Apr 14, 2023
62 Views
Comments Off on Außenpolitik: SPD-Flügel kritisiert Baerbock und Habeck – und warnt vor „Generalverdacht“ gegen China
0 0

Außenpolitik: SPD-Flügel kritisiert Baerbock und Habeck – und warnt vor „Generalverdacht“ gegen China

Written by Dietmar Neuerer

Berlin Der konservative Flügel der SPD übt deutliche Kritik an der Strategie der Grünen im Umgang mit China. „Aktuell hangeln sich die Spitzen des Auswärtigen Amtes und des Bundeswirtschaftsministeriums von Einzelfall zu Einzelfall. Im Zentrum steht dort mehr die innenpolitische Symbolkraft getroffener Maßnahmen als eine weitsichtige Politik“, heißt in einem Thesenpapier des Seeheimer Kreises mit Blick auf die Ressortchefs Annalena Baerbock und Robert Habeck (beide Grüne).

Der SPD-Flügel zählt nach eigenen Angaben 93 Bundestagsabgeordnete und damit fast die Hälfte der Bundestagsfraktion. Die Mitglieder fordern „eine abgestimmte, einheitliche und langfristige Strategie innerhalb der Bundesregierung im Umgang mit China“.

Dabei sei auch ein „offener und ehrlicher Austausch mit China“ wichtig. „Ein abruptes Ende der Handelsbeziehungen mit China wäre ein ökonomisches Desaster“, warnen die Abgeordneten. „Insofern darf eine kohärente China-Strategie folgerichtig keine Anti-China-Strategie sein, die die Entkopplung Deutschlands von China als Ziel verfolgt.“

In diesem Sinne sollten aus Sicht der SPD-Politiker ausländische Investitionen auch aus China „willkommen sein und nicht unter Generalverdacht gestellt werden“. Deshalb müssten in Deutschland für Unternehmen mit chinesischen Investitionsstrukturen die gleichen Grundsätze gelten wie für Unternehmen ohne chinesische Investitionsstrukturen. Andererseits müsse „sichergestellt werden, dass weder Know-how noch Daten abfließen und durch die Volksrepublik genutzt werden können“. Dafür gebe es Sicherheitskonzepte des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).

Der Vorstoß des SPD-Flügels kommt, während Baerbock ihren Antrittsbesuch in China absolviert. Die Reise der Außenministerin galt ohnehin schon als heikel. Seit der Aufregung über die Peking-Visite von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kommt der Stippvisite der Grünen-Politikerin aber eine besondere Bedeutung zu. Der französische Präsident hatte sich nach einem Besuch in Peking für eine eigenständige Position der EU im Konflikt zwischen China und den USA zu Taiwan ausgesprochen und damit viel Kritik auf sich gezogen.

Emmanuel Macron

Der französische Präsident hatte mit Aussagen während seines China-Besuches für Kritik gesorgt.


(Foto: Reuters)

Europa drohe Vasall zwischen den USA und China zu sein, obwohl man ein dritter Pol sein könne, hatte Macron gewarnt. Hinzu kommt, dass die Ampelkoalition derzeit beim Umgang mit China um eine Linie ringt, die schließlich in eine neue China-Strategie der Regierung münden soll.

Baerbock kritisierte in Peking, dass Freiräume für zivilgesellschaftliches Engagement in China immer weiter schrumpften und Menschenrechte beschnitten würden. Zudem warnte sie die Staatsführung vor einem militärischen Konflikt mit Taiwan, den sie als „Horrorszenario“ bezeichnete.

Grüne kritisieren China-Papier aus der SPD

Die SPD-Abgeordneten werben in ihrem Papier mit Blick auf Menschenrechtsverletzungen für einen „ehrlichen, direkten und pragmatischen Dialog“ mit China. Zudem plädieren sie dafür, dass die EU im Fall von eskalierenden Konflikten mit einer Stimme spreche und sich mit den transatlantischen Partnern abstimme. „Wir müssen den potenziellen Konflikt in all seinen Ausprägungen zwischen China, Taiwan und der Indopazifik-Region im Blick behalten und klar Position beziehen“, heißt es in dem Papier.

Die SPD-Politiker bezeichnen China auch aufgrund seiner wirtschaftlichen und politischen Macht als wichtigen Akteur und Partner, um globalen Herausforderungen wie dem Klimawandel, dem drohenden nuklearen Wettrüsten und den zahlreichen Konfliktherden weltweit zu begegnen. Zugleich habe sich China zunehmend zu einem Wettbewerber und systemischen Rivalen entwickelt.

Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine heißt es, Lieferketten müssten diversifiziert und neue Partnerschaften geschlossen werden. „Es darf keine eindimensionale deutsche Außen- und Wirtschaftspolitik gegenüber China geben“, mahnen die Abgeordneten. Der Ukrainekrieg habe deutlich gemacht, dass Deutschland und die EU eine „mehrdimensionale Handelspolitik“ betreiben müssten.

>> Lesen Sie auch: Baerbock beschwört in China die Einheit Europas gegenüber Peking

In ihrem Strategiepapier fordern die SPD-Politiker daher eine neue europäische Investitionsagenda und Industrieoffensive. Dazu seien etwa stärkere Anreize zur Ansiedlung von Solar-, Windrad- und Wasserstoffproduzenten sowie bei wichtigen Schlüsseltechnologien wie Halbleitern, Chips oder Batterien notwendig.

Habeck hatte bereits deutlich gemacht, dass einseitige Abhängigkeiten zum Beispiel bei wichtigen Rohstoffen vermieden, Lieferwege breiter aufgestellt und neue Märkte abseits von China erschlossen werden sollten.

Kritik an dem SPD-Papier kommt aus der Grünen-Fraktion. „Wertegeleitete Außen- und Wirtschaftspolitik sind in Deutschland genauso wenig selbstverständlich, wie der Grundsatz, sich nicht von Diktaturen abhängig zu machen oder mit ihnen zu kuscheln“, erklärte Fraktionsvize Konstantin von Notz auf Twitter. „Wir sollten aus dem Nord-Stream-Desaster lernen, nicht die gleiche Chose mit China wiederholen.“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder warf Baerbock hingegen vor, eine „sehr moralbasierte Außenpolitik“ zu betreiben. „Wir können nicht die ganze Welt erziehen. Es ist gut, sich für Menschenrechte, für Demokratie, für Frauenrechte einzusetzen, aber am Ende muss man auch die deutschen Interessen ein bisschen sehen“, sagte der CSU-Chef RTL/ntv.

Die Union hat selbst ein China-Papier erarbeitet, das die Fraktion in der kommenden Woche beschließen will. CDU und CSU wollen demnach eine „chinapolitische Zeitenwende“ einläuten und bieten der Bundesregierung dazu einen „nationalen Konsens“ an.

Mehr: Sieben Aktien aus Dax und MDax, die vom China-Boom profitieren



<< Den vollständigen Artikel: Außenpolitik: SPD-Flügel kritisiert Baerbock und Habeck – und warnt vor „Generalverdacht“ gegen China >> hier vollständig lesen auf www.handelsblatt.com.

Article Categories:
Politik

Comments are closed.