Mar 21, 2023
69 Views
Comments Off on EU-Sanierungspflicht: Was das neue Gesetz für Eigentümer und Mieter bedeutet
0 0

EU-Sanierungspflicht: Was das neue Gesetz für Eigentümer und Mieter bedeutet

Written by Christoph Herwartz

Brüssel, Berlin Die EU ist in der letzten Verhandlungsphase für ein Gesetz, das die Effizienz von Gebäuden erhöhen soll. Die Bürger sollen durch die Isolierung ihrer Wohnungen den Wärmeverlust und damit auch den Energieverbrauch senken.

Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, dass Wohngebäude bis 2030 auf den Energieeffizienzstandard F und bis 2033 auf den Standard G gebracht werden. Diese Standards werden möglicherweise noch angepasst. Dadurch könnten Häuser, die jetzt nur den Standard F erreichen, eine Klasse höher rutschen und aus der Sanierungspflicht rausfallen. 

Das Europaparlament plant schärfere Vorgaben. Der Rat der EU-Mitgliedstaaten lehnt die Mindeststandards ab. Nun müssen sich Kommission, Parlament und Mitgliedstaaten auf einen Kompromiss verständigen. In dem Gesetz soll es auch Mindeststandards für Neubauten und Bürogebäude geben.

Wie viele Häuser sind betroffen?

Die EU-Richtlinie zielt darauf ab, dass die Gebäude der zwei schlechtesten Energieeffizienzklassen sanierungspflichtig sein sollen, wobei die Mitgliedstaaten Ausnahmen definieren können. Insgesamt fallen dann mindestens 23 Prozent des Gebäudebestands unter die Sanierungspflicht, was in Deutschland laut Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) etwa 4,5 Millionen Häuser wären.

Wärmedämmung an einer Fassade

Die EU-Staaten können den Plänen nach Ausnahmen bei der Sanierungspflicht festlegen.


(Foto: imago stock&people)

Welche Häuser genau betroffen sind, lässt sich auch im aktuell gültigen Energieausweis noch nicht ablesen. Denn möglicherweise werden die Effizienzklassen neu sortiert. Darüber wird gerade in der EU verhandelt. In jedem Fall soll es besondere Regelungen für Gebäude unter Denkmalschutz und Ferienhäuser geben.

Wie lässt sich die Energieeffizienz eines Hauses verbessern?

Typische Möglichkeiten, ein Haus zu modernisieren, sind der Austausch von Fenstern und Türen, das Dämmen des Daches sowie die Isolierung der Kellerdecke und der Außenwände. „In der Regel reicht eine dieser Maßnahmen aus, um die Qualität eines Hauses um eine Energieeffizienzklasse zu steigern“, sagt Patrick Biegon vom VZBV.

Wie teuer ist das?

Laut Biegon kostet eine der Maßnahmen für ein Ein- oder Zweifamilienhaus in der Regel zwischen 10.000 und 20.000 Euro. Die Kellerdecke zu dämmen ist in der Regel deutlich günstiger. Allerdings gibt es große individuelle Unterschiede. So kann es teurer sein, geschützte Häuser denkmalgerecht zu sanieren.

Laut VZBV lohnt sich die umfassende, tiefe energetische Sanierung in fast allen Fällen nach spätestens 20 Jahren, einzelne Maßnahmen lohnen sich bereits früher.

>> Lesen Sie hier: Wärmepumpe statt Ölheizung? Was Immobilienbesitzer jetzt beachten müssen

Hilft es auch, die Heizung auszutauschen?

In der Regel ist das allein nicht die Lösung. Von einer alten auf eine neue Gasheizung zu wechseln verbessert die Energieeffizienz eines Hauses nur wenig.

Lohnender ist der Umstieg auf Fernwärme oder eine Wärmepumpe. Fernwärme ist allerdings nicht überall verfügbar, und Wärmepumpen arbeiten in schlecht gedämmten Häusern weniger effizient. Fachleute raten, Sanierung und Heizungstausch zusammen zu planen, wenn eines von beiden ansteht.

Fernheizungsrohre vor der Verlegung

Ein Heizungswechsel sollte nach Einschätzung von Fachleuten mit anderen Sanierungsmaßnahmen kombiniert werden.


