Mar 28, 2023
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Karin Welge: Klamme Kassen im Blick: Gelsenkirchens OB verhandelt im Tarifstreit für die Kommunen

Written by Frank Specht


Karin Welge

Die Gelsenkirchener Oberbürgermeisterin verhandelt für die Kommunen über die neuen Tarife im öffentlichen Dienst.

(Foto: gkfoto Gerd Kaemper/ gkfoto )

Berlin Für gewöhnlich stehen Kommunalpolitiker eher selten bundesweit im Licht der Öffentlichkeit. Bei Karin Welge ist das anders. Im Tarifstreit über die Bezahlung im öffentlichen Dienst vertritt die Gelsenkirchener SPD-Oberbürgermeisterin aktuell die Interessen der Kommunen. Sie muss mit dem Druck umgehen, den die Gewerkschaften am Montag mit dem bundesweiten Verkehrsstreik noch einmal erhöht haben.

„Wir setzen auf die Sozialpartnerschaft und darauf, dass sich auch die Gewerkschaften der gemeinsamen Verantwortung bewusst sind“, sagte die 60-Jährige anlässlich der dritten Verhandlungsrunde, die seit Montag in Potsdam läuft. Doch selten zuvor zeigten sich Verdi und Beamtenbund so kämpferisch wie in der aktuellen Runde.

Die gebürtige Saarländerin muss die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) zusammenhalten, deren Präsidentin sie seit Anfang 2022 ist. Wohlhabende Gemeinden mit sprudelnden Gewerbesteuereinnahmen können zusätzliche Personalkosten besser wegsteckten als ärmere, die mitten im Strukturwandel stecken – so wie Gelsenkirchen, wo Welge seit November 2020 regiert.

Auf jeden Einwohner der Stadt kamen Ende 2021 rein rechnerisch 6359 Euro Schulden, das engt den Spielraum für Zukunftsinvestitionen ein. Fast die Hälfte des 1,3-Milliarden-Etats der Stadt ist für Sozialleistungen gebunden.

Als Verwaltungschefin sei sie in einem „dreifachen Verteilungskampf um das knappe Geld“, sagt Welge: Altschulden drücken, das Tagesgeschäft inklusive der Personalkosten finanzieren und Geld in die Zukunft stecken. Als die SPD Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten kürte, freute sich Welge auch deshalb, weil Scholz sich für eine „finanzielle Stunde null“, also einen Schuldenschnitt für die Kommunen, starkgemacht hatte.

Tarifverhandlungen: Welge muss die armen Kommunen im Blick halten

Will Welge nicht Fliehkräfte innerhalb der VKA befördern und den Flächentarif für den öffentlichen Dienst aufs Spiel setzen, dann muss sie so verhandeln, dass auch finanzschwächere Städte und Gemeinden mit einem Abschluss leben können. An Kosten für die Bürger denkt sie offenbar auch. So fragte sie kürzlich im Handelsblatt: „Wem nutzt es, wenn der Müllwerker am Ende 50 Euro mehr in der Tasche hat, aber dafür elementare Bereiche der Daseinsvorsorge der Kommunen nicht mehr finanziert werden können?“

>> Lesen Sie hier: „Die Lage ist dramatisch“ – Deshalb drohen in Kommunen Mehrbelastungen für die Bürger

Dass die VKA-Präsidentin in den Verhandlungen für rund 2,5 Millionen Beschäftigte von Bund und Kommunen auch noch Innenministerin Nancy Faeser (SPD) an ihrer Seite halten muss, macht die Sache nicht einfacher. Denn weil der Bund nur einen Bruchteil der Beschäftigten der Kommunen hat, könnte Faeser leichter zu Zugeständnissen an die Gewerkschaften bereit sein.

10,5 Prozent mehr Geld verlangen die Gewerkschaften, mindestens aber 500 Euro im Monat; im Durchschnitt beläuft sich die Forderung damit sogar auf 15 Prozent. Dies würde für die kommunalen Arbeitgeber Mehrkosten in Höhe von 15,4 Milliarden Euro bedeuten, hatte die VKA vorgerechnet. Das im Februar vorgelegte Angebot, von den Gewerkschaften empört zurückgewiesen, würde die Arbeitgeber mehr als 11,7 Milliarden Euro kosten. „Kein Pappenstiel“, meint Welge.

Tarifverhandlungen in Potsdam

Seit Montag verhandeln die Tarifparteien in der dritten Runde weiter.


(Foto: dpa)

Bis Mittwoch hat die VKA-Präsidentin noch Zeit, mit ihren Verhandlungspartnern eine Lösung zu finden. Von der Streikbereitschaft zeigt sie sich bisher zumindest öffentlich unbeeindruckt. Die Arbeitgeber hätten vorlegen können, was sie wollen, die Streiktermine seien ohnehin gesetzt gewesen, vermutet sie. Mit dem Verkehrsstreik am Montag, an dem sich auch die Bahngewerkschaft EVG beteiligte, hätten die Arbeitnehmervertreter auf jeden Fall überzogen.

Mehr Geld gegen den Fachkräftemangel

Welges Hoffnung, dass sich die Gewerkschaften von den „üblichen, antiquierten Ritualen“ lösen, hat sich jedenfalls nicht erfüllt. Denn die VKA-Präsidentin weiß auch, dass Verdi und Beamtenbund den öffentlichkeitswirksamen Streikauftritt für die Mitgliedergewinnung brauchen.

>> Lesen Sie hier: Warum sich die Kommunen nicht auf 500 Euro „soziale Komponente“ einlassen werden

In den Verhandlungen geht es – neben der Geldfrage – nun auch noch um widerstreitende Interessen. Mit den 500 Euro Mindestbetrag wollen die Gewerkschaften vor allem etwas für die unteren Entgeltgruppen tun, die stärker unter der Inflation leiden als Besserverdiener. Welge dagegen sieht den Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst und will deshalb vor allem Spezialisten und Experten besser honorieren.

Sie ist optimistisch, dass ein Kompromiss gelingen kann. Beide Seiten stünden in der Pflicht, einerseits die durch anhaltende Warnstreiks belastende Situation nicht noch weiter in die Länge zu ziehen und andererseits gemeinsam den öffentlichen Dienst zu stärken.
Mehr: Sieben Grafiken entlarven den Mythos vom kaputtgesparten Staat



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Politik

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