Apr 14, 2023
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Computer der Zukunft : Bundesregierung legt neue Quantenstrategie vor – und will an die Weltspitze

Written by Barbara Gillmann

Berlin Die Bundesregierung will dafür sorgen, dass auch Deutschland bis 2026 über einen leistungsfähigen universellen Quantencomputer verfügt. So solle das Land „auf Augenhöhe mit der internationalen Entwicklung“ in den USA und China  kommen. Darauf zielt das neue „Handlungskonzept Quantentechnologien“ der Bundesregierung, das dem Handelsblatt vorliegt.

Insgesamt sind im Rahmen des Konzepts bis 2026 Mittel von 2,2 Milliarden Euro für die Ministerien vorgesehen, wovon 1,37 auf das federführende Forschungsministerium entfallen. Dazu kommen rund 800 Millionen Euro in den Budgets der staatlich finanzierten großen Forschungsinstitute. Das Kabinett soll das Konzept Ende April auf den Weg bringen. Quantentechnologie sei „entscheidend für die technologische Souveränität Deutschlands“, sagte Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) dem Handelsblatt.

Quantencomputer gelten als zentrale Zukunftstechnologie, weil sie in Sekunden Rechnungen ausführen können, für die selbst sehr leistungsfähige Computer Jahre brauchen. Informationen werden bei herkömmlichen Computern über Bits weitergetragen, bei Quantencomputern über Qbits. Während Bits Informationen in Nullen und Einsen übersetzen, können Qbits auch alle Werte dazwischen annehmen und sind entsprechend leistungsfähiger.

Drei Milliarden Euro Förderung

Der nun geplante deutsche Quantencomputer soll 2026 eine Leistung von mindestens 100 Qubits haben und „mittelfristig“ auf 500 Qubits ausgebaut werden. Zum Vergleich: Der US-Konzern IBM hat im vergangenen Jahr auf dem Quantum Summit 2022 einen Quantencomputer mit 433Qubits präsentiert – dieser wäre also vier mal so leistungsfähig wie der geplante deutsche Rechner in drei Jahren. 

Mit der Gesamtsumme von rund drei Milliarden Euro baue Deutschland die bisherige Förderung weiter aus und positioniere sich so „im europäischen Vergleich am oberen Rand“, sagt Frank Wilhelm-Mauch. Er ist Koordinator des am Forschungszentrums Jülich angesiedelten europäischen EU-Projekts OpenSuperQPlus, des führenden Projekts in Europa. Entscheidend sei aber, dass damit „weitere große Investitionssummen der Industrie getriggert werden“. 

Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger

Quantentechnologie sei eine Schlüsseltechnologie der Zukunft und entscheidend für die technologische Souveränität Deutschlands, sagte die Bundesforschungsministerin.


(Foto: dpa)

Denn Deutschland und Europa fehle es an großen Playern wie Google oder IBM, die viele Milliarden in den Bau von Quantencomputern investieren können. Auch die öffentliche Förderung in den USA sei nicht durchsichtig, „weil hier viel über das Militär passiert“, aus China gebe es keinerlei verlässliche Zahlen, sagte Wilhelm-Mauch.

Noch sind Quantencomputer nicht praktisch einsatzfähig, doch die Hoffnungen über ihre Einsatzmöglichkeiten sind groß. Diese reichen „von der Simulation neuer Wirkstoffe in der Arzneimittelforschung über abhörsichere Kommunikation bis hin zu neuartigen Sensoren, die Kampfmittelaltlasten aufspüren oder Navigation ohne Satellitenunterstützung ermöglichen“, sagte Stark-Watzinger.

>>Lesen Sie hier: Wie die Superrechner der Zukunft die Cybersicherheit gefährden 

Neben der Förderung von Quantencomputern bündelt die Quantenstrategie diverse Anstrengungen der beteiligten Ministerien, die Technologie künftig zu nutzen. Das Interesse in der Wirtschaft ist schon jetzt sehr groß. Die Unternehmensberatung Boston Consulting Group schätzt den Markt für Quantencomputer-Software auf 850 Milliarden US-Dollar.

