Apr 5, 2023
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Chinapolitik: Das wollen Macron und von der Leyen in China erreichen

Written by pinmin


Berlin, Peking, Brüssel, Paris Wenn es in Peking dunkel wird, sieht man in diesen Tagen häufig Menschen vor kleinen Feuern auf den Gehwegen kauern. Sie verbrennen sogenanntes Totengeld aus buntem Räucherpapier, um ihre Ahnen zu ehren. Bräuche wie diesen würde die Staatsführung eigentlich gern abschaffen. Er sei rückständig, passe nicht zur angestrebten sozialistischen Modernisierung des Landes.

Umso mehr will das Regime die Partnerschaften mit dem Westen pflegen, die China weit gebracht haben auf seinem Weg zu einem echten Industrieland. Just am Totengedenktag werden EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in China erwartet. Am Mittwoch treffen sie ein, am Donnerstag steht ein gemeinsames Gespräch mit Staats- und Parteichef Xi Jinping auf der Agenda. Wegen des angespannten Verhältnisses mit den USA ist China bemüht, die Beziehung zu den europäischen Staaten zu verbessern. 

Werden sich die Europäer darauf einlassen? Es ist kein Zufall, dass die Reise auch in Washington sehr aufmerksam verfolgt wird. Interessant ist, dass mit von der Leyen und Macron zwei europäische Spitzenpolitiker anreisen, die in der Chinapolitik immer wieder unterschiedliche Akzente setzen. Verhandlungsexperten sprechen von der „Good Cop, Bad Cop“-Taktik. Den „Good Cop“ gibt Macron, den „Bad Cop“ von der Leyen. Diese Rollenaufteilung könnte sich als kluger Schachzug erweisen – oder in einer Blamage enden.

So viel ist klar: Die chinesische Regierung würde am liebsten so schnell wie möglich zurück zu Business as usual und beschwört die pragmatische, wirtschaftliche Kooperation in der Vergangenheit. China sei bereit, mit der EU zusammenzuarbeiten, „um ein Decoupling zu verhindern und den globalen Wohlstand zu fördern“, twitterte Wang Lutong, Generaldirektor für europäische Angelegenheiten im Außenministerium.

Von „gegenseitigem Nutzen und Win-win-Situationen“ spricht die chinesische Führung. Gemeint sind damit auch Investitionen und Technologietransfer nach China, ohne politische Bedenken.

Von der Leyen an der Seite der USA

Doch die Zeiten haben sich geändert. Die Volksrepublik ist unter der Herrschaft von Xi Jinping restriktiver, nationalistischer und ideologischer geworden. Ihren Einfluss macht die Staatsführung zunehmend auch über die Grenzen der Volksrepublik hinaus geltend. Wirtschaftliche Abhängigkeiten nutzt Peking gezielt als Mittel, um Staaten wie Australien oder Litauen unter Druck zu setzen oder zu bestrafen.

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Mit Sorge beobachten viele westliche Regierungen die militärischen Drohgebärden gegenüber Taiwan und Chinas Partnerschaft mit Russland, zuletzt erneuert bei Xis Staatsbesuch Mitte März in Moskau.

Die „sich ändernde Politik Chinas“ könne es erforderlich machen, „dass wir für einige kritische Sektoren neue Verteidigungsinstrumente entwickeln müssen“, warnte Ursula von der Leyen vergangene Woche in einer Grundsatzrede zu China. Die EU müsse verhindern, dass Kapital und Know-how europäischer Unternehmen dazu beitragen, „die militärischen und nachrichtendienstlichen Fähigkeiten derjenigen zu verbessern, die auch Systemkonkurrenten sind“.

Damit stellte von der Leyen klar, welche Rolle sie für sich in Peking sieht: die der Mahnerin. Von der Leyen ist davon überzeugt, dass die EU sich vor allem dann Geltung verschafft, wenn sie sich eng mit den USA abstimmt.

Die CDU-Politikerin sieht einen globalen Systemkonflikt zwischen Autokratien und Demokratien. Auch wenn die Interessen der Amerikaner und der Europäer nicht identisch sind: Für von der Leyen ist klar, dass die EU, sollte es zu einem Konflikt kommen, an der Seite der Vereinigten Staaten stünde – so wie die USA im Ukrainekrieg an der Seite Europas stehen.

