Istanbul, Tel Aviv Nach der Vermittlung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran will China seinen diplomatischen Einfluss weiter ausdehnen. Außenminister Qin Gang brachte sein Land in dieser Woche in Telefonaten mit dem israelischen Außenminister Eli Cohen sowie dem palästinensischen Außenminister Rijad al-Maliki als Vermittler für Friedensgespräche ins Spiel.
Saudi-Arabien und der Iran hätten ein gutes Vorbild für die Beilegung von Differenzen durch Dialog geliefert, argumentierte er. Doch in Israel stößt die Initiative auf kein großes Interesse. China wittert derzeit eine Chance, seinen Einfluss im Nahen Osten auszudehnen und ins Vakuum vorzustoßen, das die USA in der Region hinterlassen haben. „Es ist nie zu spät, das Richtige zu tun“, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums.
Peking hat unter anderem ein Interesse an einer stabilen Energieversorgung aus der Region. Russland ist zudem derzeit mit der Ukraine so beschäftigt, dass China in der Region freie diplomatische Bahn hat. Dem chinesischen Außenministerium zufolge erklärte Israels Außenminister, dass sein Land gewillt sei, Spannungen zu reduzieren.
Doch in einer Pressemitteilung des israelischen Außenministeriums wird die Offerte aus Peking, sich für israelisch-palästinensische Friedensgespräche einzusetzen, noch nicht einmal erwähnt. Es sei darum gegangen, die Ruhe am Tempelberg zu erhalten.
Zudem habe Minister Cohen Qin „die Gefahr, die (Israel) im iranischen Atomprogramm sieht, mitgeteilt“. Viele Länder in der Region würden das ähnlich sehen, „einschließlich der Länder, die diplomatische Beziehungen zum Iran unterhalten“.
Die von Qin erwähnte Zweistaatenlösung ist für Jerusalem kein Thema. Israels Regierung wird von Hardlinern dominiert, die nichts von einem Staat Palästina wissen wollen. Die Gewalt hat im April mit Raketenangriffen wieder zugenommen.
China als neutraler Vermittler
Ganz anders die Reaktion in Ramallah, wo Qins Initiative ausdrücklich begrüßt wurde. Der palästinensische Außenminister Riyad al-Maliki bedankte sich zudem für die Unterstützung Chinas in den internationalen Organisationen und regte eine Reihe von gemeinsamen Projekten an, um die „strategische Partnerschaft“ zu stärken.
Gleichzeitig bekräftigte al-Maliki das Recht Chinas auf territoriale Integrität. Ramallah unterstützte in der Taiwan-Frage das „Ein-China-Prinzip“, so der palästinensische Außenminister. Für Israel wäre es jedoch auch heikel, die politischen Ambitionen Chinas im Nahen Osten zu ignorieren.
Der Handel mit der Volksrepublik ist seit 2001 von einer Milliarde Dollar auf zwölf Milliarden Dollar gestiegen. Ein großer Teil der israelischen Technologieexporte geht nach China.
China habe zunehmend ein Interesse daran, in globalen Konflikten als neutraler Vermittler aufzutreten, meint ein westlicher Diplomat in Jerusalem, der namentlich nicht genannt werden wollte. „Im Gegensatz zu den USA oder zu Europa kann China im Orient ohne historischen Ballast auftreten.“ Peking sei an Stabilität im Mittleren Osten interessiert, um seine Energieversorgung nicht zu gefährden.
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Dass der französische Präsident Emmanuel Macron Präsident Xi Jinping bei seinem jüngsten Chinabesuch aufgefordert hatte, „alle wieder an den Verhandlungstisch zu bringen“, unterstreiche die wachsende Wahrnehmung, dass Pekings Beteiligung an der Vermittlung von Konflikten notwendig sei, um „sinnvolle Lösungen“ zu finden, wertet ein französischer Geschäftsmann in Tel Aviv.
Pekings Vermittlungsversuche sind zwar in der Vergangenheit oft gescheitert – etwa zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung oder auch in Südasien zwischen Bangladesch und Myanmar.
Doch geht es Peking auch um ein positives globales Image durch die Vermittlungsbemühungen. Die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Mao Ning, sagte bereits nach den Vermittlungen zwischen Riad und Teheran, die Volksrepublik wolle mit der Vermittlung zu Sicherheit und Stabilität der Golfregion beitragen. Peking sei „eine Kraft für Versöhnung, Frieden und Harmonie im Nahen Osten“.
China hat zwei Erzfeinde versöhnt
Im März hatten Saudi-Arabien und der Iran in China eine Einigung erzielt, die 2016 eingestellten diplomatischen Verbindungen wiederherzustellen. Für die Volksrepublik war es eine willkommene Gelegenheit, sich als diplomatischer Akteur im Nahen Osten zu zeigen.
Peking hatte hinter den Kulissen seit Monaten einen Neubeginn vermittelt. Erstmals seit mehr als sieben Jahren soll es wieder Direktflüge zwischen beiden Ländern geben, auch die Botschaften sollen wiedereröffnet werden.
Zudem wollen beide Staaten die Vergabe von Einreise-Visa für die Bürger des jeweils anderen Landes erleichtern, auch für Pilgerreisen von Iranern nach Mekka. Beide Länder bekräftigten zudem ihre schon erklärte Bereitschaft, Handelsbeziehungen wieder aufzunehmen.
Die Annäherung von Saudi-Arabien und dem Iran könnte auch Auswirkungen auf den Syrienkonflikt haben. Die beiden Regionalmächte hatten sich hier hinter verschiedene Gruppen gestellt und den Konflikt so eher noch angeheizt. Syriens Machthaber Baschar al-Assad wird derzeit von mehr und mehr Staatschefs in der Region empfangen.
In den vergangenen Jahren hat die Assad-Regierung ihre Kontrolle über einen Großteil Syriens festigen können. Nachbarländer leiteten erste Annäherungsschritte ein. Die Entwicklung hat sich nach dem verheerenden Erdbeben Anfang Februar in der Türkei und Syrien noch beschleunigt.
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