Feb 15, 2023
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Kommentar: Der EU-Stabilitätspakt muss mit Augenmaß reformiert werden

Written by Jan Hildebrand


Der Euro und die EU

Die Reform der EU-Schuldenregeln ist umstritten, aber unerlässlich.



(Foto: dpa)

Berlin Auch in einem Ausnahmezustand kann man sich bequem einrichten: Seit nunmehr vier Jahren sind die EU-Schuldenregeln ausgesetzt. Zunächst genehmigten sich die europäischen Staaten wegen der Coronapandemie mehr Kredite, als die Maastricht-Grenzen eigentlich erlauben. Dann folgten Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Verwerfungen auf den Energiemärkten, weshalb die Vorgaben auch noch 2023 ausgesetzt bleiben.

Anfang 2024 werden die Schuldenregeln nun wieder in Kraft treten. Eine Mehrheit für eine erneute Aussetzung ist nicht in Sicht – und das ist gut so. Es gibt auch keinen Grund dafür. Die befürchtete Rezession in Europa fällt – Stand jetzt – aus. Die EU-Kommission hat ihre Wachstumsprognosen gerade angehoben.

So richtig es war, die Fiskalregeln in einer wirtschaftlichen Notlage auszusetzen, so notwendig ist es, zur Normalität zurückzukehren. Das gilt für die deutsche Schuldenbremse genauso wie für die Maastricht-Kriterien in Europa. Die Politik wird sich wieder daran gewöhnen müssen, nicht jedes Problem mit neuen Schulden zu lösen.

Eine solche Entwöhnung ist notwendig, aber nicht leicht. Nach den vergangenen Krisen befinden sich die Schuldenstände in vielen Staaten auf Höchstständen. Deshalb stellt sich die Frage, ob die alten Regeln zu diesen neuen Rahmenbedingungen passen. Bei realistischer Betrachtung heißt die Antwort: nur bedingt. Der notwendige Sparkurs wäre politisch nicht umsetzbar und ökonomisch nicht sinnvoll.

>> Lesen Sie hier: Wie Christian Lindner die europäischen Schuldenregeln retten will

Deshalb müssen die EU-Schuldenregeln reformiert werden, bevor sie wieder in Kraft treten. Denn unrealistische Vorgaben, an die sich ohnehin niemand ernsthaft gebunden fühlen würde, brächten auch keinen Stabilitätsgewinn. Also ist eine maßvolle Reform notwendig. Das bedeutet: Die Ziele – beim Defizit drei Prozent der Wirtschaftsleistung, beim Schuldenstand 60 Prozent – sollten bestehen bleiben. Die Gegner führen an, die Grenzen seien willkürlich. Das stimmt, es gilt aber auch für jeden möglichen neuen Wert. Entscheidend aber ist: Wer die Werte einmal anhebt, schafft einen Präzedenzfall. Die Forderung nach der nächsten Aufweichung würde nicht lange auf sich warten lassen, und in der Folge würden die Grenzwerte an die Schuldenstände angepasst und nicht umgekehrt.
Die Zielvorgaben stehen also nicht zur Disposition, sondern werden durch die Reform sogar noch mal neu bestätigt. Bei den Vorgaben, wie schnell sie wieder einzuhalten sind, gibt es aber im Gegenzug mehr Realitätssinn. Wenn eine solche Einigung gelingt, könnte das im besten Fall wieder für mehr Verbindlichkeit der europäischen Schuldenregeln sorgen.

Mehr: Lindner zu Milliardenzuschüssen für Intels Chipwerk: „Wir sind nicht erpressbar.“



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