Die Chancen der deutschen Wirtschaft liegen vor allem in der Entwicklung von Software, dem Bau von Komponenten und der Nutzung der Quantentechnologie, sagt Wilhelm-Mauch. Dabei geht es teilweise auch nicht nur um Chancen, sondern vielmehr um die Abwendung von großem Schaden: Experten warnen schon lange, dass auch die USA den Export von Bauteilen behindern, um ihre führende Position in der Technologie abzusichern.

>> Lesen Sie hier: Chiphersteller entwickeln Schutz gegen Quantencomputer

Zu den Vorreitern gehört Bosch: Der Autozulieferer hat kürzlich eine Kooperation mit IBM gestartet. Mithilfe von Materialsimulationen, die Quantencomputer ermöglichen, sollen eines Tages seltene Erden in Elektromotoren ersetzt werden. Der schwäbische Laserspezialist Trumpf entwickelt auch Quantencomputer-Chips und hat zudem bereits den ersten industriereifen Quantensensor, der sehr feine Partikel messen kann, auf den Markt gebracht. 

Infineon hat erste Chips entwickelt, die quantensicher verschlüsselt sind. Das ist eine große Herausforderung für die herkömmliche Digitalisierung: Schon bald könnte die extreme Rechenkapazität der Quantencomputer alle herkömmlichen Verschlüsselungssysteme obsolet machen. 

>> Lesen Sie hier: Bosch sichert sich Zugriff auf Quantencomputer von IBM 

Die Quantenstrategie der Ampel hat sich neben dem Bau des Computers selbst zahlreiche weitere konkrete Ziele für die Förderung der Technologie insgesamt gesetzt: Bis 2026 sollen „mindestens 60 Endanwender des Quanten-Computings in Deutschland aktiv sein“. Hier soll Deutschland „innerhalb der EU zu den Top drei gehören und mindestens das Niveau der USA oder Japan erreichen“. 

Mindestens fünf neue genaue Messgeräte bis 2026

In der Quantensensorik, also der sehr genauen Messung mithilfe von Quantentechnologie wie etwa bei Infineon, sollen 2026 „fünf neue Produkte am Markt“ sein. Zudem solle es optische Uhren geben, „die die Anforderungen der nächsten Generation der Galileo-Uhren erfüllen“.

Dabei geht es um hypergenaue Uhren, die am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR entwickelt werden. Diese seien zentral für die Satellitennavigation, von der wiederum der Verkehr, aber auch Finanztransaktionen, die Energieversorgung oder die Landwirtschaft abhängen. 

Forschungszentrum Jülich

Beim Projekt in Jülich wollen 28 Partner aus 10 Ländern bis Ende 2026 ein benutzerorientiertes 100-Qubit-System für erste Quantenanwendungen realisieren.

(Foto: Forschungszentrum Juelich)

Schon jetzt gibt es dafür Atomuhren, die auf die Nanosekunde genau sind – eine Milliarde Nanosekunden dauern eine Sekunde lang. Und die nächste Generation werde noch „um ein Vielfaches genauer sein“, heißt es beim DLR. Und je besser die Zeit bestimmt wird, umso sicherer läuft zum Beispiel die Navigation auf der Erde.

Große Ziele setzt sich die Ampel auch für die Kommunikation sowie die Verschlüsselung: In drei Jahren soll es „erste abhörsichere, also quantenverschlüsselte Kommunikationsteststrecken zwischen ausgewählten Behördenstandorten“ geben. Daneben sollen erste Testsatelliten zur Quantenschlüsselverteilung gestartet und eine Kryptografie auch für den Hochsicherheitsbereich entwickelt werden. ​​​​​​

Mehr: Quanten-Computing aus der Cloud – Bund finanziert neues Angebot für die Industrie



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