Berlin Nicht mutig genug, nicht schnell genug, nicht tiefgreifend genug: Auf diese Formel lässt sich das globale Engagement gegen den Klimaschutz bringen. „Dieser Synthesebericht unterstreicht die Dringlichkeit ehrgeizigerer Maßnahmen“, sagte der Vorsitzende des Weltklimarats, Hoesung Lee, anlässlich der Vorstellung des neuen Berichts des Weltklimarats (IPCC) an diesem Montag in Interlaken.
Der sogenannte Synthesebericht des sechsten Sachstandsberichts des IPPC fasst den Stand der Wissenschaft der vergangenen Jahre zusammen. Der letzte Synthesebericht war 2018 erschienen. Schon damals wies das Gremium auf die große Herausforderung hin, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius im vorindustriellen Vergleich zu begrenzen.
Auf diesen Wert hat sich die internationale Staatengemeinschaft geeinigt. Er gilt als Grenze dafür, die Auswirkungen des Klimawandels auf ein gerade noch erträgliches Ausmaß eindämmen zu können. Die bisherige Erderwärmung beziffern die Wissenschaftler mit 1,1 Grad Celsius. Schon das habe zu häufigeren und intensiveren Extremwetterereignissen geführt, heißt es.
Fünf Jahre später ist die Herausforderung, die Erderwärmung abzubremsen, noch größer geworden. Die Treibhausgasemissionen weltweit steigen. Tempo und Umfang der bisherigen Maßnahmen sowie die aktuellen Pläne der Regierungen seien unzureichend, um den Klimawandel zu bekämpfen, so die aktuelle Bilanz des Gremiums.
Matthias Garschagen ist Klimaforscher der Ludwig-Maximilians-Universität in München und Mitglied des Kernautorenteams des aktuellen Berichts. Die Risiken, die mit den Klimaveränderungen einhergingen, seien größer geworden als noch vor einigen Jahren gedacht, sagte der Wissenschaftler am Montag. Das habe damit zu tun, dass heute besser bekannt sei, „wie sensibel die Systeme reagieren und sich verschiedene Risiken hochschaukeln“. Er hoffe, „dass der Bericht dazu beiträgt, dass wir mutiger, schneller und tiefgreifender vorankommen“, sagte der Wissenschaftler am Montag.
Entscheidendes Jahrzehnt hat begonnen
Der Bericht macht erneut klar, dass das entscheidende Jahrzehnt gestartet ist, um den menschgemachten Klimawandel aufzuhalten. Die Entscheidungen in den nächsten Jahren spielten eine ausschlaggebende Rolle für unsere Zukunft und die der kommenden Generationen, heißt es in dem Bericht.
Nach derzeitiger Einschätzung der Wissenschaftler ist es wahrscheinlich, dass die 1,5-Grad-Grenze bereits vor 2040 überschritten wird. Schon allein die prognostizierten CO2-Emissionen aus der bestehenden Infrastruktur für fossile Brennstoffe seien höher als es eine Erderwärmung von 1,5 Grad erlauben würde. Erforderlich sei eine „sofortige Verringerung der Treibhausgasemissionen in allen Sektoren in diesem Jahrzehnt“.
>> Lesen Sie hier auch: Dürresommer und Mikroplastik – Wie die Regierung das Wasser in Deutschland schützen will
Bei einer Überschreitung der 1,5-Grad-Grenze müssen die Staaten später nicht nur eine ausgeglichene Treibhausgasbilanz vorlegen, sondern die Anstrengungen erhöhen, klimaschädliche CO2-Emissionen auszugleichen. Doch selbst eine zeitweilige Überschreitung bringe „nachteilige, zum Teil unumkehrbare Auswirkungen und zusätzliche Risiken“ für die Gesellschaft. „Das Zeitfenster schließt sich rapide“, so Klimaforscher Garschagen.
Oliver Geden, ebenfalls Mitglied des Kernautorenteams des Syntheseberichts, sagte: „Wir müssen anfangen, uns mit einer Welt jenseits von 1,5 Grad zu beschäftigen.“
Die Wissenschaftler kritisieren zudem die zur Verfügung stehenden Finanzmittel. Beschleunigte Klimaschutzmaßnahmen würden nur bei einer „vielfachen Erhöhung der Finanzmittel“ möglich sein, heißt es. Die Regierungen seien „der Schlüssel“ für sinkende Emissionen. Sie könnten „klare Signale“ an Investoren senden. Aber auch Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden könnten ihren Teil zur notwendigen Transformation der Wirtschaft beitragen.
Mehr: Die Klimakrise könnte Deutschland 900 Milliarden Euro kosten
<< Den vollständigen Artikel: Erderwärmung: Bericht des Weltklimarats: Bis 2040 könnte das 1,5-Grad-Ziel überschritten werden >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.