Berlin Das Bundeswirtschaftsministerium warnt vor den Folgen eines möglichen Ausschlusses bestimmter chinesischer Komponenten aus dem deutschen 5G-Mobilfunknetz. „Sofern umfangreiche Umrüstungen aufgrund getroffener Untersagungen oder Anordnungen erforderlich werden, ist von erheblichen Auswirkungen auf den Betrieb der Mobilfunknetze und die Erfüllung von Versorgungsauflagen auszugehen“, schreibt das Ministerium in einem Bericht an den Wirtschaftsausschuss im Bundestag. Das Dokument liegt dem Handelsblatt vor.
Die Versorgungsauflagen waren den Netzbetreibern bei der Vergabe der 5G-Frequenzen 2019 auferlegt worden. Telekom, Vodafone und Telefónica müssen seither Funklöcher schließen und etwa auch entlang von Bundesautobahnen, den wichtigsten Bundesstraßen und Schienenwegen schnelles Internet bereitstellen. Dieser Ausbau könnte sich bei einer angeordneten Umrüstung verzögern. 5G bezeichnet den neuesten Mobilfunkstandard.
Anlass für den Bericht des Wirtschaftsministeriums ist eine vom Bundesinnenministerium (BMI) vor Kurzem eingeleitete Prüfung aller kritischen – also sicherheitsrelevanten – Teile der chinesischen Anbieter Huawei und ZTE, die schon im Netz verbaut sind.
Darüber hat das Ministerium die Netzbetreiber schriftlich informiert. In dem Schreiben hält das Ministerium eine Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und der Sicherheit in Deutschland durch die Komponenten der beiden chinesischen Hersteller für möglich. Die Befürchtung ist, dass China sich Zugriff auf wichtige Infrastruktur verschaffen könnte.
Bisher bezog sich die Prüfpflicht nur auf kritische Teile, die neu eingebaut werden. Der Wirtschaftsausschuss forderte deshalb eine Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums „zu dem angeblich geplanten Verbot von Huawei– und ZTE- Komponenten im deutschen Mobilfunknetz“ an.
Dass sich das Ministerium kritisch zu dem Vorgang äußert, ist insofern bemerkenswert, als Ressortchef Robert Habeck (Grüne) prinzipiell einen Ausschluss bestimmter chinesischer Komponenten aus dem 5G-Netz befürwortet. Europa solle im Bereich der kritischen Infrastruktur stärker auf eigene Technik setzen, erklärte der Vizekanzler jüngst bei der Eröffnung der internationalen Handwerksmesse in München. Zu den möglichen Folgen der BMI-Prüfung für den Mobilfunkausbau äußerte sich Habecks Ministerium nur vage.
Auch Auswirkungen auf andere Bereiche der deutschen Wirtschaft denkbar
Dies lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt „nicht verlässlich abschätzen“, heißt es in dem Bericht. Die Auswirkungen hingen von der konkreten Anordnung des Innenministeriums sowie Nebenbestimmungen ab, etwa zu Übergangsfristen für den Austausch von Komponenten.
Das Wirtschaftsministerium äußerte die Erwartung, dass die etwaigen Auswirkungen einer Untersagung im Einzelfall geprüft würden.
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Der Bericht an den Ausschuss legt überdies nahe, dass in Habecks Ministerium offenbar die Sorge vor weiteren negativen wirtschaftlichen Folgen besteht, sollte das Innenministerium am Ende des Prüfverfahrens eine Entscheidung gegen Huawei und ZTE treffen. So ist davon die Rede, dass Komponenten chinesischer Hersteller „in zahlreichen Sektoren“ eingesetzt würden. „Die Auswirkungen auf andere Bereiche der deutschen Wirtschaft können aktuell nicht verlässlich abgeschätzt werden.“
Ein Sprecher des Innenministeriums erklärte jüngst, die Prüfung richte sich nicht gegen bestimmte Anbieter. Es gehe darum, die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern zu verringern. Zuvor hatte eine mit der Angelegenheit vertraute Person dem Handelsblatt erklärt, dass die Regierung ihre Sicherheitsprüfungen so verschärfen könnte, dass dies zum Ausschluss bestimmter chinesischer Komponenten aus dem 5G-Netz führen könne.
Geprüft werden soll dies nun auf Grundlage der 2021 geänderten Gesetze in den Kern- und Zugangsnetzen. Dabei geht es auch um die Frage, ob Telekommunikationsfirmen sicherheitsrelevante Bauteile von Firmen einbauen können, die unter direkter oder indirekter Kontrolle durch eine ausländische Regierung stehen.
Wegen ihrer Nähe zur Regierung in Peking stehen chinesische Firmen wie Huawei in zahlreichen Staaten seit Langem unter verschärfter Beobachtung. Die Sorge ist, dass China direkt oder indirekt Zugriff auf Daten der Mobilfunknutzer erhalten könnte.
Dazu stand das Innenministerium am Mittwoch dem Digitalausschuss Rede und Antwort. Das Ministerium erklärte demnach, dass die Komponenten chinesischer Anbieter daraufhin geprüft würden, wie sicherheitsrelevant sie seien. Dazu gehöre etwa die Frage, ob die Software zur Steuerung einer Mobilfunkanlage aus China heraus abgeschaltet oder abgehört werden könne.
Das Ministerium habe nicht erklären wollen, warum es sich für diese Prüfung entschieden habe, sagte der Digitalpolitiker Reinhard Brandl (CSU). Es sei der Eindruck entstanden, dass die Entscheidung nicht mit den anderen beteiligten Ministerien und dem Kanzleramt abgestimmt sei. „Ich glaube nicht, dass es zum Verbot kommen wird“, so Brandl.
Die USA hatten allerdings Huawei und ZTE bereits 2020 als Gefahr für die nationale Sicherheit eingestuft und die Beschränkungen für US-Lieferungen an Huawei vor einigen Wochen noch einmal verschärft.
Andere Länder in Europa sind strenger als Deutschland
Die Bundesregierung hatte 2021 zwar hohe Hürden für die Zulassung von Firmen als Lieferanten für den Aufbau moderner 5G-Mobilfunknetze erlassen. Sie verzichtete aber auf ein explizites Verbot von Bauteilen von Huawei oder ZTE. Hintergrund sind nach Angaben aus Regierungskreisen rechtliche Probleme beim Ausschluss einzelner Firmen und die Furcht vor chinesischen Gegenmaßnahmen.
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Andere Länder in Europa sind strenger: Schweden etwa hat seinen Mobilfunkfirmen auferlegt, bis zum 1. Januar 2025 chinesische Komponenten aus ihren Netzen zu entfernen. In Großbritannien sollen bis zum Ende dieses Jahres Huawei-Bauteile aus den Kernnetzen verschwinden.
In Frankreich sollen Mobilfunker Lizenzen für Ausrüstung, die Huawei-Komponenten beinhaltet, nicht erneuern können, was einem Verbot gleichkommt.
In Regierungskreisen in Berlin hieß es, dass man noch nicht genau sagen könne, welche Komponenten des 5G-Netzes betroffen seien. Ein Sprecher des Innenministeriums betonte aber, dass man bei einem Ausbau nicht mit Entschädigungen für die betroffenen Mobilfunkfirmen rechne. Dies sehe das geltende Gesetz nicht vor.
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