Berlin Finanzminister Christian Lindner (FDP) lässt eine umfangreiche Reform der Unternehmenssteuern vorbereiten. Für den Entwurf mit dem vorläufigen Titel „Wettbewerbsstärkungsgesetz“ werden derzeit von den Fachleuten im Bundesfinanzministerium verschiedene Maßnahmen erarbeitet, erfuhr das Handelsblatt aus Regierungskreisen. Es gehe um eine deutliche Entlastung für die Wirtschaft.
Ein wichtiger Bestandteil soll demnach eine Investitionsprämie werden. Unternehmen, die in Energieeffizienz und Klimaschutz investieren, werden steuerlich gefördert. SPD, Grünen und FDP haben ein solches Instrument unter dem Schlagwort „Superabschreibung“ im Koalitionsvertrag vereinbart.
Allerdings deutet sich an, dass es technisch doch keine Abschreibung wird, bei der ein Unternehmen Ausgaben vom Gewinn abziehen kann. Stattdessen tendieren die Fachleute nun zu einer steuerlichen Prämie. So wäre sichergestellt, dass auch Unternehmen, die Verlust machen, die Unterstützung bekommen können.
Und noch eine Änderung gegenüber der ursprünglichen Verabredung der Ampelpartner zeichnet sich ab. Im Koalitionsvertrag war vorgesehen, dass bei der Investitionsprämie nicht nur Ausgaben für Klimaschutz berücksichtigt werden, sondern auch für „digitale Wirtschaftsgüter“.
Das stellt sich allerdings als schwer umsetzbar heraus: Einerseits ist es schwierig abzugrenzen, was Ausgaben für Digitalisierung sind und was nicht. Vor allem gibt es aber rechtliche Hürden. Eine staatliche Förderung für den Klimaschutz lässt sich mit dem EU-Beihilferecht leichter vereinbaren als eine für die Digitalisierung.
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Ursprünglich sollte die Investitionsprämie bereits für 2022 gelten, so hatte es die Ampelkoalition vereinbart. Lindner hatte die Maßnahme wegen der Wirtschaftslage verschoben. Nun wird im Finanzministerium erwartet, dass die Prämie zum Beginn des kommenden Jahres startet.
Forschungsförderung soll erweitert werden
Ein zweiter Bestandteil des Wettbewerbsstärkungsgesetzes soll eine bessere Forschungsförderung werden. Nach jahrelangem Drängen der Wirtschaft hatte die Große Koalition im Jahr 2020 die Forschungsförderung eingeführt. Unternehmen haben einen Anspruch auf eine Zulage in Höhe von 25 Prozent ihrer Lohnkosten für Forscher. Gefördert wird auch Auftragsforschung. Die maximale Förderung beträgt aktuell eine Million Euro.
Allerdings wird die Forschungsförderung bisher weniger genutzt als erhofft. Wirtschaftsverbände kritisieren die Regeln als zu kompliziert und die finanzielle Unterstützung als zu gering. Im Finanzministerium wird nun an einer Vereinfachung und Ausweitung gearbeitet. Damit könne sich das Volumen der Forschungsförderung von ursprünglich jährlich veranschlagten rund 1,4 Milliarden Euro verdoppeln, heißt es.
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Dritter Bestandteil des Gesetzespaketes soll die Ausweitung der Verlustverrechnung werden. Dabei können Unternehmen Verluste mit künftigen Gewinnen verrechnen und so die Steuerlast senken. Während der Corona-Pandemie waren diese Regeln bereits großzügiger gestaltet worden.
Unterstützung für Familienunternehmen
Eigentlich dürfen nur bis zu einer Million Euro verrechnet werden. So soll sichergestellt werden, dass ein Unternehmen die aktuellen Gewinne durch alte Verluste nicht zu sehr drücken kann. Die Grenze war während der Corona-Pandemie auf zehn Millionen Euro angehoben worden. Im Finanzministerium wird nun geprüft, ob die Grenze nicht dauerhaft höher als bei einer Million Euro liegen kann.
Zudem will der Finanzminister Gewinne von Personengesellschaften begünstigen, wenn sie nicht an die Firmenbesitzer ausgeschüttet werden, sondern im Unternehmen verbleiben. Personengesellschaften – meist Familienunternehmen – zahlen wie jeder normale Arbeitnehmer Einkommensteuer, während Kapitalgesellschaften Körperschaftsteuer an den Fiskus abführen. Eigentlich sollen beide Unternehmensformen steuerlich gleichbehandelt werden. Doch die Tücken des deutschen Steuerrechts führen dazu, dass Personengesellschaften am Ende steuerlich meist benachteiligt werden.
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Das Kernproblem sind dabei einbehaltene Gewinne. Die steuerlichen Vorschriften dafür sind so komplex, dass viele Unternehmer vor ihnen kapitulieren. Sie wenden dann die Regeln gar nicht an, die ihnen eigentlich Steuererleichterungen bringen sollten und zahlen deshalb am Ende doch höhere Steuern als Kapitalgesellschaften.
Das Bundesfinanzministerium erwägt deshalb, den Grad der Komplexität der Regeln bei einbehaltenen Gewinnen zu reduzieren. Grundsätzlich befürwortet Lindner, den Steuersatz für einbehaltene Gewinne auf 15 Prozent zu senken. Das wäre sie hoch wie die derzeitige Körperschaftsteuer für Kapitalgesellschaften. Steuersatzsenkungen seien allerdings mit den Koalitionspartnern kaum zu machen, fürchtet man im Finanzressort.
Schwierige Verhandlungen in der Ampel erwartet
Wie viel die Entlastungen des Gesetzespakets insgesamt ausmachen werden, ist noch offen. Es dürfte aber auf jeden Fall ein Milliardenbetrag werden. Das genaue Volumen hängt von der Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen ab, über die im Finanzministerium noch beraten wird.
Absehbar ist aber bereits, dass Lindner in der Ampelkoalition viel Überzeugungsarbeit leisten muss. Sozialdemokraten und Grünen sehen größere Entlastungen für Unternehmen skeptisch. Dies gilt umso mehr als der Finanzminister derzeit bei den Etatberatungen viele Wünsche mit Hinweis auf die angespannte Haushaltslage zurückweist.
Mehr: „Wir sind nicht erpressbar“ – Interview mit Finanzminister Lindner
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