Mar 15, 2023
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Nationale Wasserstrategie: Kommunen warnen vor Konflikten wegen Wasserknappheit

Written by Silke Kersting


Berlin Der Deutsche Städte- und Gemeindebund dringt für den Fall von Wasserknappheit in Deutschland auf eine Priorisierung bei der Verteilung von Wasser. „Gerade mit Blick auf zunehmende Hitze- und Dürreperioden müssen Bund, Länder und Kommunen gemeinsam klare Leitlinien für den Umgang mit Wasserknappheit entwickeln“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem Handelsblatt. Vor diesem Hintergrund sei die „Nationale Wasserstrategie“ zu begrüßen.

Aus Sicht Landsbergs müssen mögliche Interessenkonflikte bei der Wasserversorgung „im Sinne einer eindeutigen Priorisierung der Wassernutzung gelöst werden“. Er betonte: „Wo nicht genug Wasser für alle Abnehmer wie Landwirtschaft oder Industrie vorhanden ist, muss die öffentliche Wasserversorgung stets Vorrang haben.“

Die Bundesregierung will an diesem Mittwoch im Kabinett die Wasserstrategie auf den Weg bringen. Kernziele sind die Sicherung der Trinkwasserversorgung und der Schutz des Grundwassers im Kontext des Klimawandels. Erste Pläne dafür wurden bereits in der vergangenen Legislaturperiode entworfen – aus gutem Grund.

Die letzten Dürresommer in Deutschland hatten gravierende Auswirkungen auf die Wälder, die Landwirtschaft und die Biodiversität. Auch die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal vor knapp zwei Jahren schreckte die Politik auf. „Diese Extreme drohen als Folge der Klimakrise zu einer neuen Normalität zu werden“, heißt es im Bundesumweltministerium von Ressortchefin Steffi Lemke (Grüne). Gleichzeitig stehe die Wasserwirtschaft in Deutschland vor großen Herausforderungen.

Diese sollen nun mit der ersten Nationalen Wasserstrategie angegangen werden. Demnach soll die Wasserwirtschaft bis zum Jahr 2050 an die sich verändernden klimatischen Bedingungen angepasst und ein naturnaher Wasserhaushalt wiederhergestellt werden. Angestrebt wird ein „nachhaltiges Wassermanagement“ mit einem Mix aus rechtlichen Regelungen, staatlicher Förderung, Wissensaufbau und Dialog.

Wirtschaft und Landwirtschaft müssen sich auf höhere Kosten einstellen

Landsberg hält ein „aktives Wassermanagement“ für notwendig. Dazu müssten das Wassersparen, die Wasserrückhaltung, eine verstärkte Brauchwassernutzung und auch wassersparende Beregnungstechniken in der Landwirtschaft gehören. „Gerade die Landwirtschaft ist gefordert, schon beim Anbau auf Pflanzen zu setzen, die mit weniger Wasser auskommen“, sagte der Städtebundchef.

„Je nach Region werden wir auch zusätzliche Verbundnetze und Fernleitungen benötigen, um regionale Unterschiede bei der Wasserverfügbarkeit auszugleichen“, sagte Landsberg weiter. Er gab aber zu bedenken, dass Fernwasserleitungen beispielsweise mit einer Länge von über 100 Kilometern nicht in ein, zwei Jahren gebaut werden könnten.

„Wir brauchen deshalb auch ein Investitionsbeschleunigungsgesetz für die kommunale Wasserwirtschaft“, so Landsberg. Die für den Bau von Flüssiggasterminals geschaffenen „Beschleunigungsregeln“ sollten hier als positives Beispiel dienen.

