Berlin Der Sanktionspakt der Deutschen Telekom mit dem chinesischen Technologiekonzern Huawei ruft die Bundesregierung auf den Plan. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte bei einem Besuch in Washington an, die Vorgänge prüfen zu wollen. „Das klingt nicht gut“, sagte sie dem Handelsblatt.
Die Telekom und Huawei hatten 2019 einen Vertrag geschlossen, um „ein potenzielles Versorgungsrisiko in Bezug auf Huawei-Produkte zu verhindern, die Komponenten aus den USA enthalten“, wie das Handelsblatt am Mittwoch enthüllte. Politiker sehen darin den Versuch, US-Sanktionen zu umgehen. Die Kritik daran ist heftig – auch in den USA.
Der US-Senator Marco Rubio nannte den Pakt „besorgniserregend“ und stellte klar, dass das Agieren der Telekom „Konsequenzen haben“ sollte. „Deutschland und die dort tätigen Unternehmen sollten mit uns zusammenarbeiten und nicht einem gegnerischen Regime helfen, die internationale Sicherheit zu untergraben“, sagte Rubio dem Handelsblatt.
Für Rubio, der als einflussreiche Stimme in der Republikanischen Partei gilt, ist Huawei eine „unter der Anweisung der Kommunistischen Partei Chinas stehende“ Firma – eine Anspielung auf die Sicherheitsgesetze der Volksrepublik, die Unternehmen zwingen, mit den Staatsorganen zu kooperieren.
Huawei betont, höchste Sicherheitsstandards zu erfüllen. Doch die USA betrachten chinesische Technologiefirmen als Bedrohung ihrer nationalen Sicherheit, entsprechend scharf fällt die Reaktion aus. Gefährlich ist das für die Telekom vor allem deshalb, weil über 60 Prozent ihres Umsatzes vom US-Geschäft abhängen. Die Kooperation mit Huawei könnte den Ruf des Konzerns in den USA nun nachhaltig beschädigen.
Aufsichtsrat hielt sich bisher offenbar zurück
Im Aufsichtsrat der Telekom waren die engen Bande zu Huawei zuletzt indes kaum Thema, heißt es in Konzernkreisen. Die jüngste Ankündigung des Bundesinnenministeriums, gegen chinesische Komponenten in den Mobilfunknetzen vorgehen zu wollen, nahm man dort gelassen zur Kenntnis. In der Bonner Konzernzentrale rechnete man bislang weder mit Problemen in den USA, noch erwartete man, dass Deutschland auf den harten Anti-Huawei-Kurs der Amerikaner einschwenkt.
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Dieses Kalkül beruht offenbar vor allem auf Erfahrungen mit der Kanzlerpartei SPD, die in der vergangenen Legislaturperiode noch äußerst konziliant agiert hatte. Führende Regierungsvertreter räumten seinerzeit klar ein, dass sie kein Problem damit hätten, wenn die Telekom in großem Stil bei Huawei einkaufe.
Der heutige Kanzler Olaf Scholz hatte als Finanzminister mit Rolf Bösinger einen engen Vertrauten in den Telekom-Aufsichtsrat entsandt. Von den Räten kamen zwar hin und wieder kritische Fragen zur Gefahr einer einseitigen Abhängigkeit, heißt es, auch die Resilienz der Notfallpläne wurde geprüft. Im Grunde war sich das Gremium jedoch einig darin, dass man die Netze der Zukunft gemeinsam mit den Chinesen bauen wolle.
Ärger droht aus Brüssel und Berlin
Auch Bösingers Nachfolgerin Katja Hessel (FDP) ist in Sachen Huawei bislang eher durch Zurückhaltung aufgefallen. Falls es wirklich Bestrebungen der Bundesregierung geben sollte, die Telekom unabhängiger von chinesischer Technik zu machen, waren diese im Aufsichtsrat bislang offenbar nicht zu hören. Eine Anfrage des Handelsblatts an Hessel blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Die deutschen Mobilfunkanbieter müssen die Zusammenarbeit mit Huawei zurückfahren. Reinhard Houben, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion
Reinhard Houben, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, äußerte Verständnis für den Sanktionspakt und die Entscheidungen des Telekom-Vorstands. „2019 war eine andere Zeit“, so Houben. Inzwischen habe sich die Lage verändert: „Die deutschen Mobilfunkanbieter müssen die Zusammenarbeit mit Huawei zurückfahren“, sagte er. Dieser Schritt müsse aber klug organisiert werden.
Dem Vorstand muss spätestens jetzt klar sein, dass ein Weiter-so katastrophale finanzielle Auswirkungen haben kann. Jens Zimmermann, SPD-Digitalpolitiker
In Brüssel löste das Arrangement Empörung aus. „Mit einem solchen Deal gefährdet das Unternehmen seine Zukunft am US-Markt und schadet darüber hinaus elementaren deutschen Interessen“, sagte Reinhard Bütikofer, Grünen-Abgeordneter im EU-Parlament. Auch im Bundestag droht der Telekom Ärger. „Dem Vorstand muss spätestens jetzt klar sein, dass ein Weiter-so katastrophale finanzielle Auswirkungen haben kann“, mahnte SPD-Digitalpolitiker Jens Zimmermann.
Die SPD-Fraktion habe sich immer für Augenmaß und einen zeitlich gestreckten Übergang zu anderen Tech-Anbietern ausgesprochen. Die Republikaner in den USA „werden nicht so nachgiebig sein“. Der CDU-Politiker Norbert Röttgen, der seit Jahren vor einer Abhängigkeit von China warnt, forderte die Bundesregierung auf, ihren Einfluss auf die Telekom geltend zu machen.
Der Konzern befindet sich zu etwa 30 Prozent in Staatsbesitz. Man müsse von den Vertretern des Bundes im Aufsichtsrat erwarten können, „dass sie bei allen Entscheidungen die nationalen Sicherheitsinteressen Deutschlands mitdenken“, betonte Röttgen. Der Vizechef der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, teilt die Kritik aus den USA. „Wir leben in einer Zeit, die konsequentes, wertegebundenes Handeln zwingend erfordert – und zwar politisch wie wirtschaftlich“, sagte der Vorsitzende des Geheimdienst-Kontrollgremiums im Bundestag.
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