Mar 3, 2023
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Interview mit Dirk Messner: „Es sind keine Steuererhöhungen, über die wir hier reden“

Written by Silke Kersting


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Geht der Finanzminister zu lasch mit unserem Steuergeld um?
Die Regierung hat sich ambitionierten Klima- und Umweltschutz vorgenommen. Wie kann man heute, wo es auf breiter Front um Klimaschutz unter hohem Zeitdruck geht, noch Steuerprivilegien auf Diesel, Kerosin oder bei internationalen Flügen haben? Wir fördern in vielen Bereichen Klimaschutzanstrengungen und treten gleichzeitig auf die Bremse. Das ist absurd. Es entstehen unnötige Belastungen für die öffentlichen Haushalte und damit auch für die Bürgerinnen und Bürger, wenn der Staat gleichzeitig ökonomische Anreize für und gegen den Umwelt- und Klimaschutz setzt.

Versteckte Steuererhöhungen im Subventionsabbau?

Die FDP sieht im Subventionsabbau aber versteckte Steuererhöhungen. Und diese seien für Bürger und Wirtschaft im Koalitionsvertrag ausgeschlossen.
Es sind keine Steuererhöhungen, über die wir hier reden.

Pendler

Bei der Pendlerpauschale erkennt das Finanzamt für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte pro tatsächlichem Arbeitstag für jeden Kilometer der einfachen Wegstrecke 30 Cent Entfernungspauschale an. Ab dem 21. Entfernungskilometer gibt es jeweils 35 Cent.


(Foto: AP)

Na ja, das kann man auch anders sehen. Sie schlagen zum Beispiel vor, die steuerliche Privilegierung von Diesel zu reduzieren. Die FDP sieht hier zumindest eine indirekte Steuererhöhung. Und wenn Sie sagen, das Dienstwagenprivileg muss enden, dann bedeutet das ja: Das Leben für Dienstwagennutzer wird teurer.
Das stimmt, aber das Ziel besteht letztlich nur darin, dass der geldwerte Vorteil von Dienstwagen voll versteuert werden muss. Am Ende des Tages geht es darum, die Subventionen zurückzufahren, weil sie sowohl viele Bürgerinnen und Bürger als auch die Umwelt belasten.

Es wird aber nicht jede Einkommensgruppe gleich belastet.
Es sind vor allem Gutverdiener, die von einer ganzen Reihe dieser Subventionen profitieren. Diese soziale Schieflage sollten wir beheben. Übrigens: Es geht nicht um einen nationalen Alleingang. Die G7 haben vereinbart, Subventionen auf fossile Brennstoffe bis 2025 abzubauen. Auf EU-Ebene haben wir das auch vereinbart. Deutschland muss jetzt liefern.

Nun haben wir aber eine Koalition aus drei Parteien, von der jede ihre eigene Klientel bedienen will: die Grünen mit einer ökologischen Transformation, die Liberalen mit niedrigen Steuern und die SPD mit sozialer Gerechtigkeit.
Es wäre sinnvoll, wenn die Ampel gemeinsam Klimaneutralitätsstrategien entwickeln würde, die zugleich die Modernisierung des Staates vorantreiben. Eine solche Modernisierung wünscht sich auch die FDP. Das geht aber nur mit den richtigen marktwirtschaftlichen Instrumenten.

Das heißt?
Künftig sollte die Maxime gelten: Wer das Klima schädigt, muss steuerlich belastet werden, wer sich umweltfreundlich verhält, muss entlastet werden.

Aber nicht alles kann einfach in Berlin entschieden werden. Vieles ist europäisch geregelt.
Deswegen sagen wir: Von den 65 Milliarden Euro an umweltschädlichen Subventionen lässt sich in dieser Legislaturperiode ungefähr die Hälfte abbauen. Die andere Hälfte ist auf europäischer oder internationaler Ebene rechtlich reguliert. Das gilt zum Beispiel für die Mehrwertsteuerbefreiung internationaler Flüge oder die Kerosinbesteuerung.

>> Lesen Sie hier: Warum so wenige deutsche Dienstwagen elektrisch betrieben sind

Welche Subventionen können wir ohne EU in den Blick nehmen?
Wir können zum Beispiel das Dieselprivileg für Pkw, die Pendlerpauschale oder das Dienstwagenprivileg abschaffen.

Immer ist von Abschaffen die Rede. Sind auch Kompromisse denkbar, etwa beim Dienstwagenprivileg?
Unser Vorschlag ist: Je kleiner das Auto ist und je weniger CO2 es ausstößt, desto geringer sollte die Besteuerung der privaten Nutzung des Dienstwagens sein.

Möglicher Kompromiss?

Ihr Kompromiss bei der Pendlerpauschale?
Man sollte sich bei der Pendlerpauschale auf einkommensschwache Menschen konzentrieren, die zugleich lange Anfahrtswege haben. Im Moment geht der Großteil vor allem an Menschen mit höheren Einkommen: Die haben größere Autos, mit hohem Verbrauch. Zudem begünstigt die Pendlerpauschale den Trend, ins Umland zu ziehen, womit wir einen staatlichen Beitrag zu einer noch stärkeren Zersiedelung leisten. Wir brauchen vielmehr Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, damit Busse und Bahn attraktiver werden.

Derzeit ist es so, dass sowohl der Verkehrs- als auch der Gebäudesektor seine Klimaziele nicht erreicht. Bricht die Bundesregierung damit ihr eigenes Klimaschutzgesetz?
Wir müssen ambitionierter werden und in allen Sektoren alles tun, was möglich ist, damit wir es schaffen, bis 2045 nicht mehr Treibhausgasemissionen auszustoßen, als wir binden können.

Bricht der Verkehrsminister das Klimaschutzgesetz?
Wir brauchen mehr Tempo im Verkehrssektor. Ein Programm des Verkehrsministeriums dafür liegt noch nicht vor.

Dann bricht Volker Wissing das Klimaschutzgesetz, warum sagen Sie das nicht?
Herr Wissing erreicht die Ziele nicht. Er sollte Maßnahmen auf den Weg bringen, die uns den Zielen näherbringen.

Mehr: Vorstoß der FDP zur Mehrwertsteuer sorgt für Ärger in der Ampel



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