WSI-Forscher Bispinck hat nun für einen fiktiven Tarifabschluss, der von Januar 2023 bis Dezember 2024 läuft, berechnet, wie die Prämien wirken. In Variante 1 werden im ersten Jahr 3000 Euro als steuer- und abgabenfreies Inflationsgeld gezahlt, Anfang des zweiten Jahres folgt eine Tarifanhebung um vier Prozent.
Inflationsprämie zahlt sich im ersten Jahr aus
In Variante 2 gibt es kein Inflationsgeld, dafür im ersten und im zweiten Jahr eine Anhebung der Tarifentgelte um jeweils vier Prozent. Für die drei folgenden Jahre nach dem Ende des Tarifvertrags 2025 bis 2027 wird in beiden Varianten gleichermaßen eine Tarifsteigerung von jeweils vier Prozent unterstellt.
Bispinck hat Beispielfälle für vier unterschiedliche Arbeitnehmer durchgerechnet: eine kinderlose Beschäftigte in Steuerklasse 1 mit 36.000 Euro und 48.000 Euro Bruttojahresverdienst, einen Beschäftigten mit Kind in Steuerklasse 3 mit 60.000 Euro Einkommen und einen Beschäftigten mit zwei Kindern in Steuerklasse 4 und 72.000 Euro Jahresverdienst.
Dabei zeigt sich: Im ersten Jahr würden die Beschäftigten in allen vier Fallkonstellationen brutto wie netto von den 3000 Euro Inflationsgeld stärker profitieren als von einer Tarifanhebung um vier Prozent. Die Arbeitnehmerin mit 48.000 Euro Jahreseinkommen hätte netto 1982 Euro mehr in der Tasche als in Variante 2. Ab dem zweiten Jahr schneiden dann aber die Beschäftigten besser ab, die im ersten Jahr statt des Inflationsgelds die vierprozentige Tarifsteigerung erhalten haben.
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Am Beispiel der Arbeitnehmerin mit 48.000 Euro Jahresverdienst lässt sich veranschaulichen, woran das liegt. Im ersten Jahr bekommt sie in der ersten Variante 3000 Euro hinzu, hat also am Jahresende 51.000 Euro verdient. In der zweiten Variante kämen auf ihren Ausgangsverdienst vier Prozent obendrauf, sodass am Ende 49.920 Euro stehen. Brutto macht die Differenz 1080 Euro aus.
Ab dem zweiten Jahr setzten dann aber in Variante 1 mit dem Wegfall des Inflationsgelds alle prozentualen Tarifsteigerungen auf dem Jahresbrutto von 48.000 Euro auf, in Variante 2 dagegen auf dem höheren Brutto von 49.920 Euro. Durch den Zinseszinseffekt wächst der Abstand zwischen beiden Varianten von Jahr zu Jahr.
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Sowohl in der Brutto- als auch in der Nettobetrachtung schneidet Variante 2 über den Zeitraum 2023 bis 2027 deutlich besser ab. Mit Inflationsgeld im ersten Jahr hat die kinderlose Beschäftigte in Steuerklasse 1 mit 48.000 Euro Ende 2027 insgesamt 2371 Euro netto weniger im Portemonnaie als die Kollegin, die von Anfang an von der Prozentsteigerung profitierte. Bei den beiden Beschäftigten mit Kindern und höheren Jahreseinkommen macht die Differenz sogar mehr als 5000 Euro aus.
Für die Beschäftigten sei ein staatlich bezuschusstes Inflationsgeld „auf den ersten Blick ohne Zweifel hochattraktiv“, schreibt Bispinck. Auf die lange Sicht könne sich die Prämie jedoch als „süßes Gift“ entpuppen.
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