Apr 19, 2023
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Flüchtlingskrise : Bundesregierung gibt dieses Jahr 27 Milliarden Euro für Flüchtlingskrise aus

Written by Martin Greive


Berlin Am 10. Mai geht es um Milliarden. Angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen treffen sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidenten. Länder und Kommunen fordern mehr Geld vom Bund, Finanzminister Christian Lindner (FDP) lehnt das strikt ab.

Im Vorfeld des Gipfels sammeln nun beide Seiten Zahlen für ihre Argumentation. So verweist die Bundesregierung auf die vielen Milliarden, die sie schon jetzt bereitstellt.

Der Bund wendet in diesem Jahr fast 27 Milliarden Euro auf, um die Flüchtlingskrise zu bewältigen. Dies geht aus einer internen Vorlage des Bundesfinanzministeriums hervor, die dem Handelsblatt vorliegt.

Insgesamt elf Milliarden Euro setzt die Bundesregierung zur Bekämpfung von Fluchtursachen ein. 9,5 Milliarden Euro gibt der Bund für Sozialtransferleistungen nach Asylverfahren aus, 2,82 Milliarden Euro gehen als Entlastung an Länder und Kommunen. Im vergangenen Jahr lagen die Ausgaben des Bundes in diesem Bereich bei 30 Milliarden Euro.

Die Daten fließen in einen Bericht zu den Flüchtlings- und Integrationskosten ein, der voraussichtlich Anfang Mai und damit kurz vor dem Sondergipfel ins Bundeskabinett geht.

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Die Zahlen zeigten, dass der Bund die „Länder und Kommunen bei der Bewältigung dieser außergewöhnlichen Lage nicht allein lässt“, heißt es aus dem Bundesfinanzministerium. Und dies, obwohl es gemäß Verfassung in der Zuständigkeit der Länder läge, Geflüchtete aufzunehmen, unterzubringen und zu versorgen – „auch in finanzieller Hinsicht“, wie im Finanzministerium betont wird.

Der Bund fühlt sich von den Ländern ausgenommen

Schon vor dem Gipfel am 10. Mai verschärft sich damit der Ton zwischen Bund und Ländern um die Finanzierung der Flüchtlingskosten.

So teilt das Bundesfinanzministerium etwa im neuen Monatsbericht mit Blick auf die gesamten Zahlungen des Bundes kräftig gegen die Länder aus. „Die Schieflage in der Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern schränkt die Handlungsmöglichkeiten des Bundes zunehmend ein“, heißt es in dem Bericht. Länder und die Kommunen müssten wieder ihre Eigenverantwortung stärken und ihre „originären Aufgaben“ selbst finanzieren. „Der Bund wird weitere finanzielle Entlastungen für die Länder und Kommunen nicht unverändert aufbringen können.“

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Der Bundestag will weiteren Hilfen an die Länder jetzt einen Riegel vorschieben. Ende März verabschiedete der Haushaltsausschuss einen Beschluss, in dem die Haushaltspolitiker sämtlichen Forderungen der Länder nach mehr Geld eine Absage erteilen.

Die Haushälter verweisen darauf, dass der Bund bereits viele Mittel an die Länder überweise. So summierten sich die Gesamtentlastungen für Länder und Kommunen aus Bundesmitteln im Jahr 2023 auf inzwischen rund 70 Milliarden Euro.

Deshalb müsse es einen „Kurswechsel“ geben und die staatlichen Ebenen zu einer „Steuerverteilung zurückzukehren, die die Belange des Bundes berücksichtigt“, fordern die Haushaltspolitiker. Die Länder sollten sich „künftig wieder verstärkt eigenständig“ finanzieren.

Landesfinanzminister fordern Unterstützung bei der Integration

Das wiederum verärgerte die Landesfinanzminister. In einem gemeinsamen Handelsblatt-Gastbeitrag schrieben fünf zuständige Minister von SPD und Grünen Anfang dieser Woche, „wir als Nord-Finanzminister und Senatoren können von diesem Kurs nur abraten“.

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So sei die Integration geflüchteter Menschen eine „große Herausforderung“. Nur die dauerhafte Ausfinanzierung von Leistungen verschaffe allen Beteiligten dringend benötigte Planungssicherheit – ob beim Gute-Kita-Gesetz, beim öffentlichen Nahverkehr oder eben bei der Flüchtlingsfinanzierung, so die Finanzminister.

Auch die Kommunen verweisen auf Zahlen, die untermauern sollen, dass der Bund keineswegs so großzügig sei, wie er immer tue, und am Ende doch Länder sowie Städte und Gemeinden auf den Kosten sitzen bleiben.

So hätten im Vorjahr die Kosten für Asylbewerber und Ukraineflüchtlinge rund 4,5 Milliarden Euro betragen, heißt es vom Deutschen Landkreistag. In diesem Jahr hat sich die Lage deutlich zugespitzt. Die Asylanträge hätten in den ersten beiden Monaten um knapp 85 Prozent zugenommen.

Kommunen erwarten hohe Belastung wegen der Flüchtlinge

Vor diesem Hintergrund rechnet der Landkreistag für das Jahr 2023 allein für Asylbewerber mit Kosten von ungefähr 6,4 Milliarden Euro. Bleiben die Ausgaben für die Ukraineflüchtlinge konstant, kommt etwa eine Milliarde Euro hinzu. Unterm Strich ergeben sich Gesamtkosten von rund 7,6 bis acht Milliarden Euro.

Und es könnten noch mehr werden. So fielen unter diese Kosten etwa auch nicht näher bezifferte Ausgaben für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Grundsicherungsleistungen sowie Integration in der Kita und Schule.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, erklärte, die Erstattungen des Bundes für Länder und Kommunen bei den Flüchtlingskosten seien „bei Weitem nicht ausreichend“.

Gerd Landsberg

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes weist in der Debatte um die Finanzierung der Flüchtlinge auf steigende Wohnkosten hin.


(Foto: dpa)

Es werde zu wenig berücksichtigt, dass die Kommunen nicht nur für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen verantwortlich seien, sondern auch „in großem Umfang“ zusätzliche Kitaplätze und Kapazitäten in den Schulen schaffen müssten. „Gleichzeitig steigen die Preise für Wohnungen oder die notwendigen Umbaumaßnahmen für Immobilien ungebremst“, sagte Landsberg.

Völlig offen sei zudem, welche Mittel die Kommunen im Jahre 2024 erhalten werden. „Das ist aber unverzichtbar für die notwendigen Planungen“, sagte Landsberg. Wenn eine Kommune heute in einem Gewerbegebiet eine Immobilie umbauen will, müsse sie wissen, welche Kosten im nächsten Jahr erstattet werden.

>> Lesen Sie hier: Kommunen fordern Kurswechsel in der Migrationspolitik

„Deshalb ist es richtig, dass die Länder eine deutliche Erhöhung der Bundesbeteiligung erwarten“, betonte Landsberg. Es handle sich schließlich um „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“. Und es brauche eine langfristige Strategie.

Notwendig seien daher „dauerhaft“ mehr Erstaufnahmeeinrichtungen von Bund und Ländern, die kurzfristig genutzt werden können. „Das hätte auch den Vorteil, dass bei Naturkatastrophen wie zum Beispiel im Ahrtal auch für die Betroffenen kurzfristiger Wohnraum zur Verfügung gestellt werden kann“, erläuterte Landsberg.

Mehr: Mehr Flüchtlinge in Italien: Rechte Regierung beschließt Ausnahmezustand



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