Feb 28, 2023
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Baulandmodernisierungsgesetz: DGB kritisiert in Wohnungsbau-Analyse die Bundesländer scharf

Written by Heike Anger


Baulücke in Stralsund

Um Wohnraum zu schaffen, kann eine Kommune einen Eigentümer verpflichten, sein Grundstück innerhalb einer angemessenen Frist zu bebauen.



(Foto: dpa)

Berlin Deutschland braucht dringend Wohnraum – und damit auch Bauland. Doch viele Bundesländer machen hier keine Fortschritte, auch nicht beim Erhalt von erschwinglichen Wohnungen.

Dabei hat der Bund im Juni 2021 vier Instrumente geschaffen, die es in der Bauplanung leichter machen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Sie werden vielerorts nur einfach nicht genutzt. Das zeigt eine Analyse des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), die dem Handelsblatt exklusiv vorliegt.

Demnach nutzen aktuell nur vier Länder alle Maßnahmen, die das Baulandmodernisierungsgesetz zur Verfügung stellt. Sechs Länder haben nur einige Maßnahmen ergriffen und weitere sechs Länder sind seit der Einführung gänzlich untätig geblieben. Es gebe einen „planungsrechtlichen Flickenteppich“, heißt es in der DGB-Analyse.

Mit der Novelle des Baugesetzbuchs wollte die damalige Große Koalition vor allem erreichen, dass ausreichend Flächen für den Wohnungsbau zur Verfügung stehen. Dazu wurden folgende vier Instrumente für die Kommunen geschaffen:

  • Vorbehalt bei Umwidmung von Miet- zu Eigentumswohnung: Mit dem Umwandlungsvorbehalt soll die Gemeinde verhindern können, dass Mietern günstiger Wohnungen wegen Eigenbedarfs oder aufwendigen Sanierungen gekündigt wird – nur um sie schließlich für deutlich höhere Preise weiterzuvermieten. Ausnahmen gibt es für Wohngebäude von Kleineigentümern.
  • Vorkaufsrecht für die Öffentlichkeit: Die Gemeinde erhält ein besonderes Vorkaufsrecht an unbebauten Grundstücken, wenn diese vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können. Hierbei handelt es sich nicht um das kommunale Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten, das im November 2021 vom Bundesverwaltungsgericht gekippt wurde.
  • Abweichungen vom Bebauungsplan: Mit Zustimmung der Kommune können bei einem Bauvorhaben in Einzelfällen etwa eine höhere Geschosszahl oder mehr Anbauten als bisher bewilligt werden. Eine solche Befreiung von den Festsetzungen muss mit den öffentlichen Belangen vereinbar sein, auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen.
  • Grundstücksbesitzer können zum Bau verpflichtet werden: Die Kommune kann bei Baulücken, untergenutzten Grundstücken oder Brachflächen einen Eigentümer zwingen, sein Grundstück innerhalb einer angemessenen Frist zu bebauen, wenn im Bebauungsplan Wohnnutzungen zugelassen sind. Das soll Bodenspekulationen unterbinden und Bauland mobilisieren.

Alle vier Instrumente dürfen allerdings nur in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt angewendet werden. Das eine Gegend besonders gefährdet ist, kann nur die Landesregierung per Verordnung festgelegen.

Länder als Vetomacht

Der DGB kritisiert, dass die Instrumente in vielen Kommunen gar nicht zur Anwendung kommen. Demnach schöpfen nur Berlin und Hamburg alle Möglichkeiten aus. Niedersachsen und Hessen setzen zwar alle Instrumente ein, aber nicht in allen Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt.

Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein ignorieren den Vorbehalt bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen offenbar.

In den restlichen sechs Bundesländern hat keine Kommune erweiterte Möglichkeiten zur Schaffung oder zum Erhalt bezahlbarer Wohnungen. Dabei gibt es in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen sehr wohl Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt.

>> Lesen Sie hier: Albtraum Neubau – Warum Bauen in Deutschland so mühsam geworden ist

„Es ist völlig unverständlich, dass die Länder je nach Gutdünken quasi als Vetomacht auftreten können und damit die vollständige Anwendung des Gesetzes blockieren“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell dem Handelsblatt. Um der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt effektiv entgegenwirken zu können, „sollten die Kommunen alle Möglichkeiten des Baulandmobilisierungsgesetzes an die Hand bekommen“.

Die Zahlen zeigen jedoch etwas anderes: Bundesweit gibt es knapp 11.000 Kommunen. Die Mietpreisbremse ist laut DGB-Analyse derzeit in 410 Gemeinden wirksam. Nur 73 Gemeinden können einen Genehmigungsvorbehalt gegen die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen aussprechen. Die anderen drei Instrumente können indes in 538 Kommunen angewandt werden.

Der DGB fordert darum eine flächendeckende Einführung der mietrechtlichen und planungsrechtlichen Verschärfungen, um den bestehenden Flickenteppich aufzulösen.

Grafik

Die Ampelregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, das Baugesetzbuch so zu ändern, dass Instrumente „noch effektiver und unkomplizierter“ angewendet werden können. Die entsprechenden Regelungen im Baulandmobilisierungsgesetz würden zudem entfristet werden. Geschehen ist das bislang noch nicht.

Kommunen mit Anwendung überfordert

Der baupolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jan-Marco Luczak, mahnt: „Der alleinige Fokus auf mehr Regulierung führt in die Irre.“ Es gehe nicht so sehr darum, welche Eingriffsmöglichkeiten die Kommunen oder das Land erhielten, sondern darum, den rechtlichen Rahmen ganz auf die Ermöglichung von mehr Wohnungsneubau auszurichten. Bauen müsse digitaler, einfacher und schneller werden.

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Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) sieht vor allem Umsetzungsprobleme: „Es reicht nicht, den Städten und Gemeinden immer neue Instrumente für die Baulandschaffung an die Hand zu geben. Man muss sie auch befähigen, diese anzuwenden“, erklärte Arno Bunzel, Leiter des Forschungsbereichs Stadtentwicklung, Recht und Soziales.

Dies ist laut Difu nicht „trivial“, denn für die Einarbeitung in das neue Recht fehle den Kommunen in der Praxis häufig die Zeit. Das Institut hat nun eine Handreichung mit konkreten Praxisbeispielen zusammengestellt.

So wird zum Beispiel deutlich, dass Kommunen Bauanordnungen überwiegend als Drohkulisse nutzen, um die Eigentümer von einer „kooperativen Zusammenarbeit“ zu überzeugen. Im Klartext: Die Verpflichtung zum Bau von Wohnungen wird selten tatsächlich ausgesprochen.

Mehr: Wie Deutschland zu einem Land der Wohnungseigentümer werden könnte



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Politik

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