Apr 11, 2023
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Standortpolitik: So viele deutsche Firmen wie seit 15 Jahren nicht wandern aus Kostengründen ab

Written by Julian Olk


Metall-Arbeiter

Besonders die energieintensiven Unternehmen haben mit den vergleichsweise hohen Energiekosten in Deutschland zu kämpfen.

(Foto: Photothek/Getty Images)

Berlin Deutsche Unternehmen verlagern ihr Geschäft zunehmend ins Ausland. 32 Prozent der Auslandsinvestitionen haben inzwischen den Zweck der Kostenersparnis. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), die dem Handelsblatt vorliegt.

Damit wandern so viele deutsche Firmen aus Kostengründen ins Ausland ab wie seit 15 Jahren nicht mehr. Vor zehn Jahren war das nur für 20 Prozent der Auslandsinvestitionen die Motivation.

Das Verhalten der Unternehmen befeuert die Sorge vor weiteren Abwanderungen aus Deutschland. Insbesondere die USA und China locken Firmen mit hohen Subventionen. Im internationalen Vergleich hohe Energiepreise, Bürokratiekosten und die Steuerbelastung gelten als zunehmende Nachteile für den Standort Deutschland.

DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben hält die Umfrage für ein Warnsignal, wie er am Wochenende in einem Brandbrief an die Chefs der regionalen Industrie- und Handelskammern (IHK) äußerte. „Das ist geradezu ein Weckruf für bessere Standortbedingungen“, schreibt Wansleben.

Er verweist insbesondere auf die steuerliche Belastung. „Die Politik muss bei vielen Themen die richtigen Weichen stellen – zum Beispiel in der Steuerpolitik“, schreibt er.

Schwaches Wachstum der Investitionen

Tatsächlich ist die Investitionstätigkeit der Unternehmen in Deutschland weiter infolge der Krise gedämpft. Die führenden Leibniz-Wirtschaftsforschungsinstitute prognostizieren ein Wachstum der Investitionen in Maschinen, Geräte, Fahrzeuge und Waffen von nur 1,9 Prozent in diesem Jahr.

2023 soll das Plus bei 3,2 Prozent liegen. Dabei wäre ob der Transformation zu klimaneutralen Technologien ein stärkeres Wachstum möglich.

Christian Lindner

Der Bundesfinanzminister plant Entlastungsmaßnahmen für die Wirtschaft in Deutschland.


(Foto: dpa)

Die Zurückhaltung hat mehrere Gründe. Die Zinsen für Unternehmenskredite, die seit Jahresmitte 2022 über zwei Prozentpunkte zugelegt haben, dämpfen die Dynamik. Auch die Zahl der gewerblichen Kfz-Zulassungen, ein wichtiger Frühindikator für Investitionen, ist im Februar zurückgegangen.

Bei den Rahmenbedingungen für Investitionen hat die Politik vor allem bei den Steuern eine direkte Eingriffsmöglichkeit. Infolge der Coronakrise hatte die Bundesregierung die Möglichkeit zur degressiven Abschreibung eröffnet.

Dabei ist der jährliche Abschreibungsbetrag gerade am Anfang deutlich höher als bei der üblichen linearen Abschreibung. Der Vorteil für die Unternehmerin oder den Unternehmer: Sie oder er kann mehr von der Steuer absetzen, die Investition macht das letztlich günstiger. Diese Regelung ist allerdings Ende 2022 ausgelaufen.

Klimaschutz-Investitionen sollen sich mehr lohnen

Die im Ampel-Koalitionsvertrag angekündigten Superabschreibungen für Investitionen in die Digitalisierung und in Klimaschutz lassen weiter auf sich warten. Wansleben fordert eine Reaktion: „Wir brauchen steuerliche Anreize, um Investitionen hierzulande wieder attraktiver zu machen.“

Anscheinend hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Rufe der Wirtschaft erhört. Lindners Beamte erarbeiten derzeit Entlastungsmaßnahmen für die Wirtschaft. Ein wichtiger Bestandteil soll demnach eine Investitionsprämie werden. Unternehmen, die in Energieeffizienz und Klimaschutz investieren, soll der Staat steuerlich fördern.

>> Lesen Sie hier: Lindner arbeitet an neuen Steuerentlastungen für Unternehmen

Vermutlich wird das nicht in Form einer Abschreibung, sondern einer steuerlichen Prämie umgesetzt. Damit würde zumindest ein Teil der Verabredung im Koalitionsvertrag verspätet umgesetzt.

Der zweite Teil, die Förderung für digitale Güter, stellt sich allerdings als schwer umsetzbar heraus: Einerseits ist es schwierig abzugrenzen, was Ausgaben für Digitalisierung sind und was nicht. Vor allem gibt es aber rechtliche Hürden. Eine staatliche Förderung für den Klimaschutz lässt sich mit dem EU-Beihilferecht leichter vereinbaren als eine für die Digitalisierung.

Außerdem will Lindner die Verlustverrechnung ausweiten. Dabei können Unternehmen Verluste mit künftigen Gewinnen verrechnen und so die Steuerlast senken. Während der Coronapandemie waren diese Regeln bereits großzügiger gestaltet worden.

Lindner und Habeck wollen Investitionsanreize setzen

Zudem will der Finanzminister Gewinne von Personengesellschaften begünstigen, wenn sie nicht an die Firmenbesitzer ausgeschüttet werden, sondern im Unternehmen verbleiben.

Personengesellschaften – meist Familienunternehmen – zahlen wie jeder normale Arbeitnehmer Einkommensteuer, während Kapitalgesellschaften Körperschaftsteuer an den Fiskus abführen.

Eigentlich sollen beide Unternehmensformen steuerlich gleichbehandelt werden. Doch die Tücken des deutschen Steuerrechts führen dazu, dass Personengesellschaften am Ende steuerlich meist benachteiligt werden.

Unterstützt wird Lindner von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Der hatte im Januar in seinem Jahreswirtschaftsbericht ähnliche Ideen geäußert. DIHK-Geschäftsführer Wansleben fordert in seinem Brief Tempo von den Regierenden: „Die Lage ist ernst.“

Mehr: Mit diesen drei Maßnahmen will das Bundeswirtschaftsministerium für mehr Investitionen sorgen.



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Politik

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