Feb 24, 2023
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Ukraine-Krieg: Krieg oder Krise? G20-Staaten streiten über Umgang mit Russland

Written by Jan Hildebrand


Christian Lindner (r.) mit Bundesbankpräsident Joachim Nagel

Der Bundesfinanzminister macht auf dem G20-Treffen in Indien den Krieg in der Ukraine zum Thema.


(Foto: IMAGO/photothek)

Bangalore Die Finanzminister der größten Industrie- und Schwellenländer (G20) ringen um eine gemeinsame Haltung zum Ukrainekrieg. Die Frage, wie deutlich Russland angeprangert werden soll, belastet das G20-Treffen im südindischen Bangalore.

China und Gastgeber Indien sind bei der Kritik zurückhaltender als Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und seine Kollegen aus den westlichen Industriestaaten.

Während sich die Finanzminister und Notenbankchefs der G20-Staaten am Freitag in Bangalore treffen, jährt sich der russische Überfall auf die Ukraine zum ersten Mal. Russland, das zur G20 gehört, ist nur auf Beamtenebene vertreten. Trotzdem war der Krieg wegen des Jahrestages ein bestimmendes Thema.

„Wir sind nun seit einem Jahr Zeuge dieses schrecklichen Krieges“, sagte Lindner. Solange dieser andauere, werde es mit Russland „kein business as usual“ geben. „Das haben wir zum Ausdruck gebracht“, sagte Lindner.

Es sei ein „Tag zum Innehalten“, sagte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel. Ohne den Krieg in der Ukraine hätte man viele andere Themen diskutieren können. Doch so bestimme der russische Angriff erneut ein internationales Treffen.

Gastgeber Indien will das Thema Russland vermeiden

Indien wollte das eigentlich vermeiden. Schon vorher hatten die Gastgeber betont, es solle nicht um Russland gehen, sondern vor allem um die Schwierigkeiten der Schwellenländer. Die Inder sehen ein Teil der Probleme wie hohe Energie- und Nahrungsmittelpreise auch durch die Sanktionen gegen Russland verursacht.

>> Lesen Sie hier: Das verrohte Imperium – Russland ein Jahr nach dem Angriff

Eine solche Darstellung weisen die westlichen Staaten entschieden zurück. „Der Verursacher ist Putin“, sagte Lindner. Das müsse auch in der Abschlusserklärung der G20-Finanzminister klar zum Ausdruck kommen. Derzeit ringen die Unterhändler noch um den Wortlaut des Kommuniqués. Es gab einen Vorstoß, nur von „Krise“ in der Ukraine zu sprechen und nicht von „Krieg“.

Lindner wies solche Ansinnen zurück. Er verwies auf das Kommuniqué der G20-Regierungschefs beim Gipfel im indonesischen Bali im vergangenen Jahr. Dort war Russland wegen des Ukrainekriegs vergleichsweise deutlich kritisiert worden. „Für Deutschland ist es nicht akzeptabel, hinter die Sprache von Bali zurückzufallen“, machte Lindner deutlich.

Auch der französische Finanzminister Bruno Le Maire machte Druck. Niemand solle sich täuschen, sagte Le Maire. Frankreich werde jedem Versuch entgegentreten, das Kommuniqué gegenüber der Erklärung von Bali abzuschwächen. Entweder man bleibe bei der Verurteilung des Krieges, sagte Le Maire, „oder Frankreich wird dem Kommuniqué nicht zustimmen“. Er vertraue auf die indische Präsidentschaft, dass es eine gute G20-Erklärung geben werden.

Lindner konfrontiert russische Beamte mit Krieg in der Ukraine

Der Bundesfinanzminister ist nach eigenen Angaben auch die russische Delegation in der G20-Sitzung hart angegangen. Die russischen Vertreter könnten über technische Finanzfragen sprechen, so Lindner. „Das wird uns aber nicht davon abhalten, dass wir den brutalen Krieg ansprechen“, das habe er den Beamten deutlich gemacht.

Allerdings besteht bei dieser deutlichen Ansprache keine Einigkeit in der G20. Nicht nur Indien oder Südafrika sind zurückhaltender. Vor allem China sieht sich als Verbündeter Russlands. Peking habe eine „eigene Perspektive auf den Krieg in der Ukraine“, sagte Lindner. Diese beinhalte „sehr viel mehr Ambivalenz, als aus unserer Sicht möglich ist“.

Sitzung der G7 Finanzminister und Notenbankgouverneure am Donnerstag

Derzeit wird auch über ein weiteres Hilfsprogramm des Internationalen Währungsfonds (IWF) für die Ukraine verhandelt.


(Foto: IMAGO/photothek)

Wegen der unterschiedlichen Bewertungen des Ukrainekriegs hatten sich die westlichen Industriestaaten (G7) zu einem ungewöhnlichen Schritt entschlossen. Nach einem Treffen veröffentlichten sie am Donnerstag bereits ein eigenes Kommuniqué, in dem sie Russland scharf verurteilten und weitere Unterstützung für die Ukraine ankündigten. Normalerweise tagen die G7-Finanzminister während G20-Treffen nur informell ohne öffentliche Verlautbarungen.

Deutschland fordert andere Staaten zur Finanzhilfe für die Ukraine auf

„Wir bekräftigen unsere unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine und sind uns einig in der Verurteilung des russischen Angriffskriegs“, hieß es in der G7-Erklärung. Es gebe bereits Hilfszusagen für das laufende Jahr von rund 39 Milliarden Dollar. Allerdings soll der Finanzbedarf des Landes mittlerweile bei über 40 Milliarden Dollar liegen, wie es in Regierungskreisen heißt.

>> Lesen Sie hier: Neues Hilfspaket für Ukraine geplant – G7-Staaten mit ungewöhnlichem Schritt

Lindner bestätigte, dass es eine Finanzierungslücke gebe, deren Umfang aber noch nicht feststehe. „Es gibt keine exakte Ziffer“, sagte er.

Derzeit wird auch über ein weiteres Hilfsprogramm des Internationalen Währungsfonds (IWF) verhandelt, es könnte ein Volumen von 15 Milliarden Dollar über vier Jahre haben. Das könnte helfen, den Finanzbedarf zu decken.

Die G7-Staaten haben bereits Unterstützung angekündigt. Die EU-Staaten könnten 18 Milliarden Euro beisteuern. US-Finanzministerin Janet Yellen kündigte weitere zehn Milliarden Dollar an. Japan hat 5,5 Milliarden in Aussicht gestellt. Das Land hat derzeit die Präsidentschaft der G7-Staaten inne.

Lindner sieht nun zuerst andere in der Pflicht. Er habe darauf hingewiesen, dass Deutschland bereits „beachtliche“ Unterstützung leiste und zugesagt habe.

Mehr: Verteidigung Europas –: „Wir dürfen uns nicht in Sicherheit wiegen.“



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