Washington Von US-Präsident Joe Biden ist bekannt, dass er persönlichen Austausch für unverzichtbar hält, und auch Bundeskanzler Olaf Scholz gilt als Freund des Vieraugengesprächs. Beide Männer machten am Freitag klar, dass ihr Treffen im Weißen Haus kein Pflichtbesuch, sondern ein Symbol sei für ihre enge Partnerschaft.
„Ich möchte dir danken, Olaf, für deine starke und beständige Führung. Das meine ich Ernst. Es hat einen himmelweiten Unterschied gemacht“, sagte Biden über Deutschlands Rolle in der Verteidigung der Ukraine. Und auch Scholz verteilte viel Lob. „Die transatlantischen Beziehungen, insbesondere die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland, sind so gut wie seit vielen Jahren nicht mehr“, sagte er. Das habe man Biden zu verdanken.
Die Verbindung beider Männer wurde in einer globalen Krise stark, und in vielerlei Hinsicht ist der Ukraine-Krieg das prägendste Ereignis ihrer Amtszeiten. Denn als Scholz vereidigt wurde, war die Welt noch eine andere. Wenige Monate später, im Februar 2022, marschierte Russland in die Ukraine ein.
Auch auf Biden, dem erfahrenen Transatlantiker, hat der Krieg einen immensen Einfluss. Er baute die USA wieder zum militärischen Anführer des Westens auf, nachdem dieser Ruf unter seinem Vorgänger Donald Trump stark gelitten hatte.
Mit „kaum einem Politiker“ habe Biden im vergangenen Jahr häufiger gesprochen als mit Scholz, sagte eine hochrangiger Regierungsbeamter im Vorfeld der Reise. Das Wort „Vertrauen“ fällt in Gesprächen auf beiden Seiten des Atlantiks sehr häufig.
Doch die gegenseitige Bestärkung der transatlantischen Allianz kommt in einer kritischen Phase des Angriffskriegs. Mehr als ein Jahr nach der Invasion ist kein Ende in Sicht. Beide Staatenlenker versuchen deshalb, Signale der Geschlossenheit zu senden.
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Es sei „sehr wichtig, dass wir die Botschaft vermitteln“, dass die Unterstützung für die Ukraine „so lange wie nötig“ weiterlaufe. Das sagte Scholz auf Englisch zu Biden, als dieser ihm im Oval Office des Weißen Hauses empfing. „So lange wie nötig“, das hatte auch der US-Präsident versprochen, als er vergangene Woche Kiew und Warschau besuchte.
Parallel zum Scholz-Besuch kündigten die USA ein neues Hilfspaket für die Ukraine an – mehr als hundert Milliarden US-Dollar hat die Biden-Regierung insgesamt für den Ukraine-Krieg genehmigt. Deutschland ist mit 15 Milliarden US-Dollar der größte Geldgeber für die Ukraine innerhalb der EU. Die Reise folgt auf den Beginn gemeinsamer Panzer-Lieferungen an die Ukraine.
USA prüfen gemeinsame Sanktionen gegen China
Wie lange sich Deutschland auf den Löwenanteil aus den USA verlassen kann, ist jedoch unklar – bereits im Sommer könnte der Geldfluss aus Washington in Gefahr sein. Denn jedes neue Hilfspaket muss durch den US-Kongress, der seit den Zwischenwahlen im November gespalten ist. Im Senat halten die Demokraten ihre Mehrheit, aber im Repräsentantenhaus dominieren die Republikaner mit wenigen Sitzen Vorsprung, von denen einige mit einer Blockade drohen.
Neue Instabilität droht wegen der undurchsichtigen Kooperation zwischen Peking und Moskau: Die US-Regierung warnt vor potenziellen Waffenlieferungen Chinas an Russland für den Ukraine-Krieg – und erhöht nun offenbar den Druck auf Verbündete, sich möglichen Sanktionen gegen China anzuschließen. US-Medienberichten zufolge versuchen die USA internationale Unterstützer für Sanktionen gegen China zu gewinnen, darunter auch die EU.
In der Bundesregierung hat man Hoffnung, diesen Schritt vermeiden zu können – indem man China präventiv davon abhält, militärisch mit Russland zu kooperieren. Denn solche Sanktionen mit europäischer Beteiligung wären angesichts der starken wirtschaftlichen Verflechtung Deutschlands mit China äußerst heikel.
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John Kirby, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus bestätigte die Überlegungen der US-Regierung am Freitag. „Wir haben immer gegenüber Peking deutlich gemacht, dass es im Fall von Waffenlieferungen Konsequenzen geben wird. Sanktionen sind eine Möglichkeit. Diese Werkzeuge stehen nicht nur uns, sondern auch unseren Verbündeten und Partnern zur Verfügung“.
Bislang haben die USA keine Beweise für eine Waffen-Kooperation zwischen Peking und Moskau vorgelegt. Bei einem Treffen zwischen Biden und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird das Thema sicher eine Rolle spielen. Das Weiße Haus teilte mit, Biden werde „unsere gemeinsame Arbeit zur Bewältigung der Herausforderungen mit der Volksrepublik China“ gegenüber von der Leyen erörtern.
Einigung beim Batteriestreit zeichnet sich ab
In diese komplizierte Gemengelage fällt der Streit um das amerikanische Subventionsprogramm für grüne Technologien, dem Inflation Reduction Act, kurz IRA.
Mit dem milliardenschweren IRA will die USA hunderte Milliarden Dollar in die Förderung klimafreundlicher Technologien investieren, die Subventionen sind mit einer Reihe von protektionistischen Regeln verbunden. Eine davon betrifft die Herkunft der Rohstoffe, die in den Batterien verbaut werden. Dadurch werden europäische Hersteller von den Subventionen ausgeschlossen.
In Europa ist die Sorge groß, dass die Subventionen zu einem Wettbewerbsnachteil für die eigene Industrie werden. Das könnte dem Plan im Weg stehen, eigene Batteriefabriken aufzubauen. Die jüngsten Spannungen zwischen den USA und China erhöhen dazu den Druck auf die US-Regierung, ihre Lieferketten nach dem „Made in American“ Prinzip auszurichten – und stehen breiten Zugeständnissen an die Europäer im Weg.
Immerhin deutet sich bei der besonders kontroversen Batterieproduktion ein Entgegenkommen der Amerikaner an. Die US-Regierung hatte kurz vor dem Scholz-Besuch ein Konzept für eine transatlantische Rohstoffpartnerschaft vorgelegt. Europäische Batteriehersteller hoffen auf diese Weise doch noch von den US-Subventionen profitieren zu können.
Am Donnerstag hatte sich US-Finanzministerin Janet Yellen mit dem Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Valdis Dombrovskis, virtuell beraten. Dombrovskis war danach optimistisch, dass die USA „der EU einen privilegierten Status bei Rohstoffen sichern“, twitterte er. Am Freitag sagte ein EU-Beamter in Washington, die Einigung für die Rohstoffpartnerschaft könne bereits nächste Woche vorliegen – rechtzeitig zum Besuch von der Leyens.
Gleichzeitig knüpfte die US-Regierung aber neue Erwartungen an die Europäer, die mit eigenen Subventionen Zukunftstechnologien aufbauen sollten. „Wir hoffen, dass andere Länder dem Beispiel der USA folgen und ihre eigenen Gesetze beschließen“, sagte der hochrangige Regierungsbeamte.
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