Diese strategische Orientierung ist genau das, was China verhindern will. Der chinesische Botschafter in der EU, Fu Cong, zeigte sich „enttäuscht“ von der Rede von der Leyens. Die relativ zurückhaltende Reaktion macht jedoch erneut deutlich, wie wichtig Peking die Zusammenarbeit mit den europäischen Staaten ist.

Macron reist mit großer Wirtschaftsdelegation nach China

Im Interview mit dem chinesischen Staatssender CGTN suggerierte Fu sogar, dass die kritischen Töne in der Rede von der Leyens in Wahrheit nicht ihre eigene Überzeugung wiedergeben würden. Vielmehr zeige die Rede eine „tiefsitzende Ambivalenz“ von der Leyens gegenüber China.

Tatsächlich bieten die Aussagen der Kommissionschefin durchaus Spielraum für Zusammenarbeit mit China. So betonte sie, dass ein Großteil des Handels zwischen der EU und China nach wie vor für „beide Seiten vorteilhaft“ sei.

Xi Jinping

Im März wurde Xi als starker Mann Chinas auf dem Volkskongress erneut bestätigt.

(Foto: IMAGO/Xinhua)

Wichtiger noch für die Zusammenarbeit mit Europa ist aus Sicht der chinesischen Führung der Besuch Macrons. Zwar glaubt auch der französische Präsident nicht, dass eine politische Partnerschaft mit China möglich ist. Aber zugleich ist seine Regierung um eine Abgrenzung von Amerika bemüht.

Frankreich sieht Europa als eigenen Gestaltungsfaktor in einer multipolaren Welt, es wünscht sich eine Machtbalance zwischen Washington, Brüssel und Peking – und bietet Chinas diplomatischen Bemühungen damit zumindest einen Anknüpfungspunkt.

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Während von der Leyen europäische Investitionen in China beschränken will, reist Macron mit einer großen Wirtschaftsdelegation an: 50 Spitzenmanager begleiten ihn, um lukrative Verträge zu unterzeichnen. Darunter sind die Chefs von Airbus, Alstom und EDF. Noch deutlicher als Bundeskanzler Olaf Scholz, der bei seiner umstrittenen Chinareise im vergangenen Jahr eine ungewöhnlich kleine Wirtschaftsdelegation mitgenommen hatte, sendet Macron damit das Signal, das Peking sehen will: Es herrscht Business as usual, im wahrsten Sinne des Wortes.

„In diesem Kontext muss die Europäische Union ihre eigene Position finden und ihre Interessen verteidigen“, sagte ein Macron-Berater. Der französische Präsident sieht sich als Emissär Europas – und hat deswegen auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen eingeladen, ihn auf einem Teil der Reise zu begleiten.

In Brüssel legt man Wert darauf, dass von der Leyen nicht als Anhängsel Macrons wahrgenommen werden will. Beide werden bemüht sein, Geschlossenheit zu demonstrieren – nichts würde Europa mehr schaden als ein Disput über die Chinastrategie auf offener Bühne.

Von der Leyen und Macron „treten zuweilen unterschiedlich auf, wenn es um China geht“, erläutert Mikko Huotari, Direktor des Berliner China-Thinktanks Merics. „Im Kern sind ihre Analysen und das, was sie erreichen wollen, aber ähnlich.“ Beispiele seien ihre Ansätze in der Industriepolitik, zu fairen Wettbewerbsbedingungen und zur technologischen Verflechtung mit China.

Bei den Handelsbeziehungen will Macron auf einen besseren Marktzugang für europäische Unternehmen drängen, insbesondere bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen in China. In der EU setzt sich Frankreich gleichzeitig für eine Anpassung der Vergaberegeln für öffentliche Aufträge ein, wodurch europäische Unternehmen bevorzugt werden würden.

Eine „Verringerung der strategischen Abhängigkeiten der EU“ schwebt Paris vor. Lange bevor Deutschland ernsthaft eine Verbannung des chinesischen Tech-Champions Huawei aus dem 5G-Netz erwog, hatte Frankreich die Technik des chinesischen Konzerns bereits faktisch verboten. Von der Leyen teilt diesen Ansatz.

Anknüpfungspunkte zwischen Paris und Brüssel in der Chinapolitik gibt es also. Ob diese sich auch in einem geeinten Auftreten vereinbaren lassen, wird sich in den nächsten Tagen zeigen.

Mehr: Deutsche Unternehmen investieren so viel wie nie in China – wo die größten Abhängigkeiten bestehen



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