Berlin Der Vizepräsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Sinan Selen, hat sich besorgt über die Verbindungen der Deutschen Telekom und der Deutschen Bahn (DB) zum chinesischen Tech-Anbieter Huawei geäußert. „Natürlich haben wir da ein Problem, ein Störgefühl“, sagte Selen am Donnerstag am Rande einer Veranstaltung zu Spionage, Sabotage und Cyberrisiken für die deutsche Wirtschaft in Berlin. „Ich finde es immer schwierig, wenn man sich bewusst in Abhängigkeiten von einzelnen Unternehmen begibt, bei denen man weiß, dass sie staatlich angeschlossen und eingebunden sind.“
Politiker sehen darin den Versuch, US-Sanktionen zu umgehen. Die Kritik daran ist heftig – auch in den USA. Die Telekom weist die Vorwürfe zurück. „Diese Unterstellung entbehrt jeglicher faktischen Grundlage“, sagte ein Konzernsprecher.
Ebenso kritisch wird gesehen, dass die Deutsche Bahn bei ihrer Digital-Infrastruktur auf Bauteile von Huawei setzt. Vorbehalte gegen den Netzwerkausrüster hatte auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geäußert. Hintergrund ist die Sorge vor einer zu großen technologischen Abhängigkeit von China. Zudem gibt es Warnungen vor Spionagemöglichkeiten durch chinesische Bauteile, was Huawei zurückweist.
Die Sicherheitsbehörden sehen das anders – vor allem wenn es um kritische Infrastruktur wie das deutsche Mobilfunknetz oder den Schienenverkehr geht. Seine Behörde habe auf die Problematik „an verschiedensten Stellen“ hingewiesen, sagte Verfassungsschützer Selen. „Und ich kann mir nur wünschen, dass das deutlich mehr Beachtung findet.“
Verfassungsschützer fürchtet Szenarien, „die uns Probleme bereiten können“
Zwar sei es für eine Bewertung „ein Stück weit zu früh“, fügte Selen mit Blick auf die Telekom und die Bahn hinzu. Allerdings spreche man, wie im Fall von Huawei, von Unternehmen, „die staatlich sehr stark beeinflusst sind und dementsprechend auch eine staatliche Agenda mit einfließt in ein entsprechendes Handeln“. Selen fürchtet Szenarien, „die uns Probleme bereiten können“. Was er konkret damit meint, ließ er offen. Selen sagte lediglich, er glaube nicht, dass diese Dimension allen bewusst sei.
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Das sieht auch Albrecht von der Hagen, Hauptgeschäftsführer des Familienunternehmer-Verbands, so. „Es kann doch nicht wahr sein, dass deutsche Staatsunternehmen komplett konträr zu dem handeln, was die deutsche Politik von der Privatwirtschaft fordert“, sagte von der Hagen dem Handelsblatt.
Die Bundesregierung warne die Privatwirtschaft inständig vor Abhängigkeiten von China, rate, international zu diversifizieren, und fordere höchste Sicherheitsstandards beim Einbau von Huawei-Produkten in der kritischen Infrastruktur. „Und zeitgleich klüngelt gerade die Deutsche Telekom, immerhin zu einem Drittel in Staatsbesitz, in engster Verbindung heimlich mit Huawei.“ Das sei schon „eine unglaubliche Missachtung staatlicher Lenkungsvorgaben“, kritisierte von der Hagen.
Auch die Bahn „kauft ohne jeden Sicherheitsvorbehalt weiterhin chinesische Digitalwaren ein, um das deutsche Schienennetz zu digitalisieren“, sagte von der Hagen weiter. „Hier verstricken sich Staatsunternehmen sehenden Auges in die Abhängigkeit von Firmen, die den Vorgaben eines menschenrechtsverachtenden Staates Folge leisten müssen.“
Der Verbandshauptgeschäftsführer warnte vor möglichen Kostenrisiken. „Bei einem möglicherweise erforderlichen Rückbau der kritischen Komponenten darf diesen gegen jedwede Warnung des Staates ignoranten Staatskonzernen kein einziger Euro Hilfe aus Steuergeldern zufließen“, sagte von der Hagen. „Anderenfalls würde sich die deutsche Politik auf Kosten des Steuerzahlers lächerlich machen.“
In einigen westlichen Staaten sind Huawei-Komponenten bereits verboten
Huawei steht wegen seiner Nähe zur chinesischen Regierung in einigen Ländern bereits auf einer schwarzen Liste. Sicherheitsbehörden befürchten, dass über Komponenten des Netzwerkausrüsters Informationen nach China abfließen oder Sabotage verübt werden kann.
Öffentlich zugängliche Beweise hierfür gibt es bislang nicht. Huawei und die Regierung in Peking haben die Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Dennoch prüft die Bundesregierung verschärft die Bauteile für moderne Mobilfunknetze nach dem 5G-Standard von Huawei und des ebenfalls chinesischen Mitbewerbers ZTE auf Sicherheitsrisiken. An deren Ende könnten Telekomanbieter gezwungen sein, bereits verbaute Komponenten zu entfernen. In einigen anderen westlichen Staaten sind diese bereits verboten.
Die Bundesregierung strebt indes an, den Maßstab, der aktuell bei der strengen 5G-Prüfung angelegt wird, auf andere Teile der kritischen Infrastruktur auszuweiten. Denn es wird zunehmend offensichtlicher, dass nicht nur das Mobilfunknetz eine Schwachstelle sein könnte.
Ob Deutsche Bahn, Banken, Energieunternehmen oder Krankenhäuser: Alle haben eigene Kommunikationssysteme, in denen sensible Hardware verbaut und Software genutzt wird. Und auch dort entbrennt wie bei der Bahn die Debatte, ob der Einsatz chinesischer Technologie die Gefahr einer Manipulation erhöht.
Auch dies ist nicht auf Deutschland beschränkt: Die australische Regierung etwa will in China hergestellte Kameras, Sprechanlagen oder elektronische Zugangssysteme in Regierungsgebäuden austauschen lassen, weil sie Angst vor Spionage hat.
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