Mar 7, 2023
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Ukraine: „Jeder Korrupte soll sich fürchten“ – Ukraine ernennt neuen Chef der Antikorruptionsbehörde

Written by Ivo Mijnssen


Semjon Krziwonos

Der neue Nabu-Direktor muss nun beweisen, dass er trotz der politischen Nähe selbstständig agieren kann.


(Foto: Interfax Ukraine)

Wien Mit fast einem Jahr Verzögerung hat die Regierung einen neuen Direktor für das Nationale Antikorruptionsbüro der Ukraine (Nabu) ernannt. Der Ministerrat wählte am Montag in der letzten Runde des Verfahrens Semjon Kriwonos aus drei Kandidaten aus. Der Jurist aus Mariupol wird in Zukunft die wichtigste unabhängige Behörde im Kampf gegen Bereicherung und Bestechung anführen.

Die Partei von Präsident Wolodimir Selenski will damit der eigenen Bevölkerung und den ausländischen Partnern zeigen, dass die Behörde entschieden gegen Korruption vorgeht. Mitten im Krieg gegen Russland hatten in den vergangenen Wochen einige Korruptionsaffären für Aufsehen gesorgt. Einige hohe Funktionäre haben daraufhin ihre Posten aufgegeben.

Besonders die EU, die vorwiegend zivile Hilfe im Umfang von Dutzenden Milliarden Euro leistet, machte Druck. Die Ernennung eines neuen Nabu-Direktors bis April stellte eine von sieben faktischen Bedingungen für die Aufnahme von Beitrittsgesprächen dar.

Sie hoffe, damit bereits in diesem Jahr beginnen zu können, meinte vergangene Woche die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, bei ihrem Besuch in Kiew. Ministerpräsident Denis Schmihal unterstrich am Montag die ukrainische Erwartungshaltung: „Nun haben wir unsere Zielstrebigkeit in der Frage der europäischen Integration unter Beweis gestellt.“

Die Ernennung eines neuen obersten Korruptionsjägers ist umso wichtiger, da dies Selenskis Wahlversprechen unterstreicht. Er gewann 2019 zwar die Wahl mit dem Versprechen, die Oligarchen zu entmachten, ging dabei aber stets selektiv vor. Mit der Tradition, Korruptionsbekämpfung als Waffe gegen politische Gegner einzusetzen, brach auch Selenski nicht.

Rolle des Nabu

Umso bedeutsamer ist die Rolle des Nabu. Die Behörde wurde 2014 nur deshalb gegründet, weil die westlichen Unterstützer die Gewährung der Visafreiheit und von Krediten daran knüpften. Artjom Sitnik, der langjährige Direktor, galt mit seinem Team von mehreren Hundert Ermittlern als äußerst unbequem.

Wolodimir Selenski

Die Partei von Präsident Wolodimir Selenski will mit Kriwonos Ernennung’ der eigenen Bevölkerung und den ausländischen Partnern zeigen, dass die Behörde entschieden gegen Korruption vorgeht.


(Foto: IMAGO/APAimages)

Es waren primär prorussische Kräfte, die ihn auszubremsen versuchten, vor allem über ihre Machtbasis im Verfassungsgericht. Allerdings sorgten auch Selenski nahestehende Kreise dafür, dass den Korruptionsjägern heikle Verfahren entzogen wurden, etwa gegen einen wichtigen Präsidentenberater.

Dass die Neubestellung des Direktorenpostens nach dem Ablauf von Sitniks Mandat im April 2022 so lange dauerte, war denn auch nicht nur eine Folge des Krieges, sondern auch der Verzögerungstaktik der Regierung.

>> Lesen Sie hier: Warum ist Bachmut für die Russen und die Ukrainer so wichtig?

Angesichts der vielen ausländischen Hilfsgelder, die ins Land strömen, ist eine unabhängige Behörde zur Stärkung der Transparenz jedoch unabdingbar. Die erfolgreiche Durchführung eines offenen und relativ sauberen Auswahlverfahrens stellt somit einen Fortschritt dar.

Vorwürfe aus Kiew

Unumstritten ist Semjon Kriwonos dennoch nicht. Der 40-Jährige machte sich zwar in den Jahren nach der demokratischen Revolution von 2014 einen Namen als Reformer. So führte Kriwonos als stellvertretender Leiter der Finanzverwaltung von Odessa ein transparenteres Verfahren bei der korrupten Zollbehörde im dortigen Hafen ein.

2016 bewarb er sich um die Leitung des Nabu-Büros von Odessa. Doch während des Verfahrens tauchten in den Medien Bestechungsvorwürfe gegen ihn im Zusammenhang mit einem Landgeschäft bei Kiew auf. Diese ließen sich juristisch zwar nicht erhärten, und auch der damalige oberste Korruptionsjäger Sitnik erklärte sie für haltlos. Dennoch zog Kriwonos seine Bewerbung zurück, „um dieses junge und so notwendige Organ nicht zu beschädigen“, wie er erklärte.

Zuletzt arbeitete Kriwonos als Leiter der staatlichen Inspektionsbehörde für Stadtbau. In dieser ebenfalls korruptionsanfälligen Abteilung erstellte er in Zusammenarbeit mit Sitnik ein Memorandum zur besseren Prüfung der Tätigkeiten von Beamten. Er half dem Nabu auch, einen Unternehmer zu verhaften, als ihm dieser Schmiergeld anbot.

Kriwonos‘ Frau arbeitete laut Medienberichten bis vor Kurzem eng mit einem Vertrauten von Andri Jermak zusammen, dem Leiter von Selenskis Präsidialamt. Dessen Unterstützung dürfte bei der Wahl Kriwonos‘ ein wichtiger Faktor gewesen sein.

So berichtet das Handelsblatt über den Ukraine-Krieg:

Der neue Nabu-Direktor muss deshalb nun beweisen, dass er trotz der politischen Nähe selbstständig agieren kann. Die richtigen Worte hat er auf jeden Fall bereits gefunden: Kriwonos will die Unabhängigkeit der Korruptionsjäger stärken und ihre Zahl erhöhen. „Jeder Korrupte soll sich bereits vor seinem Gesetzesbruch vor Gott, dem ukrainischen Volk und dem Nationalen Antikorruptionsbüro fürchten“, schrieb er nach seiner Wahl.

Mehr: Verpassen Sie keine Entwicklung im Ukrainekrieg – Alles Neue in unserem Newsblog



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