Berlin Das Bundesinnenministerium von Ressortchefin Nancy Faeser (SPD) hat sich für umfassende Regeln für den Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) ausgesprochen. Man sehe „grundsätzlich großes Potenzial für die digitale Gesellschaft bei der Verwendung von KI-Anwendungen“, sagte eine Ministeriumssprecherin dem Handelsblatt. „Wesentlich kommt es dabei auf eine Balance an zwischen Innovationsoffenheit und einem klaren Rechtsrahmen, der Standards für vertrauenswürdige KI definiert.“
Dies betreffe grundrechtliche Fragestellungen und datenschutzrechtliche Aspekte, aber auch die Frage, wie Fehler und Diskriminierung vermieden werden könnten. Eine Rolle spiele laut der Sprecherin auch die Erklärbarkeit und Nachvollziehbarkeit von KI-Ergebnissen. Hierbei geht es darum, dass eine Künstliche Intelligenz ein Ergebnis nicht nur liefert, sondern auch nachvollziehbar begründet. Faesers Kabinettskollege, Digitalminister Volker Wissing (FDP), sieht ebenfalls Regulierungsbedarf und mahnte eine schnelle Regelung auf EU-Ebene an.
Anlass der Debatte ist der Sprachroboter ChatGPT. Die Anwendung des US-Herstellers OpenAI steht derzeit im Fokus der Öffentlichkeit. Der Chat-Bot hat in den vergangenen Monaten damit beeindruckt, wie gut die Software menschliche Sprache imitieren kann. Zugleich gibt es Sorgen, dass solche Technik auf KI-Basis zum Beispiel für die Verbreitung falscher Informationen missbraucht werden könnte. In Italien wurde der Text-Automat wegen einer Datenpanne vorläufig gesperrt.
Das Ministerium wies zugleich darauf hin, dass die Entwicklung und die Nutzung von KI wie ChatGPT bereits heute im Einklang etwa der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erfolgen müssten. Dabei evaluiere die Bundesregierung fortlaufend den bestehenden Rechtsrahmen. „Inwiefern eine Zertifizierung von KI dabei eine Rolle spielen kann, wird sich im weiteren Verlauf zeigen“, sagte die Sprecherin.
Wissing sagte der „Bild am Sonntag“ mit Blick auf die EU. „Wir müssen jetzt klug reagieren und künstliche Intelligenz vernünftig regulieren, bevor es dafür zu spät ist. Das darf nicht wieder Jahre dauern.“ Nach Wissings Vorstellung sollte es in Europa einen gesetzlichen Rahmen für den Einsatz von künstlicher Intelligenz geben, der sicherstelle, dass diese neue Technologie nur dann eingesetzt werden dürfe, wenn sie sich an europäische Werte wie Demokratie, Transparenz und Neutralität halte. „KI-Systeme dürfen uns nicht manipulieren, sie müssen uns unterstützen.“
Mögliche EU-Verordnung sieht bei Regelverstößen hohe Strafen vor
Anfang Dezember hatten die EU-Staaten erstmals umfassende Regeln für den Einsatz Künstlicher Intelligenz festgelegt. Der Beschluss solle sicherstellen, dass KI-Systeme sicher seien und Grundrechte einhielten, teilte der Rat der EU-Staaten damals mit. Bevor der „Artificial Intelligence Act“ (AI-Act) tatsächlich gilt, müssen sich die EU-Staaten noch mit dem Europaparlament auf eine Linie verständigen.
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Die Verordnung setzt auf globale Standards. Je höher die potenziellen Gefahren einer Anwendung sind, desto höher sollen die Anforderungen sein. Für Regelverstöße sind hohe Strafen vorgesehen.
Digitalminister Wissing warnt vor einer Überregulierung und kritisierte zugleich Italien für die dortige Sperre von ChatGPT. „Wenn alle Staaten in Europa diesem Vorbild folgen, werden bei uns keine KI-Anwendungen entwickelt“, sagte der FDP-Politiker. „Dann werden wir uns in Zukunft nur noch mit chinesischen und amerikanischen Systemen auseinandersetzen müssen.“ Wissing gab überdies zu bedenken, dass Deutschland in der Entwicklung von künstlicher Intelligenz ganz vorne mit dabei sei. „Deshalb darf die Regulierung auch nicht über das Ziel hinausschießen.
Für das Innenministerium ist Transparenz beim Einsatz von KI „ein wichtiges Thema“, sagte die Ministeriumssprecherin. Die Bundesregierung habe sich deshalb im Rahmen der derzeit diskutierten EU-Verordnung zur KI-Regulierung dafür eingesetzt, die Nutzung bestimmter Hochrisiko-KI-Systeme durch die öffentliche Verwaltung in einer öffentlich zugänglichen Datenbank sichtbar zu machen.
Gemeint sind damit Systeme, die zum Beispiel in den Bereichen Grenzkontrolle oder Strafverfolgung verwendet werden könnten. Das könnte etwa ein KI-System sein, das vorhersagt, wo und wann ein Verbrechen wahrscheinlich geschehen wird.
Wissing hält es denn auch für „atemberaubend, was künstliche Intelligenz inzwischen kann“. Das Programm ChatGPT etwa könne in Minuten Texte schreiben, für die Menschen Stunden oder Tage brauchen. „Die künstliche Intelligenz ist im Alltag angekommen und sie wird unser Leben grundlegend verändern“, ist der Minister überzeugt.
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