Apr 3, 2023
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Immobilienmarkt: Zinsschock am Immobilienmarkt – Hypothekenzinsen bringen Hausbesitzer in Europa in Not

Written by pinmin


Wien, Paris, Madrid, London, Stockholm Die rasante Zinswende der großen Notenbanken sorgt für Verwerfungen an den europäischen Immobilienmärkten. Schnell steigende Hypothekenzinsen in Kombination mit einer hohen Inflation und sinkenden Immobilienpreisen bringen quer über den Kontinent immer mehr Immobilienbesitzer in Not.

In Schweden können bereits vier Prozent aller Eigentümer ihre Kredite nicht mehr bedienen. Der Chef der schwedischen Finanzaufsicht Daniel Barr spricht von einem „nie da gewesenen finanziellen Druck auf die Haushalte“. Auch in anderen europäischen Ländern wächst das Problem.

In Deutschland erwartet die Wirtschaftsauskunftei Creditreform, dass mittelfristig mehr Menschen Wohnungen oder Häuser zwangsversteigern müssen. „Die deutlich höhere Zinslast für Anschlusskredite wird insbesondere die Verbraucher treffen, die beim Kreditabschluss in einer Niedrigzinsphase knapp kalkuliert haben. Und das sind nicht wenige“, sagte der Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch, dem Handelsblatt. Eine steigende Ausfallquote bei Immobilienkrediten erhöht den Druck auf die Hauspreise und hätte Auswirkungen auf den Bankensektor – Immobilienkredite sind ein wichtiges Geschäft der Institute.

In Großbritannien sind die Hauspreise im März so stark gefallen wie seit 2009 nicht mehr. In Deutschland sind laut dem Immobilienverkäufer McMakler die Preise für Wohnimmobilien im ersten Quartal um 6,2 Prozent im Vorjahresvergleich zurückgegangen. Der Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff warnte im Handelsblatt gerade erst, es drohe ein „steiler, nachhaltiger Rückgang der Preise für Wohnraum und Gewerbeimmobilien“.

Wie sehr der Immobilienmarkt unter Druck gerät, zeigt auch der Blick aufs Neugeschäft. Die Zahl neuer privater Immobilienkredite in Deutschland brach im Februar gegenüber dem Vorjahr um mehr als 50 Prozent ein – so stark wie noch nie.

Heikle Lage in Schweden: Zwölf Prozent des Nettoeinkommens allein für Hypothekenzinsen

Besonders stark sind die Verwerfungen bereits in Schweden. Die große Mehrheit der Schwedinnen und Schweden hat variable Hypothekenzinsen und spürt damit Zinserhöhungen sofort. Hinzu kommt eine hohe Verschuldung der privaten Haushalte von rund 200 Prozent des verfügbaren Einkommens.

Nach Berechnungen der Finanzaufsicht bezahlen neue Kreditnehmer mittlerweile zwölf Prozent ihres Nettoeinkommens allein für die Zinsen. Der oberste Finanzaufseher Barr warnt: „Wir befürchten, dass es in diesem Jahr sogar noch schlimmer wird.“

Einige Banken haben ihren Kreditnehmern in Ausnahmefällen bereits die Aussetzung von Zahlungen gewährt. Der Großteil der Haushalte muss allerdings in anderen Bereichen sparen, um die gestiegenen Wohnkosten zu kompensieren. Das wiederum dürfte Konsum und Wachstum bremsen – und damit auf weitere Teile der schwedischen Wirtschaft durchschlagen.

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Ähnlich angespannt ist die Lage in Großbritannien. Die Hausverkaufspreise fielen im März so stark wie in der Finanzkrise 2009 nicht mehr. 3,1 Prozent lagen sie unter dem Vorjahreswert, gab die Bausparkasse Nationwide am Freitag bekannt. Gegenüber dem Vormonat ging das Preisniveau um 0,8 Prozent zurück.

Robert Gardner, Chefökonom von Nationwide, sagt: „Es wird für den Markt schwierig sein, in nächster Zeit wieder viel Schwung zu bekommen, da das Verbrauchervertrauen schwach bleibt und die Haushaltskassen durch die hohe Inflation weiterhin unter Druck stehen.“

Die Immobilienpreise in Großbritannien sind im Oktober 2022 eingebrochen, nachdem die Hypothekenzinsen auf bis zu sechs Prozent gestiegen waren. Susannah Streeter, Immobilienmarktexpertin beim britischen Finanzdienstleister Hargreaves Lansdown in London, sagt: „Der britische Immobilienmarkt leidet bereits unter den Auswirkungen des Anstiegs der Hypothekenzinsen, und wenn die Kreditgeber vorsichtiger werden, könnte dies ein weiterer Tiefschlag sein.“

Das parteiunabhängige Office for Budget Responsibility (OBR) sagt voraus, dass die Hauspreise in Großbritannien in diesem Jahr um zehn Prozent fallen werden.

Der wichtigste Finanzregulierer in Großbritannien, die Financial Conduct Authority (FCA), warnte bereits im Januar, dass mehr als 750.000 Hypothekennehmer in den kommenden zwei Jahren ihre Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen könnten. Mitte 2022 waren bereits 200.000 Kreditnehmer im Zahlungsrückstand. Experten befürchten deshalb, dass Immobilienbesitzer auf der Insel zu Notverkäufen gezwungen sein könnten, was die Hauspreise weiter nach unten drücken würde.

