Berlin Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und der Ärzteverband Marburger Bund sind sich einig: In Deutschland fehlen 5000 Studienplätze für Nachwuchsmediziner. Das wird den auf dem Land ohnehin schon spürbaren Ärztemangel weiter verschärfen, warnt der Minister.
Schnelle Abhilfe ist jedoch nicht in Sicht. Nur einige Bundesländer bauen das Medizinstudium aus, in der Summe tut sich wenig. Denn ein Medizinstudium ist das teuerste überhaupt: nach Daten des Statistischen Bundesamtes fallen bei den Ländern allein für die laufenden Kosten fast 270.000 Euro pro Studierenden an.
Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) fordert daher von Lauterbach, sich an den Kosten zu beteiligen: „Es gilt: finanzieren, statt fordern“, sagte er dem Handelsblatt.
Bayern bilde schon heute ein Fünftel aller Mediziner aus und schaffe aktuell 2700 neue Plätze. Auch Baden-Württemberg hat etwas aufgestockt, Brandenburg hat die Einrichtung der ersten Medizinfakultät im Land beschlossen.
Die Lücke wäre noch viel größer, würden nicht viele Nachwuchsmediziner, die in Deutschland keinen Platz bekommen, ihre Ausbildung im Ausland auf eigene Kosten realisieren. Nach einer neuen Studie des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) waren zuletzt schätzungsweise rund 8000 deutsche Studierende der Humanmedizin im Ausland eingeschrieben – das sind etwa acht Prozent aller Nachwuchsmediziner. Die Zahl der deutschen Medizin-Studierenden in Österreich ist mittlerweile auf fast 2500 gestiegen. Beliebt sind auch Tschechien, Polen, Litauen, die Schweiz oder die Niederlande.
Hohe Gebühren bei Studium im Ausland fällig
Für die meist in englisch angebotenen internationalen Studiengänge werden jedoch zum Teil sehr hohe Gebühren fällig. Das CHE hat die Daten für insgesamt 66 Hochschulen zusammengetragen.
Demnach reicht die Preisspanne in Europa von 2300 bis zu 27.000 Euro pro Studienjahr. „Bei einer Studiendauer von durchschnittlich sechs Jahren sind das Kosten von bis zu 150.000 Euro allein für Studiengebühren“, bilanziert Gero Federkeil, CHE-Spezialist für internationale Rankings. Zudem weist er auf die je nach Land unterschiedlichen Lebenshaltungskosten hin.
Einzelne Banken haben wegen der steigenden Nachfrage der Medizinstudenten im Ausland bereits bei ihren Studienkrediten die Maximalsumme erhöht. Dass angehende Ärztinnen und Ärzte überhaupt gezwungen sind, im Ausland zu studieren, ist in den Augen der Marburger-Bund-Vorsitzenden Susanne Johna ein Problem – und das nicht nur, weil sie das Studium selbst zahlen.
Es sei auch unklar, „wie viele davon als Absolventen in deutschen Krankenhäusern oder Arztpraxen arbeiten werden“, sagte Johna dem Handelsblatt. Manche würden in anderen Berufsfeldern tätig oder im Ausland bleiben. „Einem solchen Brain Drain können wir am besten entgegenwirken, indem wir ausreichend Studienkapazitäten in Deutschland schaffen.“
Doch selbst das helfe nur mittelfristig, denn es dauere mindestens zwölf Jahre, bis aus Studierenden Fachärzte und Fachärztinnen würden. Eine kurzfristige Lösung sei, Bürokratie abzubauen, damit Ärzte mehr Zeit für die Behandlung der Patienten hätten.
>> Lesen Sie hier: Gesundheitsminister Lauterbach plant höhere Beiträge in der Pflegeversicherung – Entlastung verspricht er allerdings für Eltern
Zwar gibt es laut der Bundesärztekammer heute in Deutschland mehr Ärztinnen und Ärzte als je zuvor – 2021 waren es 416.000 und damit 7000 mehr als im Jahr zuvor. Allerdings werde bald mehr als ein Fünftel in Rente gehen.
„Es ist auf Dauer keine Lösung, sich auf Studienplätze im Ausland zu verlassen“
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, fordert daher, „bei der Nachwuchsförderung schnell und entschlossen“ zu handeln. Den knapp 12.000 Studienanfängerplätzen in Deutschland stehe ein Vielfaches an motivierten und fähigen Bewerbern gegenüber. „Eine moderne Wohlstands-Gesellschaft des langen Lebens, wie die unsere, sollte in der Lage sein, ihre Ärztinnen und Ärzte selbst auszubilden“, sagte Reinhardt. „Es ist auf Dauer keine Lösung, sich auf Studienplätze im Ausland zu verlassen.“
Die meisten internationalen Medizinstudiengänge in Südosteuropa werden in englisch angeboten, deutschsprachige Angebote gibt es etwa in Ungarn und Kroatien. Für die klinische Ausbildung sind dann in höheren Semestern meist Kenntnisse der Landessprache nötig. Die Zulassung für einen Studienplatz erfolgt meist über einen kostenpflichtigen Aufnahmetest.
Oft müssen zudem für die Bewerbung Nachweise über sehr gute Noten in naturwissenschaftlichen Fächern sowie entsprechende Englischkenntnisse erbracht werden. Bafög wird auch für ein Auslandsstudium gezahlt. Der Marktführer bei den Studienkrediten, die bundeseigene KfW, finanziert jedoch kein komplettes Auslandsstudium.
<< Den vollständigen Artikel: Ärztemangel : Länder fordern Beteiligung des Bundes an Medizinerausbildung >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.