Als Ursula von der Leyen 2019 zur Kommissionspräsidentin ernannt wurde, fragte nicht nur das Magazin „Economist“: „Hat sie die richtigen Fähigkeiten?“ Auch im Europaparlament war der Unmut groß: Die Neue galt als Erfüllungsgehilfin der Regierungschefs, die sie ins Amt gehievt hatten.
Vier Jahre später hat die CDU-Politikerin die Zweifel weitgehend ausgeräumt. Die internationalen Medien überschlagen sich mit anerkennenden Porträts. Von der Leyen ist die Behördenchefin der großen Gesten – und sie scheint damit den Zeitgeist zu treffen.
Im Ukrainekrieg gibt sie die unnachgiebige Gegenspielerin zu Russlands Präsident Wladimir Putin, die die Europäer an der Energie- und der Sanktionsfront zusammenhält. Auch im Umgang mit China zählt sie zu den Hardlinern – was dazu beiträgt, dass sie zur ersten Ansprechpartnerin der US-Regierung in Europa geworden ist. In der Coronakrise verkündete sie den 800-Milliarden-Euro-Wiederaufbaufonds, die ultimative Antwort auf alle Wirtschaftsprobleme.
Von der Leyen muss nur wollen
Eine zweite Amtszeit ist von der Leyen nicht mehr zu nehmen, so der Konsens in Brüssel. Nach der Europawahl im Juni 2024 wird die neue Kommission bestellt, und die Niedersächsin könnte auf ihrem Sessel wohl einfach sitzen bleiben – wenn sie denn noch einmal fünf Jahre will. Selbst die Grünen zollen ihr Respekt, weil sie die europäischen Klimagesetze trotz aller Kritik aus den eigenen Reihen durchsetzt.
Ihr alter Widersacher Manfred Weber, der Chef der Christdemokraten im Europaparlament, der 2019 selbst gern Kommissionschef geworden wäre, hat zwar kurz eine Revolte versucht. Er wurde aber sogleich von CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder in die Schranken gewiesen.
EU-Kommission hat ihren Einfluss ausgebaut
Natürlich gibt es noch Kritiker. Ihre Beamten stöhnen über den Aktionismus aus dem Berlaymont-Gebäude, wo die Kommissare sitzen. Von der Leyen wird vorgeworfen, mit einem kleinen Küchenkabinett Entscheidungen zu treffen und die Fachleute erst hinterher einzubeziehen. Das Resultat seien handwerkliche Fehler.
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Doch ist unbestreitbar, dass die Kommission ihren Einfluss massiv ausweiten konnte, etwa durch den Coronafonds. Auch an Außenwirkung hat sie gewonnen – nicht zuletzt dank von der Leyens Gespür für die richtige Schlagzeile im richtigen Augenblick.
Der Respekt, der der Deutschen nun entgegenschlägt, steht in starkem Kontrast zum Image des EU-Ratspräsidenten Charles Michel. Der Belgier hat derzeit mit einem Spesenskandal zu kämpfen, weil er gern mit dem Privatjet zu Terminen fliegt – selbst ins benachbarte Paris. Auch da hat von der Leyen nichts zu befürchten: Sie gilt als Vorbild der Sparsamkeit.
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