Apr 16, 2023
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G7 und Klimaschutz: Industrieländer schwören Kohle und Erdgas nicht völlig ab

Written by Dana Heide

Sapporo Die Umwelt- und Energieminister der G7-Staaten wollen den Klima- und Umweltschutz schneller vorantreiben. Bei ihrem Treffen in der japanischen Metropole Sapporo beschlossen die Vertreter der sieben führenden Industrienationen am Sonntag, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2035 um 60 Prozent zu senken.

Ein Mittel dazu ist der verstärkte Ausbau erneuerbarer Energien. Bis 2030 will das Bündnis zusätzliche Windkraftanlagen mit einer Leistung von mehr als 150 Gigawatt und Solaranlagen mit mehr als ein Terawatt errichten. Die geplanten neuen Windkraftanlagen kommen ungefähr auf eine Leistung von 150 Atomkraftwerken. Außerdem wollen die G7 die Umweltverschmutzung durch Plastik schon bis 2040 stoppen. Bislang sollte dieses Ziel erst 2050 erreicht werden.

Bei dem Treffen der Umweltminister gab es jedoch auch Enttäuschungen. So ist eine vollständige Abkehr von fossilen Brennstoffen nicht in Sicht, wenn es darum geht, bis 2050 eine klimaneutrale Wirtschaft zu schaffen. Japans Wirtschaftsminister Yasutoshi Nishimura machte deutlich, dass sich die Staaten auf „unterschiedliche Wege“ zum gemeinsamen Ziel geeinigt hätten.

Japan setzt seine Prioritäten durch

Insgesamt 36 Seiten umfasst das gemeinsame Kommuniqué, das seit Samstag unter japanischer Präsidentschaft erarbeitet wurde. Bundesumweltministerin Steffi Lemke nannte das Ergebnis „ambitioniert und ganzheitlich“. Die Beschlüsse seien „ein wichtiges Signal“ in Krisenzeiten dafür, dass die G7 geschlossen voranschritten.

Auch Patrick Graichen, der als Staatssekretär das deutsche Wirtschaftsministerium vertrat, wertete es als „großen Erfolg“, dass sich die G7 in einigen Punkten erstmals auf quantitative Ziele einigen konnten. Er hob hervor, dass bei den geplanten neuen Solaranlagen erstmals die Marke von einem Terawatt überschritten worden sei. 

Bei der Nutzung von Atomkraft und fossilen Energieträgern gehen die Strategien jedoch weiter auseinander. Während Deutschland am Wochenende seinen letzten Atommeiler abgeschaltet hat, setzen die meisten anderen G7-Mitglieder weiter auf Atomstrom. Gastgeber Japan fördert zudem die Nutzung von Gas und Kohle, deren Abgasen Kohlendioxid entzogen wird.

>> Lesen Sie hier: Warum Japan beim Thema Rohstoffsicherheit für Scholz Vorbild ist

Das Kommuniqué trug dem Rechnung: Die G7 versprachen, die Nutzung unbehandelter fossiler Brennstoffe bis 2050 zu beschleunigen, „um bis spätestens 2050 eine Netto-Null-Energieversorgung zu erreichen“. Die G7 forderten andere Länder auf, „sich uns anzuschließen und die gleichen Maßnahmen zu ergreifen“.

Damit wurde auch ein Punkt aufgegriffen, der Japan wichtig ist: Die Regierung der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt setzt sich für Wasserstoff und vor allem für sein Derivat, das giftige Ammoniak, als Brennstoff in Kraftwerken ein. Dem stimmten die G7 nun zu, „wenn dies mit dem Pfad zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad und unserem gemeinsamen Ziel einer vollständigen oder weitgehenden Dekarbonisierung des Energiesektors bis 2035 vereinbar ist“.

Verstärken wollen die G7 auch die Zusammenarbeit mit dem „globalen Süden“, also den Entwicklungs- und Schwellenländern. Japan wolle dabei in Asien die Führung übernehmen, erklärte Wirtschaftsminister Nishimura, vor allem im Gassektor. Es gehe darum, die Investitionen in die Gasförderung zu erhöhen, um globale Gasengpässe zu vermeiden.

Gas wird in Asien eine wichtige Energiequelle bleiben

Zusätzliche Gasförderung ist nicht nur in Europa wichtig, um sich von Kohle und den bisherigen russischen Gasquellen unabhängig zu machen. Vor allem in der Boomregion Asien wird Erdgas Kohle ersetzen müssen, um erfolgreich die Treibhausgasemissionen zu reduzieren.

Der Gasbedarf der Länder der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean wird bis 2050 um 120 Prozent auf 350 Milliarden Kubikmeter steigen, schätzt der Verband der Gasförderländer. Japan hat deshalb die Asia Zero Emission Community (Azec) gegründet, um den Ländern bei der Finanzierung neuer Kraftwerke und Anlagen zur Kohlendioxidabscheidung zu helfen. Japan wolle dabei eine Führungsrolle übernehmen, sagte Wirtschaftsminister Nishimura Anfang März bei einem Azec-Treffen.

Nishimura schlug damals vor, dass die Mitglieder, zu denen auch Australien gehört, als nächsten Schritt die Erstellung eines Masterplans für Wasserstoff und Ammoniak in Asien in Betracht ziehen könnten.

Zur gleichen Zeit wie das Treffen der Umweltminister endete, startete im japanischen Karuizawa das G7-Außenministertreffen. Gemeinsam fuhren die Außenminister im japanischen Schnellzug Shinkansen von Tokio am Nachmittag in den Ferienort, wo das Treffen mit dem traditionellen „Familienfoto“ begann. Am Sonntagabend ist zunächst ein gemeinsames Abendessen geplant.

Die meisten Gespräche finden am Montag statt. Dabei wird es vor allem um den Ukrainekrieg, aber sehr viel auch um China gehen. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock war bis Samstag zu Gesprächen in der Volksrepublik. Thema dürfte unter anderem der Konflikt im südchinesischen Meer – also auch Taiwan – sein. Japan, das die diesjährige Präsidentschaft über die G7-Treffen hat, ist tief besorgt über Chinas zunehmende militärische Übungen im südchinesischen Meer.

Mehr: Baerbocks klare Worte sind richtig – Deutschland muss mit China auf Augenhöhe kommen



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