(Foto: IMAGO/imagebroker)

Lohnt sich eine Komplettsanierung?

Der VZBV empfiehlt, nach Möglichkeit direkt viele Sanierungsmaßnahmen auf einmal durchführen zu lassen. Dann können die Kosten auch um die 100.000 Euro betragen. Allerdings fällt typischerweise rund die Hälfte dieser Kosten ohnehin an, wenn ein Haus erhalten werden soll, etwa indem das Dach neu gedeckt oder die Fassade neu verputzt wird.

Der Verband verweist auf die gesparten Energiekosten, die bessere Lebensqualität in sanierten Häusern und die Wertsteigerung der Immobilie. Eine Pflicht zur Komplettsanierung ist nicht geplant.

>> Lesen Sie hier: Drohendes Verbot sorgt für Boom bei Öl- und Gasheizungen

Was ist bei Mehrfamilienhäusern anders?

Laut VZBV sind die meisten Mehrfamilienhäuser gut genug isoliert und werden darum nicht unter die Sanierungspflicht fallen. Bei den restlichen Mehrfamilienhäusern werden die Maßnahmen demnach eher günstiger als bei Ein- und Zweifamilienhäusern. Der Grund: Durch das bessere Verhältnis von Außenfläche zu Wohnfläche sind die Modernisierungskosten pro Quadratmeter meistens geringer.

Welche Zuschüsse gibt es?

Die Regierung fördert Einzelmaßnahmen an der Gebäudehülle mit 15 Prozent der Investitionssumme. Nach den EU-Vorgaben wird sich am bisherigen Fördersystem etwas ändern müssen.

Das Gesetz soll vorschreiben, dass die Mitgliedstaaten Hausbesitzer mit geringem Einkommen und Vermögen besonders fördern, möglicherweise mit bis zu 100 Prozent. Dafür stellt die EU den Mitgliedstaaten auch Geld bereit. Für unsanierte Gebäude, die bis 1957 gebaut wurden, und für Gebäude der Klasse H gibt es schon jetzt höhere Zuschüsse.

Wer zahlt für gemietete Wohnungen und Häuser?

Die Pflicht zur Sanierung trifft den Hauseigentümer. Er kann nach einer Sanierung die Miete um acht Prozent der Investitionssumme erhöhen und dadurch nach einigen Jahren mehr Geld einnehmen, als er investiert hat. Die Mieter sparen dabei Heizkosten – möglicherweise aber nicht so viel, wie sie an zusätzlicher Miete zahlen müssen.

>> Lesen Sie hier: Neue Heizung, Dämmung, Fenster: Welche Kosten Mieter mittragen müssen

Kann man sich der Sanierungspflicht verweigern?

Das EU-Gesetz sieht Sanktionen bisher nicht vor. Die Mitgliedstaaten könnten aber welche definieren. „Natürlich wird niemand aus seinem Haus geschmissen, nur weil die Sanierungsvorgabe nicht erfüllt ist“, sagt Kassem Taher Saleh, der das Thema für die Grünen im Bundestag betreut. „Wir wollen die Hausbesitzer so früh wie möglich abholen. Das geht mit einer frühzeitigen Informationskampagne, einem realistischen Sanierungsfahrplan und angemessener finanzieller Unterstützung.“

Was passiert mit Hausbesitzern, die sich die Sanierung nicht leisten können?

Die EU sieht vor, dass die Mitgliedstaaten Härtefallregelungen schaffen. Darin ließe sich festlegen, dass Menschen mit geringem Einkommen, ältere Menschen oder Häuser mit geringem Wert ausgenommen sind.

Was die Bundesregierung dazu plant, ist noch unklar. Für Saleh steht fest, dass Menschen mit niedrigen Einkommen unter der Sanierung nicht leiden, sondern von ihr profitieren sollen. „Wenn die Sanierungspflicht kommt, dann muss die finanzielle Belastung unbedingt zu einem großen Teil durch Förderung abgefedert werden“, sagt er.

Mehr: EU-Parlament plant strengere Sanierungspflicht für Immobilien



<< Den vollständigen Artikel: EU-Sanierungspflicht: Was das neue Gesetz für Eigentümer und Mieter bedeutet >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.

Article Categories:
Politik

Comments are closed.