Aktuell arbeitet er noch bei den Vereinten Nationen als Projektleiter der Initiative „Finanzen gegen Sklaverei und Menschenhandel“.
(Foto: Andrea Zahler)
Berlin Daniel Thelesklaf ist ein Mann, den schwere Aufgaben anziehen. Der Schweizer verfügt über jahrzehntelange Erfahrung bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität. Nun steht ihm die wohl schwierigste Aufgabe bevor. Der Jurist wird neuer Chef der Anti-Geldwäsche-Einheit „Financial Intelligence Unit (FIU)“, die dem Bundesfinanzministerium unterstellt ist.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat damit eine Schlüsselposition in seinem im Aufbau befindlichen Bundesfinanzkriminalamt besetzt. Anfang 2025 soll die Behörde zur Bekämpfung von Geldwäsche und anderer Finanzkriminalität ihre Arbeit aufnehmen. Ein zentraler Baustein der Behörde wird die FIU sein, die in die neue Superbehörde integriert wird.
Die FIU ist eine Spezialeinheit des Zolls. Sie analysiert Verdachtsmeldungen, führt Daten und Informationen anderer Behörden zusammen und leitet Meldungen an die Strafverfolgungsbehörden weiter. Dabei sorgte die FIU jedoch zuletzt immer wieder für negative Schlagzeilen.
So wird der Behörde vorgeworfen, Verdachtsmeldungen bezüglich des Wirecard-Bilanzskandals zu spät nachgegangen zu sein. Auch Lindner hatte zuletzt Probleme eingeräumt, vor allem die große Zahl unbearbeiteter Verdachtsfälle stört ihn. Der Rückstau bei den Verdachtsmeldungen summiert sich aktuell auf 30.000 Fälle, teils waren es sogar über 100.000.
Im Dezember war der bisherige FIU-Chef Christof Schulte von seinen Aufgaben entbunden worden. Nun soll Thelesklaf die Probleme lösen. Aktuell arbeitet er bei den Vereinten Nationen als Projektleiter der Initiative „Finanzen gegen Sklaverei und Menschenhandel“. Davor war der Jurist Leiter der Anti-Geldwäsche-Einheiten in der Schweiz und Liechtenstein sowie für Banken tätig. Lindner würdigte den Schweizer als ausgewiesenen Fachmann. „Gemeinsam mit ihm werden wir die Geldwäsche in Deutschland mit aller Konsequenz bekämpfen.“
Bundesländer wollen ein Wörtchen mitreden
Aus Kreisen des Finanzministeriums verlautete, parallel zu der personellen Neuaufstellung werde die Anti-Geldwäsche-Einheit in Kürze auch rechtlich neu aufgestellt. „Wir stellen Mängel konsequent ab, stärken die Ermittler und treiben die Digitalisierung voran“, sagte Lindner.
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So soll der Gesetzentwurf für den Aufbau der „Bundesbehörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität“ noch in diesem Jahr ins Kabinett gehen, um die Behörde im nächsten Jahr aufbauen zu können. Am Ende könnte sie bis zu 2000 Mitarbeiter haben.
Lindner hält eine solche zentrale Behörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität für nötig, weil er nicht nur bei der Bekämpfung von Geldwäsche Defizite sieht, sondern auch bei der Durchsetzung von Sanktionen wie aktuell gegen russische Oligarchen. Ebenso gibt es aus Lindners Sicht einen zu großen Flickenteppich bei den Aufsichtsbehörden.
Bisher gibt es über 300 in den Bundesländern. Dadurch drohe, dass zu viele Geldwäschevorgänge gerade im Immobiliensektor oder im im Bereich Glücksspiel nicht aufgedeckt werden, fürchtet Lindner. Das Bundesfinanzministerium würde die Zahl daher gern reduzieren.
Kompetenzgerangel von Bund und Ländern
Die Frage ist nur, ob die Bundesländer da mitmachen. Bayern etwa sieht Lindners Pläne sehr kritisch. Nordrhein-Westfalen verkündete erst vergangenen Freitag, ein neues Landesfinanzkriminalamt „zur Bekämpfung von Steuerkriminalität, Geldwäsche und Cybercrime“ aufzubauen.
NRW spielt bei der Auswertung von Steuerdaten mit Bezug auf Geldwäscheverdacht eine Schlüsselrolle. Dass NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) nun voranprescht, sei ein Zeichen, dass sich die Länder bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität „nicht vom Bund die Butter vom Brot nehmen lassen“, heißt es aus einem Bundesland.
Ein weiteres Zeichen dafür: Die Länder wollen nach Handelsblatt-Informationen auf der Finanzministerkonferenz im Juni einen gemeinsamen Vorschlag vorlegen, wie Geldwäsche stärker bekämpft werden kann. Zudem klagen einige Länder über ungeklärte Fragen beim Aufbau der neuen Bundesbehörden.
Aus dem Bundesfinanzministerium heißt es dagegen, es habe in einer gemeinsamen Sitzung nicht einmal Widerspruch von Länderseite gegeben. Auch den Aufbau der neuen „Superbehörde“ in NRW sieht man in Lindners Haus gelassen. Diese füge sich gut in die geplante neue Struktur ein.
Der neue FIU-Chef Thelesklaf wird zu Amtsbeginn Anfang Juli also nicht nur die Probleme der FIU lösen müssen. Er muss sich auch in das Kompetenzgerangel von Bund und Ländern einfinden.
Mehr: Geldwäschebekämpfung – Steuergewerkschaft mahnt Lindner bei Neuorganisation zur Eile
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