Feb 20, 2023
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Zuwanderung: Kommunen fordern Kurswechsel in der Migrationspolitik

Written by Dietmar Neuerer

Berlin Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, hat die Forderung einer Gruppe von Grünen-Politikern nach einem härteren Asylkurs begrüßt. „Wir brauchen eine Wende in der Migrationspolitik, auch um die Akzeptanz in der Gesellschaft zu sichern“, sagte Landsberg dem Handelsblatt. „Dazu gehören ein gutes Integrationskonzept, eine klare Kommunikation auch gegenüber den ankommenden Menschen und eine aktive Mitwirkung der Asylsuchenden.“

Zuvor hatte sich eine Gruppe innerhalb der Grünen angesichts der völlig überlasteten Kommunen für einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik ausgesprochen. Sie nennt sich „Vert Realos“. „Vert“ kommt aus dem Französischen und heißt übersetzt „grün“.

Deutschland könne allein und ohne europäische Zusammenarbeit nicht alle Geflüchteten aufnehmen, betonen die Unterzeichner, darunter Rebecca Harms, die Ex-Fraktionschefin im Europaparlament, und Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. „Wir tragen mit die größte Last in der EU, das sollte aber auch in einem annehmbaren Verhältnis vergleichbarer EU-Mitgliedstaaten stattfinden.“

Landsberg, der Mitglied der CDU ist, betonte, natürlich müsse man Menschen helfen, die verfolgt würden oder aus Kriegsgebieten wie der Ukraine kämen. Das sei aber auch eine europäische Herausforderung. „Es kann nicht sein, dass Deutschland die Hauptlast trägt und die anderen EU-Staaten deutlich weniger Menschen aufnehmen“, sagte der Städtebundchef. Der Grundsatz in Europa müsse lauten: helfen, fair verteilen, aber auch die Außengrenzen wirksam schützen. „Das ist auch für die Akzeptanz in unserer Bevölkerung unverzichtbar.“

Kritik an fehlendem „klaren Integrationskonzept“

Über den Grünen-Vorstoß wird auch in der Ampelkoalition debattiert. Die FDP zeigte sich offen für die Forderungen, die SPD reagierte zurückhaltend. Der Sprecher für Migration und Integration der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Castellucci, sprach von einer „innerparteilichen Angelegenheit“ der Grünen. „Die sollen das gern diskutieren“, sagte Castellucci dem Handelsblatt. „Wenn es dann Anliegen in der Koalition gibt, wird darüber offen gesprochen.“

Geflüchtete aus der Ukraine

Landsberg betonte, natürlich müsse man Menschen helfen, die verfolgt würden oder aus Kriegsgebieten wie der Ukraine kämen.



(Foto: dpa)

Castellucci erinnerte allerdings an die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag. Gemeinsam habe man sich auf einen „Neustart hin zu einer aktiven, gut geregelten und vorausschauenden Migrationspolitik“ verständigt. Deutschland sei „dringend“ auf Einwanderung angewiesen. „Also gilt es, irreguläre Migration zu reduzieren, dafür aber reguläre Migration zu ermöglichen“, betonte der SPD-Politiker.

Die FDP legt wie die Unterzeichner des Grünen-Papiers großen Wert auf eine konsequentere Abschiebung von kriminellen und illegalen Migranten. „Um dafür zu sorgen, dass Migration für Deutschland bewältigbar bleibt, müssen wir irreguläre Migration reduzieren und Rückführungen effektiver durchführen“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Stephan Thomae, dem Handelsblatt. Das müsse noch besser gelingen, als es in der Vergangenheit der Fall war. „Straftäter und Gefährder dürfen kein Schlupfloch finden, sie müssen unser Land umgehend verlassen.“

Für die Akzeptanz der Menschen sei es außerdem „entscheidend, dass wir klare Antworten darauf geben, wie Flüchtlinge und Asylbewerber untergebracht und versorgt werden können, wie ausländische Menschen ohne Bleibeperspektive Deutschland wieder verlassen und vor allem, wie wir die innere Sicherheit garantieren“, sagte Thomae weiter. Und er fügte hinzu: „Wenn es Stimmen bei den Grünen gibt, die über diese Punkte diskutieren wollen, sind wir dafür offen.“

Die Grünen-Gruppe bemängelt in ihrem Papier das Fehlen eines „klaren Integrationskonzepts“. „Die Migrantinnen und Migranten wissen nicht, was von ihnen erwartet wird, und machen sich mit falschen Hoffnungen auf den weiten Weg.“ Es werde kaum zwischen Kriegs-, Asyl- und Wirtschaftsmigranten unterschieden.

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Asylempfänger müssten sich einordnen in die „geschichtlich gewachsene gesellschaftliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland“, lautet eine Forderung. Die Gewährung von Asyl setze auch voraus, dass Asylbewerber beim Aufnahmeverfahren mitwirkten und nicht straffällig würden. „Ansonsten verfällt das Asylrecht und damit das Aufenthaltsrecht, was auch eine (möglichst zügige) Abschiebung nach sich ziehen muss.“

Bundesregierung will Anfang März neues Fachkräfteeinwanderungsgesetz beschließen

Die Grünen-Politiker mahnen ein Einwanderungsgesetz für Wirtschaftsmigranten an. Die Bundesregierung will dazu Anfang März Regelungen beschließen. Ein Referentenentwurf für das geplante neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz sieht vor, mit leichteren Anerkennungen und einer neuen Chancenkarte mehr Arbeitskräfte aus dem Ausland zu gewinnen.

Lehrwerkstatt

Künftig soll es einfacher sein, mehr Arbeitskräfte aus dem Ausland zu gewinnen.



(Foto: dpa)

Innenministerin Nancy Faeser, Arbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hatten Eckpunkte dazu bereits im November vorgestellt, nachdem sie im Kabinett beschlossen worden waren.

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Einer der Unterzeichner des Grünen-Papiers ist Jens Marco Scherf, Landrat im unterfränkischen Miltenberg. Der Auftritt des Grünen-Politikers vor Kurzem in der ZDF-Talkshow von Markus Lanz hatte für Aufsehen gesorgt.

Scherf sagte, Migration in seinem Landkreis sei in großen Teilen gelungen – wenn sie auch in Zukunft gelingen solle, müsse man aber den Mut haben, „Missstände ganz offen anzusprechen“, ohne dass man diffamiert werde, man alle Migranten verunglimpfen.

Am Donnerstag hatten Bund, Länder und Kommunen bei einem Treffen in Berlin eine bessere Abstimmung zur Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen vereinbart. Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, zeigte sich allerdings mit den Ergebnissen in der Summe unzufrieden.

Mehr: So will die EU die Zahl der Abschiebungen steigern



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