Apr 5, 2023
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Wohnungsbau: Regierung verschiebt Förderprogramm für Wohngemeinnützigkeit

Written by Heike Anger


Wohnungsbau

Sozial und gemeinnützig agierende Wohnungsunternehmen müssen bessergestellt sein als Akteure, die auf maximale Rendite abzielen, meint die SPD.


(Foto: dpa)

Berlin Verpflichten sich Wohnungsunternehmen zu dauerhaft günstigen Mieten und verzichten dafür auf Rendite, erhalten sie steuerliche Förderung und Investitionszulagen. Diese Idee steckt hinter der neuen Wohngemeinnützigkeit, auf die sich SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag geeinigt haben.

Eigentlich sollten Bundesbau- und Bundesfinanzministerium bis Ende März Eckpunkte und ein Förderprogramm dafür vorlegen. Doch die Deadline ist verstrichen – ohne Vorlage.

Das zeigt ein Schreiben der Staatssekretäre beider Häuser, das dem Handelsblatt vorliegt. Demnach sollen die Pläne nun erst Mitte Juni kommen, schreiben die parlamentarischen Staatssekretäre Sören Bartol (SPD) und Florian Toncar (FDP).

Die Abstimmungen innerhalb der Regierung seien „komplex und zeitaufwendig“, heißt es in der Begründung. Gleiches gelte für die Festlegung eines „effektiven wirtschaftlichen und zugleich rechtssicheren Rahmens“ für eine neue Wohngemeinnützigkeit.

Im Koalitionsvertrag hatte die Ampel versprochen, eine „neue Dynamik“ beim Bau und der dauerhaften Sozialbindung von bezahlbarem Wohnraum zu erzeugen. Die Wohngemeinnützigkeit solle „die Struktur der etablierten Wohnungswirtschaft ergänzen, ohne diese zu benachteiligen“, hieß es dort.

Unterschied zum sozialen Wohnungsbau

Kritiker wie der Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft (GdW), Axel Gedaschko, warnen indes vor einem „starren staatlichen System mit Preisfestlegungen“, die mit dem „tatsächlichen Preisgefüge“ nichts zu tun hätten.

Die geplante Wohngemeinnützigkeit unterscheidet sich vom sozialen Wohnungsbau. Bei Letzterem läuft die Mietpreis- und Belegungsbindung nach einer gewissen Zeit aus, meist nach zwölf bis 20 Jahren. Würden Wohnungsunternehmen gemeinnützig, müssten sie dauerhaft Wohnungen zu günstigen Preisen anbieten und die ausschüttbare Rendite deckeln.

Wohnungsbau in der Hamburger Hafencity

Im sozialen Wohnungsbau fallen Wohnungen nach einigen Jahren aus der Preis- und Belegungsbindung.


(Foto: dpa)

Eine gemeinnützige Wohnungswirtschaft gilt als „Nischenprodukt“, denn eine solche Ausrichtung wäre in erster Linie für soziale Einrichtungen, Stiftungen, kirchliche Träger oder Genossenschaften interessant. Zuletzt hatte der evangelische Wohlfahrtsverband Diakonie ein Positionspapier vorgelegt. Gäbe es eine Objektförderung, könnte sich der Kreis der Interessenten allerdings vergrößern. Auch Teilbestände könnten in die Wohngemeinnützigkeit überführt werden.

Hanna Steinmüller, Berichterstatterin für Wohnungs- und Mietenpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, wertet es als „besorgniserregendes Zeichen“ für Mieter, „dass Wohn- und Finanzministerium dieses wichtige Projekt jetzt weiter aufschieben“.

Gerade Familien, junge Menschen und Rentner seien verzweifelt auf der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung. „Die neue Wohngemeinnützigkeit ist zentral für mehr bezahlbaren Wohnraum“, sagte Steinmüller dem Handelsblatt. Alle drei Ampelpartner hätten sich zu einer zeitnahen Umsetzung verpflichtet. „Ich appelliere an alle beteiligten Ressorts, die Eckpunkte so schnell wie möglich vorzulegen.“ Das Ziel ist für Steinmüller klar: Es brauche Wohnungen, die „unter dem Niveau des Mietspiegels vermietet werden“.

Bestehendes Gesetz wurde 1990 aufgehoben

Auch die SPD-Bundestagsfraktion fordert seit Langem dauerhafte Mietpreis- und Belegungsbindungen. Man könne allerdings nicht genau sagen, warum es innerhalb der Bundesregierung zu dieser Verzögerung komme, hieß es auf Anfrage. Die Prozesse müssten nun bis Juni abgeschlossen werden, um die Wohngemeinnützigkeit „endlich mit Leben zu füllen“.

„Sozial und gemeinnützig agierende Wohnungsunternehmen müssen bessergestellt sein als Akteure, die auf maximale Rendite abzielen“, sagte SPD-Wohnungsbauexperte Bernhard Daldrup dem Handelsblatt.

Eine gemeinnützige Wohnungswirtschaft gab es in Deutschland schon einmal. Von 1940 an galt das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG), mit Steuerbegünstigungen und Steuerbefreiungen, etwa von der Körperschaftssteuer, Gewerbesteuer und Vermögensteuer. Aufgehoben wurde das Gesetz 1990, auch um die Wettbewerbsvorteile gegenüber den nicht steuerbefreiten Wohnungsunternehmen zu beseitigen.

In der vergangenen Legislaturperiode hatten die Grünen aus der Opposition heraus einen Gesetzentwurf für die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit in den Bundestag eingebracht, die Linkspartei einen Antrag. Beide Vorstöße fanden keine Mehrheit.

Zuletzt hatte sich das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ dazu verpflichtet, die Umsetzung einer neuen Wohngemeinnützigkeit „konstruktiv-kritisch“ zu begleiten. In dem Bündnis, das Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) im vergangenen Jahr initiiert hatte, sitzen Vertreter aus den Bundesländern und Kommunen, der Wohnungs- und Bauwirtschaft sowie von Gewerkschaften und Verbänden.

Mehr: Warum Bauen in Deutschland immer schwieriger wird



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