Mit Verbundnetzen und Fernleitungen Wasser aus nassen Regionen Deutschlands in trockene Gegenden zu bringen ist auch ein Ziel von Umweltministerin Lemke. Die Grünen-Politikerin sagte der Nachrichtenagentur dpa, die vergangenen Dürrejahre hätten deutliche Spuren in Wäldern, Seen und Flüssen sowie in der Landwirtschaft hinterlassen. Daher werde man gemeinsam mit den Ländern evaluieren, wie regionale Unterschiede in der Wasserverfügbarkeit am besten ausgeglichen werden könnten.

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Mit Verweis auf die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal kündigte Lemke an, Kommunen und Länder sollten künftig gesetzlich verpflichtet werden, Gefahren- und Risikokarten für Starkregen zu erstellen und bei der Bebauungsplanung zu berücksichtigen.

Zum Schutz der Bevölkerung vor Extremereignissen wie Dürren oder Hochwasser müsse die Wasserinfrastruktur modernisiert werden, heißt es in der Wasserstrategie. Das erfordere „erhebliche Investitionen“, nicht nur ins Leitungsnetz, sondern auch in den Küstenschutz oder die Stadtplanung. Auf die Wirtschaft und die Landwirtschaft dürften mittelfristig höhere Kosten zum Schutz der Wasserressourcen zukommen.

Kommunen fordern von Bund und Ländern finanzielle Unterstützung

Landsberg legte Wert auf die Feststellung, dass die „Anpassung an die Folgewirkungen des Klimawandels“ nicht nur eine kommunale Aufgabe sei. „Bund und Länder sind daher langfristig gefordert, die kommunale Wasserwirtschaft bei diesen wichtigen Infrastrukturaufgaben finanziell zu unterstützen“, sagte er.

Der Städtebundchef hält zudem wie Lemke Maßnahmen gegen die Verschmutzung der Gewässer durch Pestizide, Mikroplastik oder Rückstände von Medikamenten für geboten. Anstatt Abwassergebühren nur den Haushalten aufzuerlegen, braucht es laut der Strategie in Zukunft eine „faire Kostenverteilung“.

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Um das zu erreichen, will die Ministerin die angestrebte EU-Regelung zur erweiterten Herstellerverantwortung unterstützen und schnellstmöglich einführen. Danach gilt: Wer wasserschädliche Produkte oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt, muss auch verstärkt zur Beseitigung von Schäden in den Gewässern beitragen.

Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) erklärte dazu: „Das Prinzip eines produktbezogenen Umweltschutzes ist im europäischen Abfallrecht etabliert, eine erweiterte Herstellerverantwortung auch im Wasserrecht einzuführen ist nur folgerichtig.“ Damit würden erstmals die Verursacher von Schadstoffeinträgen in die Pflicht genommen.

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Landsberg sagte dazu, das Prinzip der Herstellerverantwortung müsse sowohl im europäischen als auch im nationalen Wasserrecht „zeitnah“ umgesetzt werden. „Einträge von wassergefährdenden Stoffen in die Gewässer beziehungsweise in das Abwasser müssen möglichst an der Quelle vermieden werden.“ Wo dies nicht möglich sei, müssten die Hersteller bestimmter Stoffgruppen wie zum Beispiel Mikroplastik „die vollen Kosten der Abwasserreinigung für eine vierte Reinigungsstufe tragen“.

Das lehnt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ab. „Für den Eintrag von Spurenstoffen in Gewässer sind verschiedene Verursacher verantwortlich, wie Hersteller, Handel, private und gewerbsmäßige Verbraucher und Landwirtschaft“, erklärte der Verband auf Nachfrage. „Eine einseitige finanzielle Belastung nur der Hersteller zur Konkretisierung des Verursacherprinzips ist aus Sicht der deutschen Industrie nicht sachgerecht.“

Das Abwasser wird zwar heute schon über moderne Kläranlagen gereinigt, doch es verbleiben Mikroschadstoffe in dem gereinigten Wasser. Deswegen fordert die EU-Kommission den Ausbau von Kläranlagen mit einer sogenannten vierten Reinigungsstufe, um möglichst viele dieser Schadstoffe herauszufiltern.

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