Berlin, Düsseldorf Schlechte Nachrichten für Mieter: Trotz der deutlich nach unten revidierten Inflationsraten behalten kürzlich erfolgte inflationsbedingte Mieterhöhungen ihre Gültigkeit. Das teilte der Deutsche Mieterbund dem Handelsblatt auf Anfrage mit.
Wurden die Mieterhöhungen vor der Revision der Inflationsraten am 22. Februar angekündigt, gelten demnach die damals offiziellen höheren Inflationsdaten als Grundlage für Mieterhöhungen – auch wenn die Inflation sich im Nachhinein als niedriger herausstellte.
Erst für Mieterhöhungen nach diesem Stichtag oder noch nicht zugestellte Mieterhöhungen gelten die neuen, niedrigeren Werte. „Es ist immer auf das zum Zeitpunkt des Zugangs der Mieterhöhung aktuelle Basisjahr abzustellen“, teilt der Mieterbund mit. Hoffnungen von Mietern, weniger Miete zu zahlen, sind damit zerstoben.
Im Zuge des Ukrainekriegs war die Inflation von 1,0 Prozent im Januar 2021 auf bis zu 10,4 Prozent im Oktober 2022 in die Höhe geschnellt. Das schlug auch auf Indexmietverträge durch, die teils kräftig angehoben wurden.
Vor gut einer Woche stellte jedoch das Statistische Bundesamt seine alle fünf Jahre turnusmäßige Revision des Warenkorbs vor. Mit diesen Anpassungen sollen Änderungen im Konsumverhalten abgebildet und neue Produkte beispielsweise Streamingdienste oder vegane Nahrungsmittel, berücksichtigt werden. Und diese Revision fiel deutlich größer aus als in früheren Jahren.
Der bisherige Rekordwert vom vergangenen Oktober revidierte das Statistische Bundesamt etwa von 10,4 auf nunmehr 8,8 Prozent herunter. Eine mit Bezug auf die Oktoberdaten erfolgte Mieterhöhung wäre also eigentlich deutlich zu hoch.
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Laut Mieterbund ist es aber so, dass der Mieter mit Blick auf seinen Indexmietvertrag nur einen Senkungsanspruch hat, sollte sich der tatsächlich maßgebliche Monatsindex als falsch herausstellen beziehungsweise vom Statistischen Bundesamt falsch veröffentlicht worden sein.
Eine reguläre Revision des Statistischen Bundesamts wie die aktuelle führe aber „zu keiner Änderung“, sagte Mieterbund-Bundesdirektorin Melanie Weber-Moritz dem Handelsblatt. Sie verweist auf ein entsprechendes Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2021, nach dem immer das aktuelle Basisjahr ausschlaggebend sei, das zum Zeitpunkt des Zugangs der Mieterhöhung galt (Aktenzeichen VIII ZR 42/20). „Die Rechtsprechung ist erst einmal so hinzunehmen“, sagte Weber-Moritz.
Indexmietverträge sind in der Koalition umstritten
Eigentlich sollen an die Inflation gekoppelte Indexmieten einen Interessenausgleich zwischen Vermietern und Mietern schaffen und zugleich exorbitante Mietsteigerungen ausschließen. Doch wegen der hohen Inflationsraten gab es nun zuletzt genau das: exorbitante Mieterhöhungen.
Die neu berechnete Inflationsrate dürfte die Debatte um die umstrittenen Indexmietverträge weiter befeuern. Bislang sieht Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) noch keinen unmittelbareren Regulierungsbedarf. Der Deutsche Mieterbund kritisiert dies. Es gebe „leider keine Anzeichen“ des Bundesjustizministers, sich mit dem Thema „Mieterhöhungsobergrenzen für Indexmietverträge“ zu beschäftigen.
Auch innerhalb der Koalition gibt es darüber Ärger. So sagte der baupolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Bernhard Daldrup: „Nachträgliche Korrekturen des Statistischen Bundesamts müssen grundsätzlich den Mietern wieder gutgeschrieben und erstattet werden.“
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Mit Blick auf die neu berechnete Inflationsrate erklärte er: „Dies alles zeigt die Absurdität der Indexmieten auf.“ Hier seien die FDP und der Bundesjustizminister gefordert. Indexmieten hätten dramatische Folgen für Mieterinnen und Mieter. Daldrup forderte: „Es bedarf dringend einer Obergrenze ähnlich der herkömmlichen Kappungsgrenze für Mieterhöhungen.“
Die für Mietrecht zuständige Obfrau der Grünen, Canan Bayram, verwies auf das BGH-Urteil und sagte: „Das Gesetz könnte geändert werden, wenn es dafür eine Mehrheit gibt.“ Der Koalitionsvertrag sehe das aber nicht vor. „Wir diskutieren über Gesetzesanpassungen innerhalb der Koalition“, erklärte die Grünen-Politikerin.
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