Hilfen für einkommensschwache Familien in Großbritannien, Portugal und Polen

Die britische Regierung versucht nun, das Angebot bestimmter Hypothekenkredite mit Staatsgarantien zu erhöhen. Außerdem verkürzte sie die Wartezeit, nach der einkommensschwache Familien rückzahlbare Zinshilfen beantragen können, wenn sie ihre Hypothekarkredite nicht rechtzeitig bedienen können.

Hilfen für sozial schwache Hypothekenbesitzer sind die häufigste Maßnahme, auf die Regierungen in Europa bislang zurückgreifen, um die steigenden Hypothekenbelastungen für Haushalte zu lindern. Schließlich kann der Zinsanstieg je nach Höhe der ausstehenden Belastung leicht mehrere Hundert Euro Mehrkosten im Monat betragen.

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Auch Polens Regierung hat in den Hypothekarmarkt interveniert. Der Leitzins von inzwischen 6,75 Prozent hat die Geldmarkt-Hypotheken stark verteuert – Mitte 2022 hatten 52 Prozent der neu abgeschlossenen Hypotheken im Land einen variablen Zinssatz. Die Regierung hat verfügt, dass die Schuldner die Zinszahlungen in den Jahren 2022 und 2023 jeweils vier Monate lang aussetzen dürfen.

In Portugal plant die Regierung Hilfen für sozial schwache Familien bei der Begleichung ihrer Hypothekenlast, einen Zwang für Immobilienbesitzer, leer stehende Immobilien zu vermieten, sowie ein Verbot neuer Lizenzen für Ferienvermietungen wie Airbnb. Denn in Portugal sind die hohen Immobilienpreise durch eine hohe Nachfrage aus dem Ausland und durch den Tourismus ein Problem für Wohnungs- und Hauskäufer. Die Immobilienpreise sind gegenüber dem Jahr 2015 laut Eurostat um 93 Prozent gestiegen – fast doppelt so viel wie der EU-Durchschnitt.

Auch die Zahl der Haushalte mit einem variablen Zinssatz für neue Hypotheken gehörte Mitte 2022 mit 75 Prozent zu den höchsten in Europa. Entsprechend trifft sie die zügige Zinswende der EZB in den vergangenen Monaten. „Die Banken haben die Hypothekenzinsen bislang noch nicht erhöht, aber früher oder später müssen sie das tun, und dann kann es zu großen Problemen kommen“, befürchtet Ökonom Joao Cesar das Neves von der Katholischen Universität in Lissabon.

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Auch die spanische Regierung hat Ende vergangenen Jahres mit den Bankverbänden und der spanischen Zentralbank Hilfen für sozial schwache Haushalte vereinbart. Je nachdem wie stark deren Hypothekenlast gestiegen ist, können sie während der fünfjährigen tilgungsfreien Zeit einen niedrigeren Zinssatz in Anspruch nehmen, die tilgungsfreie Zeit um zwei Jahre strecken oder die Laufzeit der Hypothek um bis zu sieben Jahre verlängern.

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In Spanien war im Jahr 2008 bereits eine Immobilienblase geplatzt – seit 2015 steigen die Preise wieder, aber weniger stark als in anderen EU-Ländern. „Sie befinden sich auf einem gesunden Niveau“, urteilt Félix Lores, Immobilienexperte bei der Großbank BBVA. Der Trend zeigt allerdings nach unten: Im Januar sind die Hauspreise für Wohnungen um 2,2 Prozent und für Häuser um 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gefallen. Lores erwartet auf Jahressicht „allenfalls moderate Preissenkungen von nominal drei bis vier Prozent“.

Staatliche Obergrenzen für Zinsen in Frankreich und Ungarn

Frankreich und Ungarn begegnen den steigenden Hypothekenzinsen mit einer Obergrenze für die Zinsen. In Frankreich hat sie Tradition: Seit Jahren existiert ein Gesetz gegen sogenannten Zinswucher.

Wegen des schnellen Anstiegs der Leitzinsen gleicht die Zentralbank den staatlichen Zinsdeckel nun monatlich statt wie bislang alle drei Monate an. Der Deckel betrifft alle mit einem Kredit verbundenen Kosten, auch Versicherungen.

Die Immobilienpreise fallen zwar auch in Frankreich, der Umfang hält sich aber in Grenzen. Im vergangenen Jahr sind die Preise insgesamt um 6,7 Prozent gestiegen. Während die großen Städte um über ein Prozent nachgaben, legten die Orte am Meer und in den Skigebieten kräftig zu, teilweise um mehr als zehn Prozent. Immobilienexperten gehen aber davon aus, dass sie dieses Jahr um drei bis zehn Prozent fallen könnten, abhängig von der Region.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat schon Anfang 2022 eine Obergrenze für variable Hypothekenzinsen eingeführt. Basis war das Zinsniveau von Ende Oktober 2021. Ursprünglich sollte die Zinsobergrenze sechs Monate gelten, mittlerweile ist sie bis Ende Juni dieses Jahres verlängert worden.

Das Instrument ist allerdings umstritten: Die Chefs der Notenbanken haben sich wiederholt gegen die Deckelung ausgesprochen. Ungarn wies im Februar mit knapp 26 Prozent die höchste Teuerungsrate in Europa auf. Wenn die Regierung Zinsobergrenzen verfügt, behindert sie die Anti-Teuerungs-Maßnahmen der Notenbank.

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