Podgorica In Montenegro führt Hochrechnungen zufolge der ehemalige Wirtschaftsminister Jakov Milatovic bei der Stichwahl um die Präsidentschaft. Der 37-jährige Ökonom Milatovic sicherte sich am Sonntag demnach 60,1 Prozent der Stimmen. Der pro-westliche Amtsinhaber Milo Djukanovic kam nur auf 39,9 Prozent. Milatovic hat sich den Kampf gegen Korruption auf die Fahnen geschrieben und den Wählern einen höheren Lebensstandard versprochen. Er will die Verbindungen des kleinen Adria-Landes sowohl zur Europäischen Union (EU) als auch zum Nachbarland Serbien stärken. Milatovic erklärte sich am späten Abend zum Wahlsieger. „Innerhalb der nächsten fünf Jahre werden wir Montenegro in die Europäische Union führen“, sagte er vor seinen Anhängern.
In der ersten Runde hatte Djukanovic noch 35,4 Prozent der Stimmen erhalten, Milatovic nur 28,9 Prozent. Weil kein Kandidat auf 50 Prozent der Stimmen kam, mussten sie in die Stichwahl gehen. Montenegro steckt seit längerem in einer politischen Krise. Wiederholt kam es zu Misstrauensvoten und Auseinandersetzungen zwischen dem Präsidenten und Abgeordneten.
Erst Mitte März hatte Djukanovic das Parlament aufgelöst und vorgezogene Parlamentswahlen für den 11. Juni angesetzt. Obwohl das Präsidentenamt weitgehend zeremoniell ist, könnte die Wahl der Partei des Siegers Auftrieb für die Parlamentswahl geben.
Der 61-jährige Djukanovic hat die Politik in Montenegro seit 33 Jahren als Präsident oder Ministerpräsident dominiert. Er führte das Land 2006 in die Unabhängigkeit vom Nachfolgestaat Jugoslawiens, Serbien und Montenegro, und 2017 in die Nato. Seine Gegner werfen ihm und seiner Mitte-Links-Partei DPS Korruption sowie Verbindungen zur organisierten Kriminalität vor. Der Präsident und die DPS weisen dies zurück.
Montenegro ist weitgehend von Tourismus-Einnahmen abhängig. Das Land mit rund 620.000 Einwohnern gehört zu den sechs Westbalkan-Staaten, die in die EU streben. Die Bevölkerung ist gespalten: Während sich die Mitglieder einer Bevölkerungsgruppe als Montenegriner betrachten, sehen sich andere als Serben. Bei der ersten Wahlrunde vor zwei Wochen schied der pro-serbische Politiker Andrija Mandic aus. Er war für eine engere Verbindung sowohl zu Serbien als auch zu Russland eingetreten. Nach Russlands Einmarsch in die Ukraine schloss sich Montenegro den EU-Sanktionen gegen Moskau an. Die Regierung in Moskau hat das Land deshalb auf seine Liste unfreundlicher Staaten gesetzt.
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