sein“, sagt Angrick.
Der Grund: Es würde den geldpolitischen Rahmen vereinfachen und der Notenbank „mehr Spielraum“ geben. Die Bank of Japan müsste nicht mehr die Obergrenze des Zinskorridors verteidigen. Die Zeit der JGB-Käufe wäre damit aber nicht vorbei, sagt der Ökonom voraus „Die Bank von Japan würde weiterhin an den Märkten aktiv bleiben und die Aufwärtsdynamik der Anleiherenditen eindämmen.“ Schließlich muss die Notenbank Rücksicht auf Japans Schuldendienst nehmen. Die Staatsverschuldung beträgt mehr als 250 Prozent der Wirtschaftskraft.
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