Berlin, Brüssel EU-Kommission und Bundesverkehrsministerium geben sich optimistisch, dass die neu begonnenen Gespräche über das Verbrenner-Aus zu einem belastbaren Ergebnis führen. In Brüssel hat Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans die Verhandlungen übernommen. Nach Informationen des Handelsblatts aus Regierungskreisen telefonierte er auch persönlich mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), der eine Verabschiedung des Gesetzes verhindert hatte.
Ziel ist es, eine Definition für klimaneutrale Pkw zu finden, die sich nicht nur an den Abgasen orientiert. So berichtet es auch „Politico“. Um das im Parlament bereits beschlossene Gesetz zu den Flottengrenzwerten nicht noch einmal ändern zu müssen, würde diese Definition wohl an anderer Stelle festgeschrieben.
Damit würde es weiterhin möglich sein, Autos mit Verbrennungsmotoren zuzulassen, wenn diese nur so viel CO2 ausstoßen, wie bei der Produktion des Kraftstoffs der Luft entzogen wurde.
Mit dieser Lösung würde sich die FDP durchsetzen, die im vergangenen Jahr einen interpretationsbedürftigen „Erwägungsgrund“ in das entsprechende Gesetz verhandelt hatte. Dort ist von Fahrzeugen „außerhalb der Flottengrenzwerte“ die Rede, worunter vor allem Krankenwagen und Feuerwehrfahrzeuge fallen. Nun sollen alle Pkw eingeschlossen sein.
Deutschland wolle es nicht hinnehmen, dass einfach über den Erwägungsgrund hinweggegangen werde, hieß es in Berliner Regierungskreisen. Vielmehr sei er die Basis dafür gewesen, dass es im vergangenen Jahr eine Mehrheit für das faktische Aus klassischer Verbrennungsmotoren gegeben habe. Nun sei es an Timmermans klarzustellen, wie er den Einsatz von E-Fuels bei Autos und leichten Nutzfahrzeugen gemäß dem Erwägungsgrund konkret prüfen wolle.
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Die EU-Kommission hatte zwar offiziell immer erklärt, etwas vorlegen zu wollen. Gleichzeitig hatte Timmermans aber erkennen lassen, dass er für den Verbrenner-Pkw keine Zukunft sieht, auch nicht, wenn er mit klimaneutralen E-Fuels betrieben werde. Das sei nicht klug gewesen, heißt es nun in Brüssel.
Dabei wird auf ein Interview verwiesen, das Timmermans Mitte Februar der „Bild am Sonntag“ gab. „Wir dürfen unsere Autoindustrie nicht zwingen, gleichzeitig verschiedene Technologien zu entwickeln. Dann wird ja alles teurer“, hatte er dort gesagt. Und dann: „USA und China machen auch keine E-Fuels – die sind doch nicht blöd.“
Tschechien und Ungarn stellen Abstimmung infrage
Dieser Streit könnte nun also gelöst werden. Doch möglicherweise hat die Bundesregierung eine Dynamik ausgelöst, die sich schwer stoppen lässt.
Ein Vertreter Ungarns sagte dem Handelsblatt, auch seine Regierung prüfe nun, welche Position den nationalen Interessen am besten dienen würde. Die Autoindustrie leiste einen bedeutenden Beitrag zur ungarischen Wirtschaftsleistung, eine große Zahl an Arbeitnehmern sei betroffen. Ungarn hatte wie Deutschland dem Verbrenner-Aus schon zugestimmt.
Genau beobachtet wird in Berlin nun auch ein Treffen, zu dem die tschechische Regierung Verkehrsminister aus rund der Hälfte der 27 EU-Staaten nach Brüssel eingeladen hat, darunter Deutschland. Dort soll es vor allem um die geplante Abgasnorm Euro 7 gehen und um die Zukunft von Verbrennungsmotoren in Lkw.
Diskutiert werde wohl aber auch über den Einsatz von E-Fuels in Pkw, heißt es in Berlin. Der tschechische Verkehrsminister hatte sich vergangene Woche der Position der deutschen FDP angeschlossen.
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Auf die Eckpunkte für das Gesetz zum CO2-Ausstoß von Pkw, die sogenannten Flottengrenzwerte, hatten sich die EU-Staaten im Oktober 2022 im Rahmen eines großen Verhandlungspakets verständigt. Gleichzeitig wurde zum Beispiel darüber entschieden, wie die Milliardeneinnahmen aus dem europäischen Emissionshandel verteilt werden. So konnten auch jene Länder zustimmen, in denen besonders viele Teile für Verbrennungsmotoren produziert werden, also etwa Tschechien, die Slowakei und Ungarn.
Autoindustrie wehrt sich gegen strenge Abgasnorm Euro 7
Nun wird das Thema verquickt mit den Verhandlungen um die Abgasnorm Euro 7, die den Schadstoffausstoß von Verbrennungsmotoren weiter begrenzen soll. Wie es in deutschen Regierungskreisen hieß, hänge „alles mit allem zusammen“.
Bevor nicht die Frage geklärt sei, ob E-Fuels künftig möglich sein werden, gebe es auch keine deutsche Haltung zum Vorschlag zur Abgasnorm. Sollten nach 2035 neue Verbrennungsmotoren möglich sein, dann spreche dies für strengere Abgasregeln als vorgesehen.
Die Autoindustrie versucht, die vorgeschlagene Norm deutlich abzumildern. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor allem Verschärfungen in extremen Fahrsituationen vor, etwa beim Anfahren bei sehr niedrigen Temperaturen. Das stellt die Industrie vor Herausforderungen, die sie insbesondere dann nicht für angemessen hält, wenn neue Verbrennungsmotoren in Pkw ab 2035 ohnehin verboten sind.
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